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Meinung/Spielstile/NichtspielendeNSC

Nicht spielende NSC

Über den dringenden Out-Time-Drang vieler (Nicht-)Spieler, veraltete Denkgewohnheiten im Larp, was der Begriff gSC am Selbstverständnis der Charaktere ändern könnte und was das beispielsweise bedeuten würde fürs In-time-Sein und Out-time-Sein.

Der überlieferte Begriff NSC

Der im Larp verwendete Begriff Nichtspieler-Charakter ist ein Relikt aus dem Tischrollenspiel, der sich (meiner Ansicht nach leider) in der Larpszene allgemein durchgesetzt hat.

In PnP- sowie auch in Computerrollenspielen ergibt der Begriff Sinn, denn es handelt sich dort um Charaktere, hinter denen keine eigene Spielerperson steht, sondern die vom Spielmeister bzw. vom Computer dargestellt werden. In diesen Rollenspielarten gibt es eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen den Charakteren, hinter denen eine eigene (nur diesen Charakter darstellende) Spielerperson steht (und die man dann folglich Spielercharakter nennt), und den Charakteren, bei denen das nicht so ist. Und letztere Charaktere, hinter denen kein eigener Spieler steht, heißen dann naheliegenderweise Nichtspieler-Charaktere.

Im Larp ergibt der Begriff NSC genau genommen überhaupt keinen Sinn, weil dort jeder Charakter notwendigerweise von einer eigenen Spielerperson verkörpert wird. Es gibt im Larp keinen Charakter, hinter dem kein Spieler steht. Also gibt es dort im ursprünglichen Sinne des Wortes keine Nichtspieler-Charaktere.

Wenn nun das Wörtchen "Nicht" im Begriff NSC im Larp gar nicht mehr das ausdrückt, was es ursprünglich mal ausdrücken sollte, was drückt es denn dann aus oder was hat es hier zu suchen? Die verbleibende Erklärungsmöglichkeit ist, dass es wohl irgendwie Leute bezeichnet, die nicht spielen oder zumindest nicht so spielen wie die „richtigen“ Spieler-Charaktere.

Nun könnte man sagen, das sei Haarspalterei mit dem Begriff und überhaupt nicht so wichtig, denn wir wissen ja alle, was mit NSC im Larp gemeint ist. Meiner Erfahrung nach ist es allerdings allzu oft so, dass es sich bei Larp NSC – nach dem Prinzip „der Name ist Programm“ – tatsächlich um Leute handelt, die (fast) nicht spielen. Die meisten scheinen es für völlig normal zu halten, dass man als NSC nicht in-time ist, wenn keine SC anwesend sind. Die Denkstruktur, die dahinter steht, bewegt sich in den Kategorien des Tischrollenspiels und/oder des Bühnentheaters: Die NSC (/Schauspieler) werden von der Spielleitung (/dem Meister/dem Direktor) dazu eingesetzt, Figuren einer Szene darzustellen. Wenn diese Szene vorüber ist, ist man automatisch sozusagen im Backstage-Bereich und es gibt keinen Grund, im Spiel zu bleiben.

Im schlimmsten (aber nicht seltenen) Fall sieht das so aus, dass NSC nur während der Kämpfe in-time sind und danach sofort wieder out-time gehen.

Out-Time-Drang

Überraschend finde ich daran den ungeheuren Drang vieler Liverollenspieler, nicht zu spielen, obwohl sie es könnten. In der Regel schreibt die SL ihren NSC nicht vor, dass sie zwischendurch out-time gehen müssen. Die Leute könnten also viel mehr eigenes Rollenspiel erleben, wenn sie wirklich wollten, und zwar ohne dafür den Spielerpreis zahlen zu müssen und ohne irgendjemanden zu stören. Es würde im Gegenteil den Con höchstwahrscheinlich eher bereichern (es ist ja auch für SC eine feine Sache, wenn die Möglichkeit besteht, NSC zu überraschen oder gar heimlich zu belauschen und die dann auch tatsächlich in-time sind).

Ich denke, der Drang, out-time zu gehen, hat viele Gründe, von denen einige allgemeiner Natur sind (dieses Verhalten lässt sich ja auch bei SC beobachten) und einige speziell mit dem Rollenverständnis der NSC zu tun haben (davon unabhängig gibt es natürlich auch mehr oder weniger zwingende Gründe, out-time zu gehen, wie z.b.: bin real verletzt/muss dringend aufs Klo und komme da in-time gerade nicht hin/bin am Ende meiner Kräfte/ muss schlafen/brauche Pause/hab keinen Bock mehr/...)

