Kleiner Stahlschlüssel
Inhaltsverzeichnis
Hier möchte ich einen Überblick über verschiedene Stahlsorten bieten, die insbesondere Laien und Schmiede-Anfängern als Hilfestellung dienen soll. Profis mögen mir daher verzeihen, dass einige Angaben hier etwas diffus und evtl. unpräzise sein könnten.
Wer genauere Angaben braucht, sollte sich den "Stahlschlüssel" (ISBN-10: 3922599346; ISBN-13: 978-3922599340) besorgen. Darin sind die einzelnen Stahlsorten ("Werkstoffe") präzise aufgeschlüsselt. Dieses Werk setzt jedoch ein fundiertes Wissen über die verschiedenen Stahlbestandteile und daraus erwachsenden Themen voraus und ist nur schwer zu lesen. Eine kleine Einführung in das Werk findet ihr im Messerforum: Einführung in den Stahlschlüssel.
Für Hobbyschmiede ist davon jedoch nur wenig wirklich relevant und insbesondere Schmiedeanfänger brauchen diese Unmenge an Info eigentlich nicht. (Meinung von RickS.)
siehe auch:
Stahl - was ist das?
Stahl ist eine Legierung aus Eisen (lat. Ferrum, chem. Symbol "Fe") und Kohlenstoff (lat. Carbon, chem. Symbol "C"). Der Kohlenstoffgehalt kann zwischen 0 und 6,67 Gewichts-% betragen.
"Gemäß DIN ist Stahl jede Fe-Legierung, die ohne Nachbehandlung schmiedbar ist. Demnach ist z.B. Temperguß trotz seiner bedingten Schmiedbarkeit kein Stahl. Die Grenze der Schmiedbarkeit liegt etwa bei 2% C. Daher kann man auch folgendermaßen einteilen:
I. Stahl: C-Gehalt kleiner als 2%. Warm- und kaltumformbar.
II. Roh- bzw. Gußeisen: C-Gehalt größer als 2% C. Weder warm- noch kaltumformbar."
(Quelle: Wilhelm Domke, "Werkstoffkunde und Materialprüfung", 10. verb. Auflage, 1987, Girardet-Verlag)
Weitere Information:
Was bewirkt der Kohlenstoff im Eisen?
- C erniedrigt die Schmelztemperatur und die gamma-alpha-Umwandlungstemperatur
- C erhöht die Zugfestigkeit und Streckgrenze, erniedrigt die Bruchdehnung und -einschnürung
- C ermöglicht das Abschreckhärten von Stahl
- C erniedrigt Wärmeleitfähigkeit und spezifisches Gewicht
- C verringert die Schweißbarkeit des Stahls durch Bildung von Härterissen
(Quelle: Wilhelm Domke, "Werkstoffkunde und Materialprüfung", 10. verb. Auflage, 1987, Girardet-Verlag)
Eigenschaften von Stahl
"Eine reine Eisenschmelze erstarrt bei 1536 °C zum kubisch-raumzentrierten (krz) delta-Eisen. Beim weiteren Abkühlen wandelt es sich bei 1393 °C in das dichtere kubisch-flächenzentrierte (kfz) gamma-Eisen und dieses bei 911 °C wieder in das weniger dichte krz alpha-Eisen um." Steigt der Kohlenstoffgehalt, verändern sich die Umwandlungstemperaturen und -produkte. Diese können aus dem Eisen-Kohlenstoff-Diagramm abgelesen werden.
(Quelle: Wilhelm Domke, "Werkstoffkunde und Materialprüfung", 10. verb. Auflage, 1987, Girardet-Verlag)
Legierungen
Zusätzlich zum Kohlenstoff können weitere Legierungselemente (Chrom, Nickel, Vanadium, Molybdän, Mangan, Titan, Silizium, Phosphor, Schwefel, etc.) hinzugefügt werden, um die Werkstoffeigenschaften (Festigkeit, Schweißbarkeit, Magnetisierbarkeit, Leitfähigkeit, uvm.) zu beeinflussen. "Aber die Eigenschaften eines Stahls ändern sich mit zunehmender Menge eines Legierungselements nicht gleichmäßig. Auch addieren sich nicht einfach die Wirkungen verschiedener, gleichzeitig im Stahl enthaltener Legierungselemente. Daher ist die zahlenmäßige Voraussage über die Eigenschaftsänderungen niemals möglich, denn auch in den einfachsten Fällen handelt es sich um eine Legierung aus mindestens drei Stoffen: Eisen - Kohlenstoff - Legierungselement."
