Larpmeinung: Charakterdatenbanken zur Punktekontrolle
Immer wieder mal gibt es Forderungen nach einer Orga-übergreifenden Charakterdatenbank, um Punkteschummlern auf die Schliche zu kommen.
Die Idee setzt meiner Meinung nach am Symptom an. Das augenscheinliche Problem ist ein Symptom der Überbewertung von "erspielt haben" und "bestätigt bekommen".
Matthias H. erzählt gerne davon , wie er mal von einer erbosten SL angerufen wurde, weil seine Spaß-Orga irgendeinem Spieler ein bis zur völligen Albernheit überzogenes Artefakt bestätigt hatte. Der Anrufer hat allen Ernstes gefragt, wie man denn einen solchen Schwachsinn bestätigen könne.
Die Antwort lautete (sinngemäß): "Was wollt Ihr? Der Spieler ist ein Idiot. Und wenn Ihr das Ding auf Eurem Con zulaßt, nur weil wir es 'bestätigt' haben, seid Ihr auch Idioten."
Es gibt keine allgemeingültige Vorstellung davon, was im Spiel "vernünftig" ist, es gibt kein Orga-übergreifend gleiches Powerlevel, es gibt keinen Standard dafür, wieviele XP zu vergeben sind.
Ich kenne Orgas, die vergeben EP ohne Angabe, für welches Regelwerk. Das ganze System der "Bestätigungen" funktioniert de Facto nicht. Siehe hierzu auch Con-Bestätigungen.
Nicht alles ist 'ne Tolle Sache, weil es "ehrlich Erspielt" wurde, incl. der EP-Zahl des Spielers.
Eine Orga kann sich nicht darauf verlassen, daß ein Spieler eines best. EP- Niveaus oder ein bestimmtes Artefakt auf ihren Con paßt, nur weil alles redlich erworben wurde.
Damit ist aber auch der Sinn einer strikteren Kontrolle dieser Prozesse fraglich.
Dann ist da noch der Datenschutz. Wenn die Orgas das Ding füttern sollen, und nicht die Spieler, ist das im Prinzip nichts anderes, als z.B. die SCHUFA macht. Mit allen Implikationen. Es muß geklärt sein, was mit den Daten passiert, wie sie gespeichert werden, wer darauf zugreifen darf.
Ein Charaktername wäre zwar möglicherweise nicht unbedingt ein personenbezogenes Datum. Aber mit der Zuordnung zum Spielernamen werden Daten über den Spieler gespeichert, der sehr wohl eine nat. Person ist. Selbst wenn die Charakterdaten selber als unkritisch betrachtet werden, halte ich z.B. die Information, daß jemand zu einer bestimmten Zeit auf einer bestimmten Veranstaltung war, durchaus für ein möglicherweise sensitives Merkmal. Das BDSG sichert dem Betroffenen auch ein Auskunftsrecht und eine Möglichkeit, falsche Daten löschen/ändern zu lassen, zu.
Man braucht ein Beschwerdemanagement. Das ist kein kleiner Aufwand. Können entsprechende Mechanismen für Datenschutz und Datenschutzkontrolle nicht eingebaut werden, ist eine solche Datenbank ohnehin abzulehnen.
Mal abgesehen davon, daß so eine Datenbank nur sinnvoll ist, wenn sie vollständig ist, und das halte ich für wenig aussichtsreich. Man wird schwerlich alle Orgas zur Teilnahme bewegen. Wenn aber die DB nicht vollständig ist, geht das Genöle über EPs von nicht teilnehmenden Orgas los. Sicher könnten die teilnehmenden Orgas festlegen, daß sie nur registrierte Charaktere zulassen, aber das bedeutet erstens ein wirtschaftliches Risiko (seine Zielgruppe einzuschränken, ist problematisch) und würde zweitens zu einer Spaltung der Larpsszene in Registrierer und Nicht-Registrierer führen, und wer will schon eine Spaltung der LARP-Szene?
RalfHüls, 16.05.2003
Neben den rechtlichen und moralischen Bedenken ist auch anzumerken, dass die Machbarkeit von zentralen Charakterdatenbanken rein vom organisatorischen Aufwand umstritten ist.
Ein ähnliches Thema, nämlich Schwarze Listen zum Ausschluß von unliebsamen Spielern, wird in Schwarze Listen behandelt.