  • Auf der Seite der allgemeinen Gründe wäre da zunächst einmal eine gewisse Nachlässigkeit (die man je nach Bewertung als Lockerheit oder als Undiszipliniertheit sehen kann); mit anderen Worten, viele Leute finden es entspannter, sich zwischendurch out-time zu unterhalten. Außerdem ist es oft verlockend, sich von anderen in Out-time Blasen mit hinein ziehen zu lassen (und sich dann oft über Liverollenspiel zu unterhalten statt zu spielen). Und schließlich haben viele Laien-Akteure neben einer Faszination fürs Rollenspiel auch eine gewisse Scheu vor dem kreativen, theatralischen Spiel und der dafür nötigen Präsenz und Spontaneität.

    Spezielle Gründe für NSC, out-time zu gehen, liegen, wie oben schon erwähnt, in einem bestimmten Selbstverständnis der NSC. Dieses besagt (mehr oder weniger bewusst oder unbewusst): „Wir spielen nur das, was die SL uns aufträgt zu spielen.“ und „Wir :spielen nur für ein Publikum (die SC). In Abwesenheit des Publikums gibt es keinen Grund zu spielen.“

Sich bewusst machen, dass es auch anders geht

Eigentlich sollte man doch meinen, Liverollenspieler würden ihr Hobby gerne betreiben und würden auf einem Con alles daran setzen, um so viel wie möglich dichtes, schönes Rollenspiel zu erleben. Dass dies nicht immer so ist, liegt (neben den erwähnten allgemeinen Gründen des „Out-Time-Drangs“) im Falle des typischen NSC Verhaltens wohl daran, dass die meisten NSC sich gar nicht klar machen, dass es auch anders geht.

Sie machen sich nicht klar, wie sehr die Spieldichte eines Cons und die Intensität des eigenen Erlebnisses – auch für NSC – vom Verhalten aller Beteiligten abhängt und nicht nur von den Vorgaben und Planungen der SL.

Sie machen sich nicht klar, dass sie mit einer gelungenen Mischung aus Selbstdisziplin und Eigeninitiative die Qualität des Cons für sich selbst und andere dramatisch verbessern könnten.

Selbstdisziplin bedeutet dabei zum einen, sich an die Vorgaben der SL zu halten und zum anderen, auch über die geplanten Szenen hinaus in-time zu bleiben (auch wenn es Präsenz, Mut zur Kreativität und Konzentration erfordert).

Eigeninitiative bedeutet, die rollenspielerischen Räume, die die SL nicht vorgeschrieben hat, kreativ zu füllen, eigene Szenen spontan entstehen zu lassen und dabei die anderen NSC als Mitspieler ernst zu nehmen.

Und die Leute machen sich nicht klar, dass dies alles in ihrer eigenen Macht steht – nicht unbedingt in der Macht eines Einzelnen, aber in der Macht der Gruppe der NSC auf einem Con.

Veraltete Denkgewohnheiten im Larp

Die folgerichtige Frage ist: Warum machen so viele sich das alles nicht klar?

Vermutlich hat es mit Traditionen, Denkgewohnheiten und den Ursprüngen des Larp zu tun. Ich denke, dass sowohl im Begriff „Nicht-Spieler-Charakter“ als auch im typischen Verhalten derselben deutlich wird, wie sehr die Entwicklung des Larp noch in den Kinderschuhen steckt; mit anderen Worten, wie sehr wir alle noch den Prinzipien und Denkstrukturen anderer Spiele/Künste verhaftet sind, aus denen das Larp sich entwickelt hat oder mit denen wir es vergleichen (Tischrollenspiel, Theater, Film, Geschichten erzählen, ...).

Wenn man z.B. bewusst oder unbewusst in den Kategorien von Hauptrolle/Heldenrolle und Nebenrolle denkt, (was wir vermutlich alle mehr oder weniger ausgeprägt tun – wer ist denn nicht von den Klischees der Spielfilme beeinflusst?), dann mag es gar nicht so viel wert erscheinen, eine NSC-Nebenrolle wie z.B. Bauer oder Wachsoldat länger als notwendig auszuspielen. (vgl. DasDunkleErbe)

Doch genau an dieser Stelle liegt das Spezifische und der spezifische Reichtum der Möglichkeiten der „Gattung“ Larp:

  • darin, dass jeder mit jedem spielen kann (auch die vermeintlichen „Nebenrollen“ mit anderen vermeintlichen „Nebenrollen“)
  • darin, dass wir nicht für ein Publikum spielen, sondern für uns (d.h. sobald ich wenigstens einen Mitspieler habe, macht es Sinn zu spielen)
  • und darin, dass alle Beteiligten vielfältige Möglichkeiten haben, die Details der Spielwelt mit zu erschaffen (vgl. LarpKonstruktivismus) - abgesehen von den unumstößlichen Wahrheiten und Naturgesetzen der Spielwelt, auf die wir uns einigen (vgl. LarpIdealismus).