(Quelle: Wilhelm Domke, "Werkstoffkunde und Materialprüfung", 10. verb. Auflage, 1987, Girardet-Verlag)
Schmiedestahl
Uns Schmiede, die wir Klingen machen wollen, interessiert härtbarer Stahl. Das ist Stahl mit ordentlich Kohlenstoffgehalt. So ab 0,45% kann man arbeiten, bis zu 2,06% habe ich auch schon mal gesehen. Am einfachsten lässt sich so um 1,00% arbeiten.
-- migriert aus dem Artikel: MesserSchmieden; Autor: Tim Drachenroester
Man kann also kurz zusammenfassen:
- Stahl ist alles das, was wir verschmieden können.
- Es gibt verschiedene Eisensorten, die nicht schmiedbar sind. (z.B. Gusseisen)
- Stahl mit hohem Kohlenstoffanteil lässt sich härten und eignet sich daher insbesondere für Klingen und Schneidkanten an anderen Werkzeugen.
Baustahl
Als Baustahl werden meist unlegierte Stähle mit geringem Kohlenstoffanteil bezeichnet. Diese Stähle machen alleine über die Hälfte der gesamten Stahlproduktion in der BRD aus. Daher sind die Schrottplätze buchstäblich voll davon.
Auch die Stahlteile, die man im Baumarkt kaufen kann sind meist aus Baustahl.
Baustahl ist nicht härtbar und lässt sich auch kalt vergleichsweise gut verformen. Manchmal werden diese Stähle daher auch als "Buttereisen" bezeichnet. Die fachliche Bezeichnung lautet ST33 bis ST70 oder als neue Werkstoffnummer 1.0035 bis 1.0070.
Die Funkenprobe erzeugt relativ wenige, gerade Funken.
Diese Stahlsorten verzeihen viele Fehler und sind daher besonders für Schmiedeanfänger interessant, denn auch daraus lassen sich vielfältige Gegenstände (z.B. Haken, Kerzenständer, Ketten, oä.) herstellen.
Diese Stähle sind aufgrund der Weichheit für Schneidkanten/Klingen nicht geeignet!
Federstahl
Federstahl ist danach benannt, als was man ihn auf Schrottplätzen meist findet: Federn.
Die Form kann von der relativ kleinen Auto-Feder bist zur massiven Lokomotiv-Feder und von der dünnen Trabbi-Blattfeder bis zur enormen Blattfeder eines Güterwaggons variieren.
Diese Stähle besitzen meist einen Kohlenstoffanteil von 0,7-2% und sind damit härtbar.
Die Funkenprobe erzeugt viele, sprühende Funken.
Diese Stähle lassen sich meist in Öl härten.
Wasserhärtung empfehle ich nur bei wirklich bekannten Werkstoffen und erfahrenen Schmieden, da bei nicht genau zum Werkstoff passender Härtetemperatur oft Härterisse entstehen.
Selten kann es vorkommen, dass man an einen "Lufthärter" gerät - also einen Stahl, der schon beim bloßen Auskühlen an der Luft durchhärtet. Diese sind schwer zu verarbeiten und werden beim Härtevorgang oft glashart und spröde oder brechen schon direkt im Härtebad.
Nach dem Härten können diese Stähle in einem handelsüblichen Backofen bei ~150-220°C angelassen werden.
Diese Stähle sind sehr gut für Klingen bzw. Schneidkanten geeignet.
Edelstahl
Gemeint sind hier "rostträge" Stähle. Die gängigsten Bezeichnungen dürften V2A bis V5A sein.
Auch wenn die Rostträgheit verlockend klingt, sollten insbesondere Schmiedeanfänger diese Werkstoffe meiden, da sie nur sehr schwer zu beherrschen sind. Insbesondere Schweißen und härten stellen auch erfahrene Schmiede teils vor große Herausforderungen.
