Kleidung und Ausrüstung hochmittelalterlicher Kämpfer
Inhaltsverzeichnis
Das Hochmittelalter ist schwer einzugrenzen, es ist stark davon abhängig, ob man rüstungs-, kleidungs-,sozial- oder architekturgeschichtlich herangeht und ob man auch mal ins außereuropäische Ausland guckt. Nimmt man einfach mal das 12.-13. Jahrhundert, wo auch die Hochzeit der Orientkreuzzüge ist, sieht man bekleidungstechnisch in etwa folgendes:
Bekleidung
Alles, was zum dritten Stand, vulgo: Bauern, trägt gemeinhin den Retro-Look: Oben eine Tunika bis zu den Knien und unten Beinlinge. Darunter ein nettes leinenes Hemd, auch fast knielang und Bruchen.
Alles, was einflußreicher ist, als ein Bauer, trägt den Kram etwas länger, etwa bis zur Mitte der Unterschenkel.
Rüstung
Zeitlich befinden wir uns hier in einer spannenden Zeit des Umbruchs, wo die Rüstung sich immer mehr von Kette zu Platte verschiebt und dann im 14. Jahrhundert fast fertig ist. Zusätzlich kommen nette Neuerungen, die man bei Besuchen im Orient mitgebracht hat.
Grob skizziert nimmt man, wenn man das Geld hat, ein Kettenhemd (das ja von den Wikingern zu den Normannen hin immer länger geworden ist), polstert es mit einem Gambeson auf und ergänzt kritische Stellen um bessere Rüstung:
- Nachdem man beispielsweise erkannt hatte, daß Topfhelme reitenderweise ganz nett sind, aber sich komfort- wie auch bauartbedingt (wenns von oben kommt, sind flache Deckel genau so doof wie Flachdächer) nicht so für den Kampf zu Fuß eignen, kommt mit der Beckenhaube ein modulareres Konzept für den Rötter von Welt auf den Markt.
- Das Fußvolk begnügt sich derweil mit Tellerhelmen, offenen Beckenhauben und ähnlichen Modellen. Gerne auch mit Kette darunter.
- Die Erkenntnis, daß eine Reihe von Löchern auch mit Stahl umfasst nicht so gut schützt, ergänzt man das Kettenhemd an den wichtigsten Bereichen (vor allem der Torso) um Platten. Streitpunkt bleibt, ob manche davon aus gehärtetem Leder sein durften (im Orient macht sich wasserhärtetes Leder gar nicht schlecht, im nordischen Nieselwetter wird es sehr leicht weich)...
Da gibt als Klassiker die Wisby-Plate-Modelle ("coat of Plates"), bei denen Stahlplatten unter oder auf ein Trägermaterial genietet werden: Bilder gibts in der Maje... Maji... Kreufahrerbibel (http://de.wikipedia.org/wiki/Maciejowski-Bibel) oder bei http://www.armourarchive.org/patterns/wisby_cop/
Irgendwann landet man dann bei der Rüstung 13 aus der Churburg-Sammlung, die mit irgendwann um 1350 allerdings ein Jahrhundert zu spät fertig geworden ist, dafür aber die letzte Konsequenz dieser Art von Rüstung gut zeigt: http://www.churburg.com/willkommen/rundgang/ruestkammer.htm .
- Die vollständigen Plattenrüstungen lassen weiterhin auf sich warten.
Aber "state of the art" ist für normales Fußvolk immer schwer zu erreichen, also blieben die üblichen Gambesons durchaus in Gebrauch, auch ohne die mehr und mehr verbreiteten Kettenhemden.
Bewaffnung
Das Schwert hat seinen Schwenk von der Kriegs- zur Duellwaffe noch nicht vollzogen. Es ist immer noch mit einer Hand zu führen. Einhändig geführte Streitäxte passen auch sehr gut als Schwertersatz und die grundlegenderen Keulen (also nicht gerade die typische "flanged mace") und Morgensterne sind auch nicht verkehrt.
Ergänzt wird das ganze durch einen Schild, ob rund oder schon in Wappenform, ist relativ egal. Zumindest der Mittelgriff wird seltener und die Bemalung geht mehr in Richtung Wappen.
Unter den Waffen für das Fußvolk finden sich Hellebarden, Sturmsensen und Speere; von Zweihändern und Fünfmeterpiken ist noch nichts zu sehen.
Bögen werden immer kräftiger (zusammen mit den Leuten, die sie führen), Langbögen erleben ihr Hoch bei Agincourt 1415, also etwas später. Armbrüste sind ebenfalls beliebt, die schwere Windenarmbrust kommt allerdings auch erst dann, als sie notwendig wird. Angesagt sind also eher leichtere Armbrüste mit Geißfuss. Das stilbewußte fußvolk kombiniert die Armbrust natürlich mit einem Stellschild, der Pavese.
Weitere Informationsquellen
Herbert Norris "Medieval costume and fashion" ist immer lesenswert und hat auch für diese Zeit ein passendes Kapitel: ISBN 0486404862
Gerry Embletons "Mevieval military costume" hat im Gegensatz zum älteren Söldnerleben einen halbwegs lesenswerten und appetitlich bebilderten Teil zum 13.-14. Jahrhundert. Schlägt, was Zeichnungen und Bilder angeht, die üblichen Ospreys um Längen. ISBN 1861263716
David Nicolles "Knight of Outremer" zeigt die im Orient sesshaften Kreuzfahrer und damit ein paar sehr bunte Rüstungskonzepte. Einer der wenigen Fälle, wo ein Osprey gar nicht schlecht ist, was die Bebilderung angeht. Außerdem stammt es aus der Warriors-Serie und beschäftigt sich daher mehr mit einzelnen Personen, als andere Osprey-Serien das tun. ISBN 1855325551
Autoren: TobiasPrinz
Zurück zu: Historische Kleidung