Der wohl radikalste Versuch, mit den überholten Bindungen des Larp an Prinzipien und Denkweisen anderer Kunstformen zu brechen, ist Dogma 99. Ohne in allen Forderungen so weit gehen zu wollen, denke ich auf jeden Fall, dass es der Entwicklung des Larp gut tun würde, wenn die tief in den Köpfen eingefressene vermeintliche Notwendigkeit der Kategorien SC und NSC allmählich aufweichen würde. Diese Unterscheidung ist zwar eine Möglichkeit, aber sie ist nicht unabdingbar fürs Larp.

Ein alternativer Begriff

Wenn man als SL über vorgegebene oder weisungsgebundene Charaktere Einfluss auf den Spielverlauf nehmen möchte (wogegen nichts einzuwenden ist), dann wäre es doch schön, für diese Charaktere einen angemesseneren (d.h. weniger an den Denkstrukturen des PnP klebenden) Namen zu haben – und darüber mittelfristig vielleicht auch eine vom PnP unabhängigere Spielweise zu finden.

Wie wäre es also, diese Rollen als „geleitete Spieler-Charaktere“ (gSC) zu bezeichnen? Der Begriff ist weder ganz neu noch von mir erfunden, sondern wird, so weit ich weiß, vereinzelt benutzt, meist synonym mit dem Begriff Halb-NSC. In meinen Augen ist er weitaus treffender für das, was ein NSC eigentlich sein sollte, und zwar ganz einfach ein Charakter, der sich in der Spielwelt befindet – mit der Besonderheit, dass er Vorgaben von der SL bekommen hat.

Die Unterscheidung Spieler-Charakter und Nichtspieler-Charakter legt nahe, dass es da irgendeinen Gegensatz gibt. Die Unterscheidung Spieler-Charakter und geleiteter Spieler-Charakter betont, dass es sich im Grunde genommen um das Gleiche handelt – einen Spieler-Charakter – sie unterscheiden sich nur in einem Attribut: der eine wird von der SL geleitet, der andere nicht.

Die Unterschiede zum klassischen NSC sind folgende: Ein Spieler-Charakter – egal ob geleitet oder nicht – ploppt nicht ständig irgendwo in die Spielwelt hinein und er verschwindet auch nicht einfach so im Out-time. Er ist so lange in-time, bis er entweder stirbt oder in-time abreist. In-time Abreisen muss natürlich ausgespielt werden dadurch, dass man sich ausreichend weit vom Spielgeschehen entfernt. Ein Spieler-Charakter kann mit jedem anderen Spieler-Character – egal ob geleitet oder nicht – sinnvoll zusammen spielen.

(Im LarpGlossar findet sich eine Definition für gSC, die allerdings ein wenig von der meinen Abweicht.)

Auswirkungen und Beispiele

Die Charaktere, die Vorgaben von der SL bekommen, als geleitete Spieler-Charaktere zu verstehen, hätte vermutlich sowohl Auswirkungen darauf, wie die SL ihre Gehilfen einsetzt, als auch darauf, wie der Einzelne sich im Spiel wahrnimmt und sich verhält.

Jemand, der seine eigene Rolle als gSC begreift, würde sich (vielleicht) eher klar machen, dass er permanent in der Spielwelt anwesend ist und mit jedem anderen Charakter rollenspielerisch interagieren kann. Es würde ihm (vielleicht) offensichtlicher erscheinen, dass er nicht nur einen bestimmten SL-Auftrag hat und etwas spielen soll, sondern darüber hinaus auch spielen darf, und dass es deswegen Sinn ergibt, sich ununterbrochen in seinen Charakter und in die Spielwelt hinein zu versetzen.