Wenn ihr diese Seite zur Informationsgewinnung nutzt, solltet ihr von der Edelstahl-Verarbeitung Abstand nehmen! Wer Edelstähle verarbeiten kann, der muss sehr viel mehr wissen, als dieser Artikel her gibt. (Meinung von RickS.)
Zusätzlich ist die "Korngröße" dieser Stahlsorten üblicherweise deutlich größer, als bei Federstählen, sowie die erreichbare Härte oft geringer, als die Nutzhärte von Federstahl. Die erreichbare Schärfe von Klingen aus Edelstahl ist daher der von rostenden Stählen meist unterlegen.
(Dies ist im Alltagsgebrauch für viele vernachlässigbar, aber insbesondere bei extrem scharfen Klingen, wie Fisch- oder Rasiermessern ist der Unterschied durchaus signifikant. Voraussetzung dafür ist jedoch ein sehr guter Schliff. Eine stumpfe Klinge ist immer stumpf - egal, ob rostend oder nicht. - Meinung von RickS.)
Wikipedia: Edelstahl Wikipedia: Rostfreier Stahl
andere Metalle
Messing, Kupfer, Bronze, etc.
Diese sog. Buntmetalle lassen sich bedingt verschmieden, wobei diese Metalle nur schlecht verschweißbar sind.
Eine mögliche Verarbeitungsform ist "Mokume Gane" - eine Art Damast aus Weichmetall, der hervorragende Zierelemente ermöglicht. Die Erstellung von "Mokume" ist jedoch nicht besonders einfach.
Diese Metalle lassen sich in Blechform gut treiben, rollen und ziehen. Sie werden dafür üblicherweise kalt verarbeitet.
Wikipedia: Nichteisenmetall
Wikipedia: Buntmetall
Wikipedia: Mokume-Gane
einzelne Werkstoffe
"Papierstahl"
Sehr bekannt sind die sog. "japanischen Papierstähle", denen äußerst gute Eigenschaften nachgesagt werden:
- Weißpapier-Stahl (auch falsch weißer Papierstahl, jap. 白紙 shirogami) ist ein unlegierter Kohlenstoffstahl, welcher in seiner Reinheit dem Tamahagane (Stahl für Schwerter) sehr nahekommt. Sehr hohe Schärfe und Schnitthaltigkeit zeichnen ihn aus. Er wird insbesondere für feine Schnittwerkzeuge verwendet.
- Blaupapier-Stahl (auch falsch blauer Papierstahl, jap. 青紙 aogami) ist ein mit Mangan, Chrom und Wolfram legierter Kohlenstoffstahl. Dieser Stahl ist robuster als Weißpapierstahl und wird deshalb für Hackmesser und Ähnliches eingesetzt.
Silberpapier-Stahl (auch falsch silberner Papierstahl, jap. 銀紙 gingami) ist ein rostfreier Stahl. Er wird für Messer verwendet, welche eine hohe Robustheit jedoch keine hohe Schärfe erfordern.
Aufgrund des teuren Preises dieser Stähle finden sie meist als Schneidlagen in San-Mai-Klingen (3 Lagen) oder mehrlagigen Damastklingen zum Einsatz und werden mit weicheren/günstigeren Metallen "ummantelt".
"Damast"
Damast ist ein Werkstoff, der aus einem Schichtaufbau verschiedener Stähle erstellt wird, die in der Fläche feuerverschweisst wurden/werden.
Gut erkennbar ist Damast aus Stählen, die sich im Ätzbad möglichst unterschiedlich färben. So wird das holzähnliche Muster im Stahl sichtbar.
Da Damast immer aus mehreren verschiedenen Stählen besteht gibt es verschiedenste Eigenschaften dieses "Werkstoffs" - vom extrem weichen "Mokume-Gane" bis zu äußerst widerstandsfähigen Klingen, und Spezialbetriebe können inzwischen sogar Edelstahl-Damast herstellen, was für die meisten Handwerker unmöglich erscheint.
Die Herstellung von Damast wird gemeinhin als "die hohe Kunst des Schmiedens" wahrgenommen.
weitere
Hier dürfen gerne weitere Werkstoffe eingepflegt werden!
Autor: RickS. - 15.01.19