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Meinung/Sozialverhalten/ITSpielerErziehung

Spielererziehung im Spiel

Immer wieder begegnet mir auf Spielen und in Netzdebatten der Standpunkt, man könne oder solle Spieler, die in irgendeiner Form "schlecht" spielen, durch In-Character-Aktionen zu besserem Spiel erziehen. Da werden Wege vorgeschlagen, wie man übermächtige Charaktere sicher und ohne Hintertürchen töten kann und verschiedene Spielmaßnahmen werden geplant, um Spieler, deren Spielstil nicht gefällt oder die einfach unsympathisch sind, zu stören.

Mir erscheinen diese ganzen Pläne müßig. Man kann Leute nicht durch IT-Aktionen zu dem erziehen, was man für besseres Rollenspiel hält. Was sollte denn passieren? Ein "Guter" würde begeistert oder zumindest duldend mitspielen, ein "Schlechter" würde das Ganze für einen pappnasigen Versuch halten, ihm sein wichtiges Spiel kaputt zu machen und mit noch mehr schlechten Aktionen oder gar OT-Gezeter antworten.

Die Leute, die man treffen will, hören nicht auf, Ihren Stil zu spielen, sondern entwickeln neue Talente, die gegen die vermehrten Angriffe helfen.

Der Versuch, eine besonders kreative regelkonforme aber hieb- und stichfeste Charaktertötung hinzubekommen ist relativ müßig. Die Sorte Pappnase, die so sehr stört, daß man sie weghaben möchte, wird eine Hintertür in den Regeln finden oder gleich die Regeln brechen. Nur Kleingeister lassen sich durch die Fesseln der Regeln in ihrem Potenzial beschneiden. Wahre Größe steht da drüber ;-) Im Ernst: gute Spieler wissen, dass eine gute Geschichte ein Ende braucht und wann es genug ist. Spieler, die das nicht begreifen, wird man nicht ausgerechnet dadurch bekehren, dass man ihre Charaktere schnetzelt.

Das Resultat wäre nur ein Wettrüsten der "kreativen" Todesarten gegen "kreative" Schlupflöcher. Den dabei vergeudeten Einfallsreichtum könnten beide Seiten anderweitig besser nutzen. Wer einen übermächtigen oder unsterblichen Charakter spielt, wird sich nicht durch Angriffe im Spiel davon Abhalten lassen, schon gar nicht, wenn sie nur unzureichend aus dem Spiel heraus motiviert sind und klar wird, daß eine OT-Aversion eigentliche Triebfeder ist.

Schließlich gibt es noch einen weiteren Aspekt solcher Erziehungsmaßnahmen: jeder Tötungsversuch, jeder Alptraum, jede Gefangennahme, kurz jede Beeinträchtigung eines anderen Charakters ist Gelegenheit zum Rollenspiel. Wenn aber jemand einen Spielstil pflegt, der mir ganz und gar nicht gefällt, Aktionen durchführt, die mir OT nicht gefallen, oder wenn mir jemand sogar OT unsympathisch ist, ist es doch widersinnig, denjenigen auch noch mit Gelegenheiten zum Rollenspiel zu belohnen. Das Mittel der Wahl ist hier, diesen Leuten soweit als möglich aus dem Weg zu gehen und sie zu ignorieren. Meist ist das auch dann ohne große Brüche der IT-Logik möglich, wenn man nicht ohnehin schafft, auf verschiedene Spiele zu gehen.

Selbst wenn ich eine ehrliche Absicht, auf Mitspieler verbessernd einzuwirken unterstelle, ist der Erfolg einer IT-Maßnahme als Sanktion gegen das Verhalten eines Spielers fraglich. Um einen Lernerfolg zu zeitigen, müßte der Spieler gegen den ich vorgehe einen Zusammenhang zwischen meiner IT-Maßnahme und dem verbesserungswürdigen Verhalten herstellen können. Das wird in der Regel nicht der Fall sein. Im günstigen Fall wird die Aktion IT sinnvoll motiviert sein, dann wird das Opfer konsequentes Rollenspiel unterstellen. Im schlechteren Fall ist die Aktion IT unmotiviert, dann wird das Opfer seinerseits die Aktion für eine Pappnasen-Attacke halten und nicht das eigene Verhalten reflektieren, sondern über den Handelnden verärgert sein. Es wäre also in jedem Fall ein OT-Feedback über das ursprüngliche störende Verhalten nötig.

Allgemein sehe ich weder für die Spielleitungen, noch für die Mitspieler einen Erziehungsauftrag. Es kann im eigenen, vielleicht sogar im allgemeinen Interesse sein, auf andere einzuwirken, aber da nur schwer auszumachen ist, ob "schlechtes" Spiel überhaupt allgemeingültig zu definieren ist, sollte man da sehr vorsichtig sein.

Wenn man der Meinung ist, das Spiel anderer Spieler sei verbesserungswürdig und -fähig, dann sollte man dieses Ziel mit möglichst konstruktiver Kritik im OT oder durch bloßes Vorleben im IT anstreben. Falls man aber die Lernfähigkeit des Gegenübers anzweifelt, sollte man einfach den Kontakt meiden. In-Time-Aktionen sind in keinem Falle ein geeignetes Mittel zur Spieler-Erziehung.

RalfHüls - ca. 2002


Siehe auch ITSpielerErziehung/Diskussion


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