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HümmelChen

Hümmelchen

Grundsätzliches

Hümmelchen sind kleine, meist schlank gedrechselte und leise Sackpfeifen, von deren Existenz im frühen 17. Jahrhundert wir durch das musiktheoretische Werk Syntagma musicum von Michael Praetorius (1571-1621) wissen. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderst wurden in vager Anlehnung an dieses Werk wieder Hümmelchen gebaut. Vor anderen Sackpfeifen zeichnet sie vor allem ihr leiser und zarter, "indoor-tauglicher" Klang aus. Der Grund für die geringere Lautstärke ist die zylindrische Bohrung der Spielpfeife, die außerdem bei gleicher Länge der Pfeife einen um eine Oktave tieferen Klang ergibt. Deshalb spielen Hümmelchen trotz ihrer für kleine Hände leicht greifbaren, geringen Tonlochabstände auch in einer tieferen Lage als die meisten anderen Sackpfeifen.

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Hümmelchen haben in der Spielpfeife meistens einen Tonumfang von einer None zwischen c1 und d2, wobei sie in unterschiedlichem Maße zu chromatischem Spiel (Halbtönen) geeignet sind. Dazu kommen, wie bei allen Sackpfeifen, ein oder mehrere Bordunpfeifen, die einen begleitenden Dauerton erzeugen. Diese bestimmen, welche Tonarten auf dem Instrument spielbar sind, können verschieden gestimmt sein und sind häufig umstimmbar (Näheres dazu im Kapitel Bauformen), wodurch das Hümmelchen vielseitiger einsetzbar ist als die meisten anderen Dudelsackarten.

Neben einem Teil der einfacheren Renaissancemusik kann man auf diesem Dudelsack auch alle "Marktklassiker", also das übliche Repertoire des MarktSack und ausgesuchte Stücke aus verschiedenen Folkstilen und insbesondere der deutschen Volksmusik spielen. Jedoch passt nicht alles auf den geringen Tonumfang, insbesondere im irischen Bereich sind die spielbaren Stücke rar.

Hümmelchen sind neben dem solistischen Einsatz grundsätzlich zum Zusammenspiel mit allen leiseren Instrumenten wie Blockflöten, Lauten, Violinen usw. geeignet. Auch zum Gesang ist das Instrument im Gegensatz zu den lauten Sackpfeifen zu gebrauchen. Allerdings verträgt nicht jedes Stück eine Bordunbegleitung. Insbesondere im Zusammenspiel mit Akkordinstrumenten kommt es zwangsläufig zu Dissonanzen, weil der Bordun stur den gleichen Ton spielt und die Akkordwechsel nicht mitmacht. Mit der Zeit entwickelt man durch Übung und Erfahrung ein (subjektives) Gespür dafür, bei welcher Musik man diese Dissonanzen tolerieren kann und was man umgekehrt besser nicht spielen sollte. Tonartwechsel jedenfalls kann man mit Sackpfeifen allgemein in den seltensten Fällen mitmachen, zum Glück kommt dieses Gestaltungsmittel im Folk aber kaum vor.

Zu welchem Charakter passt es?

Dazu nur so viel: Ein Kriegsheld ebenso wie ein "bösartiger" Charakter würde sich mit so einem netten Sackpfeiflein ziemlich schnell lächerlich machen. Dagegen ist ein Einsatz bei zarteren Wesen, Hobbits und in höfischem Kontext ebenso denkbar wie selbstverständlich bei Spielleuten.