Ein Verständnis der SL-Gehilfen als gSC schränkt sicherlich die Möglichkeiten der SL, Leute in Springerrollen einzusetzen, etwas ein, macht es aber durchaus nicht unmöglich. Auch eine Horde hirnloser Untoter könnte man als gSC betrachten und entsprechend spielen. Selbst bei einer so simplen Motivation wie „Alles Lebende tot machen!“ hat der Untote doch eine eigene Sicht auf die Welt und ist wahrscheinlich auch irgendeiner archaischen Kommunikation mit seinen Kollegen fähig. Mit anderen Worten, man kann sich in ihn hinein versetzen und ihn spielen – unabhängig davon, ob gerade SC anwesend sind oder nicht. Sollten einige Untote längere Zeit überleben und die SL braucht die Darsteller nun wirklich für etwas anderes, kann man sie ja diskret zurück pfeifen, so dass sie sich zurückziehen (also in-time abreisen).

Eine positive Auswirkung für die Dichte des Spielempfindens wäre bei der ganzen Sache die erhöhte Verlässlichkeit, mit der sich alle Charaktere tatsächlich in der Spielwelt befinden.

Man kann unaufmerksame gSC intime belauschen. Wenn feindliche gSC angreifen, dann müssen sie in-time irgendwo hergekommen sein und wenn welche überleben, ziehen sie sich in-time irgendwohin zurück. Man kann sie verfolgen; vielleicht haben sie ein in-time Lager. Wenn das real nicht möglich war einzurichten und sie stattdessen in einiger Entfernung einfach out-time gehen, dann weiß man zumindest in-time, aus welcher Richtung sie gekommen sind. Wenn sie wiederkommen, so haben sie eine kleine Anreise, wo man ihnen auflauern könnte, ihnen Fallen stellen, ihnen in den Rücken fallen, versuchen sie vom Hauptlager abzulenken oder eventuell mit ihnen verhandeln, sie bestechen, einen von ihnen entführen, sie erpressen, ...

Das alles geht nicht oder nur sehr viel schwieriger, wenn sie – wie bei NSC leider häufig üblich – jedesmal aus einem real offensichtlichen, aber leider als out-time definierten NSC Lager herausploppen und sich später zurückziehen, indem sie einfach irgendwo im Spielgeschehen die Arme kreuzen und sich aus der Spielwelt wegbeamen.

Das Selbstverständnis vom geleiteten Spieler-Charakter könnte außerdem dazu führen, dass SLs ein bißchen vorsichtiger werden mit dem häufigen Herein- und Herausnehmen von Charakteren und der Manipulation des Kräfteverhältnisses auf ihrem Con. Dazu ein (selbst mehrfach so oder ähnlich erlebtes) Beispiel:

  • Die SC befinden sich in einem kleinen Dorf. Die NSC werden sowohl dafür eingesetzt, die Dorfbevölkerung (überwiegend Bauern und Handwerker) darzustellen, als auch die Monster/Feinde, die das Dorf immer mal wieder angreifen. Es sind weitere heftigere Angriffe zu erwarten. Es ist entsetzlich offensichtlich, dass die meisten Bauern immer verschwinden, kurz bevor der nächste Angriff kommt. Es ist auch absehbar, dass in dem Moment, wo es richtig brenzlig wird und das Dorf ernsthaft in Gefahr ist, die eigentlich zu beschützenden Bauern alle nicht anwesend sein werden, weil sie dann die Feinde spielen müssen. Bei allem guten Willen, in-time und out-time Wissen zu trennen, ist diese Tatsache nur schwer zu ignorieren.
    • Jegliche Gespräche/Verhandlungen mit der Dorfbevölkerung darüber, was am besten zu tun sei, (z.B. allen Mut zusammen nehmen und gemeinsam kämpfen/das Dorf aufgeben und fliehen/das Dorf verteidigen so lange es geht und im Notfall ein geordnetes Rückzugsgefecht antreten/ ...) fühlen sich hohl an, weil klar ist, dass die Bevölkerung nicht da sein wird, wenn es darauf ankommt.
    Alle auf die Feinde gerichteten Pläne (Verhandeln/Zeit schinden/ihre Stellung und Truppenstärke ausspionieren/sie vom Dorf entfernt angreifen/sabotieren/Hauptmann ermorden/...) sind nicht möglich, weil die Feinde gerade entweder Bauern spielen oder out-time im NSC-Lager rumhängen. Selbst die eigene Stärke ist kaum einschätzbar, weil es da auf der eigenen Seite eine beträchtliche Anzahl Bauern gibt, die willkürlich anwesend oder abwesend sein können.

