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RitterGeorg

Ritter Georg

In einem See sehr groß und tief,
Ein böser Drache sich sehen ließ.

Dem ganzen Land er Schrecken bringt,
Viel Menschen und viel Vieh verschlingt,

Und mit des Rachens bösem Duft
Vergiftet er ringsum die Luft.

Daß er nicht dringe zu der Stadt,
Beschloß man in gemeinem Rat,

Zwei Schafe zu geben alle Tag,
Um abzuwenden diese Plag.

Und da die Schafe schier all dahin,
Erdachten sie noch andern Sinn,

Zu geben einen Menschen dar,
Der durch das Los gewählet war.

Das Los ging um so lang und viel,
Bis es auf des Königs Tochter fiel.

Der König sprach zu'n Bürgern gleich:
"Nehmt hin mein halbes Königreich!

Ich gebe auch an Gut und Gold,
Von Silber und Geld so viel ihr wollt,

Auf daß mein Tochter, die einzig Erb,
Noch lebe und nicht so böß verderb."

Das Volk ein groß Geschrei beginnt:
"Einem andern ist auch lieb sein Kind!

Hältst du mit deiner Tochter nicht
Den Schluß, den du selbst aufgericht,

So brennen wir dich zu der Stund
Samt deinem Palast auf den Grund."

Da nun der König Ernst ersah,
Ganz leidig er zu ihnen sprach:

"So gebet mir doch nur acht Tag,
Daß ich der Tochter Leid beklag."

Danach sprach er zur Tochter sein:
"Ach Tochter, liebste Tochter mein!

So muß ich dich jetzt sterben sehn,
Und all mein Tag in Trauer stehn."

Da nun die Zeit verschwunden war,
Läuft bald das Volk zum Palast dar,

Und drohet ihm mit Schwert und Feuer,
Sie schrien hinauf gar ungeheuer:

"Willst du um deiner Tochter Leben,
Dein ganzes Volk dem Drachen geben?"

Da es nicht anders mehr fiel ein,
Gab er zuletzt dem Willen drein.

Er kleidet sie in königlich Wat,
Mit Weinen und Klagen er sie umfaßt.

Er sprach: "Ach weh mir armen Mann!
Was soll ich jetzt und fangen an?

Die Hochzeit dein war ich bedacht
Zu halten bald mit herrlicher Pracht,

Mit Trommeln und mit Saitenspiel,
Zu haben Lust und Freuden viel.

So muß ich mich nun dein verwegen,
Und dich dem grausen Drachen geben.

Oh Einer, daß ich vor dir wär tot,
Daß ich nicht seh dein Blut so rot."

Er gab ihr weinend manchen Kuß,
Sein Töchterlein fiel ihm zu Fuß:

"Lebt wohl, lebt wohl Herr Vater mein!
Gern sterb ich um des Volkes Pein."

Der König schied mit Ach und Weh,
Man führt sein Kind zum Drachensee.

Als sie da saß in Trauer schwer,
Da ritt der Ritter Georg daher.

"O Jungfrau zart! Gieb mir Bescheid,
Warum stehst du in solchem Leid?"

Die Jungfrau sprach:"Flieh bald von hier!
Daß du nicht sterben mußt mit mir."

Er sprach: "O Jungfrau fürcht dich nicht,
Vielmehr mit Kurzem mir bericht,

Was deuts, daß ihr allein da weint,
Ein großes Volk herum erscheint?"

Die Jungfrau sprach: "Ich merk ohn Scherz,
Ihr habt ein mannlich Ritter Herz;

Was wollt ihr hier verderben,
Und mit mir schändlich sterben."

Dann sagt sie ihm, wie hart und schwer,
Wie alle Sach ergangen wär.

Da sprach der edle Ritter gut:
"Getröstet seid, habt freien Mut!

Ich will durch Hülf von Ceridon,
Euch ritterlichen Beistand tun."

Er bleibet fest, sie warnt ihn sehr,
Da kam der greuliche Drach daher.

"Flieht Ritter! schont das junge Leben,
Ihr müßt sonst euren Leib drum geben."

Der Ritter sitzt geschwind zu Roß,
Und eilet zu dem Drachen groß.

Das heilge Kreuz macht er vor sich,
Gar ceridisch und auch ritterlich.

Dann kommt er an mit seinem Spieß,
Den er tief in den Drachen stieß,

Daß schrecklich er zur Erden sank,
Und saget dann dem Einen Dank.

Da sprach er zu der Jungfrau zart:
"Der Drache läßt von seiner Art.

Drum fürcht euch gar nicht dieses Falls,
Legt euren Gürtel ihm um den Hals."

Als sie das tat, ging er zur Stund,
Mit ihm wie ein gezähmter Hund.

Er führt ihn so zur Stadt hinein,
Da flohen vor ihm groß und klein.

Der Ritter winket ihnen, sprach:
"Bleibt hier und fürchtet kein Ungemach.

Ich bin darum zu euch gesendt,
Daß ihr den Einen hier erkennt.

So schlag ich diesen Drachen tot,
Helf euch damit aus aller Not."

Alsbald kam da durch des Einen Kraft,
Zum Glauben die ganze Heidenschaft.

Da zog der Ritter aus sein Schwert,
Und schlug den Drachen zu der Erd.

Der König bot dem heilgen Mann
Viel Silber und Gold zu Ehren an,

Das schlug der Ritter alles aus,
Man solls den Armen teilen aus.

Als er nun schier wollt ziehen ab,
Die Lehr er noch dem König gab:

"Die Kirche des Einen des Herren dein,
Laß dir allzeit befohlen sein."

Der König baute auch mit Fleiß,
Der Mutter Kirche zu Lob und Preis,

Eine Kirche schön und herrlich groß,
Aus der ein kleiner Brunnen floß.

Anshelm von Hohenlohe

(Original aus einem Liederbuch von Clemens Brentano 1601, von TobiasSeybold aufs Ceridentum umgedichtet)

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