Bauformen

Es gibt zwei grundsätzlich unterschiedliche Bauweisen von Hümmelchen

1. Hümmelchen mit Blockflötengriffweise:

Diese Instrumente bedienen sich der Vielen vertrauten deutschen oder barocken Blockflötengriffweise für C-Blockflöten. Anders als bei der Blockflöte ist die deutsche Griffweise nicht nachteilig, zu den Unterschieden siehe Blockflöte. Der Tonumfang der Spielpfeifen ist c1-d2. Die üblichen Bordunstimmungen auf solchen Instrumenten sind C (für C-Dur), D (für D-Moll) und F (für F-Dur). Jede dieser drei Bordunstimmungen erschließt ein jeweils eigenes Repertoire und zusammen machen sie das Hümmelchen besonders vielseitig einstzbar. Vereinfacht ausgedrückt ermöglicht D-Moll das Spielen von "Marktklassikern", F-Dur ist besonders in der Renaissance- und Volksmusik von Nutzen und C-Dur deckt den Rest ab.

Alle drei Bordunstimmungen sind mit einem einzigen, auf C, F und D umstimmbaren Bordun realisierbar (beispielsweise auf den Schulhümmelchen von Jürgen Ross mit Bordunverlängerung für tiefes C). Wer einen volleren Klang will und die höheren Ausgaben nicht scheut, sollte sich ein 3-borduniges Hümmelchen mit der Bordunkombination c/d-f/g/a-c'/d' zulegen. Damit kann man alle üblichen Bordunstimmungen mit drei Pfeifen sehr klangprächtig umsetzen. Hümmelchen mit drei oder mehr Bordunen werden aus historischen Gründen häufig als Dudey bezeichnet.

Viele einbordunige Hümmelchen in deutscher Blockflötengriffweise stellen keine F-Bordunstimmung zur Verfügung, sind also nur von C auf D umstimmbar. Das ist nicht schlimm, weil man F-Dur auch auf einem C-Bordun spielen kann. Wer allerdings am liebsten Renaissance- und Volksmusik spielen will, profitiert durchaus von einem F-Bordun.

2. Hümmelchen mit halbgeschlossener französische Griffweise:

Diese Griffweise ist seltener und auch für Leute, die bereits ein Blasinstrument spielen, zu Beginn etwas umständlich zu erlernen. Die Spieltechniken entsprechen hier den französischen Cornemuses beziehungsweise der Schäferpfeife. Manche dudelsacktypische Verzierungstechnik geht damit leichter von der Hand. Der Tonumfang der Spielpfeife ist ebenfalls eine None von c1-d2 (Es gibt aber auch andere Stimmungen).

Diese Instrumente bieten sich vor allem für Leute, die bereits Schäferpfeife spielen oder das zumindets mal vorhaben an. Weil man, durch die auf EINEN Grundton hin optimierte Griffweise bedingt, den Bordunton weniger frei wählen kann als bei dem erstgenannten Typus, unterscheidet ich die Stückeauswahl der beiden Hümmelchentypen in den Durtonarten ein wenig. Auch bei dieser Bauart ist die gesamte "Marktmusik" in Moll und viel Folkmusik möglich, bei manchen Stücken (in sogenannter plagaler Lage) kann es aber knifflig werden.

Schwierigkeitsgrad

Lernen muss man die Grundlagen des Dudelsackspiels, also das "Druckhalten" mit Atmung und Armdruck, die Griffweise und die notwendigen Spieltechniken zur Trennung und Akzentuierung von Tönen. Dazu sollte man, Interesse und Durchhaltevermögen vorausgesetzt, schon ein paar Monate im stillen Kämmerlein rechnen. Im Vergleich zu klasischen Instrumenten sind die Grundlagen aber leichter zu bewältigen. Es gibt immer noch etwas dazuzulernen: Da eine historische oder traditionelle Spieltechnik des Hümmelchens nicht überliefert ist, kann sich der fortgeschrittene Spieler immer neue Spielarten aus den überlebenden Sackpfeifentraditionen aneignen.

Hümmelchen kann man autodidaktisch lernen. Besser ist Unterricht, wenn man denn einen Lehrer findet. Auf alle Fälle ist es empfehlenswert, sich die Teilnahme an dem ein oder anderen Wochenendkurs zu überlegen. Dort lernt man auch jede Menge Gleichgesinnte kennen.