Das Beispiel ist recht militärisch orientiert und das ist natürlich nicht das einzige oder hauptsächliche, worauf es beim Larp ankommt. Aber ich denke es zeigt ganz gut, zu wie viel Unstimmigkeiten und letztendlich absurde Unglaubwürdigkeiten der Spielwelt zustande kommen, wenn die SL für eine willkürliche Zeitspanne Charaktere in die Spielwelt setzt und sie zu beliebigen Zeitpunkten wieder daraus entfernt. Besonders wenn, wie in diesem Beispiel, eine größere Anzahl Darsteller häufig wechselnd in verfeindeten Gruppen eingesetzt wird.

Würde man die harmlose Dorfbevölkerung als geleitete Spieler-Charaktere verstehen, so wäre es unmöglich, die Darsteller zwischendurch als Bösewichte einzusetzen, während gleichzeitig die Dorfbevölkerung theoretisch noch irgendwie in-time auf dem Con ist – nur vielleicht gerade theoretisch Feuerholz suchen geht oder ein Nickerchen macht.

Ein Charakter (egal ob SC oder gSC) sollte nicht ohne seinen Darsteller in irgendeiner Form in-time sein können.

Ein gSC-Bauer würde entweder in der Spielwelt (und dann wahrscheinlich in oder in der Nähe seines Dorfes) bleiben oder in-time abreisen. Wenn die SL ihre Bauerndarsteller für andere Rollen einsetzen will, dann ist das o.k., nur dann müssen die Bauern logischerweise in-time abreisen. Und das ändert die Spielsituation und gibt auch im Spiel eine stimmige Erklärung für ihre offensichtliche Abwesenheit. Ein Dorf ohne Einwohner ist dann eben auch im Spiel ein verlassenes Dorf.

Ein gSC-Bauer hingegen, der nur gerade mal ein Nickerchen macht, müsste in irgendeinem Zelt oder Haus zu finden sein, wo man ihn wecken könnte. Einer, der gerade abseits des Dorfes nach Feuerholz sucht, müsste irgendwo im Wald in-time zu finden sein. Wenn er das nicht ist, ist er das auch im Spiel nicht. Charaktere werden entweder von jemandem dargestellt oder sind nicht in der Spielwelt. Sie können nicht darstellerlos in-time sein.

Das ist zumindest das Ideal. Es geht dabei nicht darum, völlig perfektionistische Ansprüche an die In-time Konsequenz zu stellen, und womöglich Gefährliches von Leuten zu erwarten – selbstverständlich soll niemand im Schlachtgetümmel liegen bleiben und verletzt spielen. Es geht darum, in etwa gleiche Maßstäbe anzulegen für SC und gSC. Ein SC würde normalerweise kaum auf die Idee kommen, seinen Charakter für eine Weile in-time aber darstellerlos irgendwo zu „parken“ – sagen wir mal beim gedachten Pilzesuchen – und so lange einen anderen Charakter zu spielen. Bei klassischen NSC hingegen kommt so etwas erstaunlich häufig vor.

Aussichten

Zu guter Letzt frage ich mich, wie weitreichend die Verbreitung und Auswirkung des Begriffs GSC wohl bestenfalls sein oder werden könnte. Einerseits wünsche ich mir, dass der Begriff sich weiter verbreitet und mit ihm das Selbstverständnis, dass Charaktere mit SL-Anweisungen auch Spieler-Charaktere sind, die sich in der Spielwelt befinden. Andererseits habe ich natürlich nicht die Illusion, dass die ganze Larp-Szene mit Freuden den vertrauten Begriff NSC an den Nagel hängen würde, nur weil irgendjemand das vorschlägt.

Außerdem, wenn ich mich auf den meisten Cons so umschaue, dann bezweifle ich, dass das Ideal, möglichst viel und möglichst ohne Unterbrechung in-time zu bleiben, (wofür ich den Begriff gSC für förderlich halten würde,) überhaupt von allen Larpern als erstrebenswert eingestuft würde.

Vielleicht ist der Begriff für einige Leute, die ähnliche Ideale teilen reizvoll genug, um ihn zu übernehmen. Vielleicht könnte er sogar eines Tages hilfreich sein, um verschiedene Spielphilosophien begrifflich leichter unterscheiden zu können. Am wichtigsten erscheint mir die Frage: Kann der Begriff tatsächlich einen Beitrag dazu leisten, dass das Liverollenspiel sich aus den überlieferten Denkstrukturen des PnP befreit und seine eigenen Wege findet?

--RolandNordeck, 6.4.2007 (BitteNichtStören) (BitteKommentieren)


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