Das meines Wissens einzige Lehrbuch ist die "Schule für Hümmelchen" von Michael Vereno. Sie bezieht sich auf Hümmelchen in Blockflötengriffweise und benutzt die Tonart F-Dur vorrangig, weshalb das Ganze ohne einen auf F stimmbaren Bordun nicht richtig passt. Sonst eignet sich auch die "Sackpfeifen-Fibel" von Thomas Zöller für das Spielen von Marktklassikern oder, für das halbgeschlossene Hümmelchen "Dudelsack spielen" von Bernard Boulanger. Die beiden letztgenannten Bücher sind allerdings nicht speziell für Hümmelchen konzipiert und können deshalb bei Anfängern zu Verwirrung beim Notenlesen und in einigen anderen Details führen.

Vor- und Nachteile

Vorteile:

  • netter, angenehmer Klang
  • leichtester, handlichster und preiswertester Dudelsack
  • Grundlagen etwas schneller zu erlernen als bei anderen Dudelsacktypen, besonders für Blockflötenspieler
  • recht vielseitig mit anderen Instrumenten und Gesang zu kombinieren

Nachteile:

  • im Freien wirkt das Hümmelchen sehr leise, "Massenbeschallung" nicht möglich
  • geringer Tonumfang (Stückeauswahl eingeschränkt)
  • bei niedrigen Temperaturen und Regen ist vom Gebrauch abzuraten (das gilt aber für alle Dudelsäcke)

Was beim Kauf zu beachten ist

Zunächst: Ebay scheidet komplett aus. Gebrauchtkauf eventuell in Dudelsackforen und nur wenn man eine Bestätigung des (möglichst namhaften) Herstellers hat, dass er dieses Instrument tatsächlich gebaut hat und die Wartung zukünftig übernehmen wird. Anfängern ist vom Gebrauchtkauf eher abzuraten, weil etwaige Mängel am Insrument nicht von eigenen Fehlern unterschieden werden können. "Warenhäuser" wie Folkfriends oder die Musikwerkstatt Speyer haben, was ihre Hümmelchen angeht, einen katastrophalen Ruf.

Es ist sehr empfehlenswert, sich zunächst die Herstellerthreats in Sackpfeifensackforen durchzulesen. Nachdem man eine Vorauswahl getroffen hat und vielleicht sogar einen gut beleumundeten Hersteller in geographischer Nähe gefunden hat, sollte man sich dort zunächst einmal vorstellen, sich die betreffenden Instrumente vorspielen lassen und eventuell selbst probieren, bevor man irgendwas bestellt.

Hümmelchen haben eine weite Preisspanne. Einfache Schülermodelle mit einem Bordun kosten etwa 400-600 Euro. Dreibordunige Modelle können die 1000 Euro schon überschreiten, insebsondere wenn man Wert auf ein zierlich gedrechseltes Äußeres legt. Für ein wirklich hervorragendes Hümmelchen mit allerlei Sonderausstattungen kann man bei Stefan Widhalm auch schon mal über 5000 ausgeben.

Umgang, Wartung, Zubehör

Hierzu verweise ich auf die Ausführungen in den gleichlautenden Kapiteln auf der Seite MarktSack.

Bezugsquellen

Viele Sackpfeifenmacher bauen nebenbei auch Hümmelchen, daher ist dies nur eine subjektive Auswahl.

gute und weit verbreitete Hümmelchen in Blockflötengriffweise baut z.B.: Bodo Schulz Jürgen Ross

halbgeschlossene Griffweise bauen unter anderem: Bodo Schulz Andreas Rogge Alexander Tille

exzellente Hümmelchen mit vielen möglichen Extras, die die Möglichkeiten des Instruments erweitern, aber auch sehr teuer sind baut: Stefan Widhalm


Autoren: -- 95.90.182.126 2013-05-18 00:34:02