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Charaktertipps/Kaufmann

Der Kaufmann

Einer der interessantesten und vielseitigsten, gleichzeitig aber auch mit am wenigsten bespielten Charaktertypen ist zweifelsohne der Kaufmann oder Händler.

Hintergrund

"Seit der zweiten Hälfte des 11. Jh. entstand in der Welt des Lehnswesens ein neuartiges Element: das mehr genossenschaftlich geordnete Städtewesen. [...] Entscheidende Faktoren sind Straßenlage und Handel. Im Schutze der Mauern der alten Bischofsstädte oder der Burganlagen entwickelten sich Handelsniederlassungen der Kaufleute. Die weitreisenden Fernkaufleute schlossen sich zu Genossenschaften zusammen: in Reisegemeinschaften als Hanse, im Verband am Ort als Gilde. Bereits in karolingischer Zeit genossen die Kaufleute königlichen Schutz: Sie waren persönlich frei und waffenfähig; der Königsschutz enthob sie ferner der Heerbannpflicht." Ehrismann/Kaminsky, Literatur und Geschichte im Mittelalters.

Auch in der Magna Charta von 1215 wurden Sonderrechte für Kaufleute bestätigt:

"41. All merchants shall have safe and secure exit from England, and entry to England, with the right to tarry there and to move about as well by land as by water, for buying and selling by the ancient and right customs, quit from all evil tolls, except (in time of war) such merchants as are of the land at war with us. And if such are found in our land at the beginning of the war, they shall be detained, without injury to their bodies or goods, until information be received by us, or by our chief justiciar, how the merchants of our land found in the land at war with us are treated; and if our men are safe there, the others shall be safe in our land."

Bei der berühmtesten Kaufmannsreise dürfte es sich um die von Marco Polo handeln.

Varianten

Im Grunde gibt es zahllose Abstufungen irgendwo zwischen den Fuggern, deren Macht und Reichtum das Schicksal ganzer Kaiserreiche mitbestimmt, und den bettelarmen Trödlern, die mit Töpfen und Pfannen auf dem Rücken von Ort zu Ort wandern. Generell kann man aber zwischen dem fahrenden Händler, der seine Waren als bewegliches Gut selbst mitführt und direkt verkauft, und dem Handelsherren, der oft wenig mehr als Papiere und Warenmuster dabei hat, unterscheiden.

Handelsherr

Dies ist der Kaufmann, der unterwegs ist, um neue Märkte und Liefergebiete zu erschließen, Verträge auszuhandeln, um über Schiffsladungen voller Gewürze zu verhandeln, über Kredite für Fürsten und Könige. Dieser Charakter kann auch der Abgesandte oder Bote eines mehr oder weniger mächtigen Handelshauses oder einer Handelsgilde sein. Während er vielleicht Warenproben oder Muster dabeihat, führt er doch keinen direkt käuflichen Warenbestand persönlich mit sich herum - es sei denn, er begleitet einen Handelszug oder eine Karawane, die seine Waren transportiert (IT-mäßig jedoch schlecht darzustellen).

Fahrender Händler

Dies ist der klassische Händler, der selbst direkt Waren zum Verkauf anbietet oder zum Ankauf sucht. Er reist von Ort zu Ort, mit seinem Angebot im Gepäck, auf dem Esel oder einem Karren, und schlägt sich durch den Verkauf seiner Waren durchs Leben. Ein fahrender Händler ist zwar meist nicht wirklich reich, aber oft doch wohlhabender als ein einfacher Bauer oder Handwerksgeselle. Man darf den fahrenden Händler nicht mit einem reisenden Handwerker verwechseln, der seine eigenen Waren verkauft - der Händler kennt den Wert verschiedener Waren in verschiedenen Gegenden, kauft, wo es billig ist, ein, und verkauft wieder teurer. Solange er ein gutes Geschäft dabei macht, ist ein Händler auch durchaus bereit, Waren zu tauschen, auch wenn er lieber Silber erhält.

Ausrüstung

  • Waage. Ein Kaufmann sollte immer eine Waage dabei haben - und zwar nicht unbedingt, um Waren abzuwiegen, sondern vor allem, um den Wechselkurs von Geld festlegen zu können, da er im Laufe seiner Reisen vielen unterschiedlichen Währungen begegnen wird.
  • Geld. Ein Kaufmann sollte - je nach dem, wie "reich" man ihn darstellen möchte - immer eine gewisse Menge IT Geld mit sich führen. Dieses kann man kaufen, oder - besser - selbst herstellen. Dabei ist es gut, verschiedene Währungen mit sich zu führen, um frühere Reisen anzuzeigen.

  • Warenmuster. Vor allem der Handelsherr sollte durchaus auch Muster der Waren, um die es geht, vorweisen können. Dazu ist es notwendig, dass sich der Kaufmann mit dem Hintergrund seines Heimatlandes (bzw. dem Ort, an dem er seinen Stammsitz hat) vertraut macht, um sich darüber klar zu werden, welche Artikel er sinnvollerweise anbieten kann und welche er wohl eher sucht. Ein Blick auf die Karte ist hier auch hilfreich. Eine Zentrale, die z.B. im Süden der Mittellande liegt, wird eher Öl, Oliven, bestimmte Gewürze und Hölzer, usw. exportieren, ein Land im hohen Norden vielleicht eher Wolle, Pelze oder Felle. Diese Muster eignen sich auch hervorragend zur Dekoration des Zeltes - ein Waffenhändler hat Waffen und Rüstungen herumliegen, eine Gewürzhändler eher Säckchen, die nach Kaffe, Kakao, Pfeffer oder Ingwer riechen.
  • Waren. Nur der fahrende Händler, der die Waren, die er verkauft, selbst transportiert, sollte solche auch tatsächlich dabei haben und vorweisen können bzw. zu deren Verkauf bereit sein. Hier eignen sich natürlich insbesonders Felle o.ä., wobei es etwas schwierig ist, sich ein glaubhaftes Händlersortimet zuzulegen, ohne dass es teuer oder unhandlich wird.
    • Ich habe gute Erfahrungen als fliegender Händler in Gewürzen und Süßwaren gemacht. Im Asienladen sind exotische Gewürze günstig zu haben und ich habe Feigen, Lokum ("türk. Honig") und Pistazien aus dem türkischen Supermarkt sowie Süßholz im Sortiment gehabt. Dazu aller möglicher Kram, der sich findet und als Zauberkomponente oder so tauglich ist (Muscheln, alte Knochen, bunte Steine). Auch selbst aufgesetzter Kräuterschnaps in Mini-Fläschchen ging immer gut weg. [RalfHüls Ludovicus Buris, fahrender Händler in Zuckerwerk und Specereyen]

  • Geschenke. Für einen Kaufmann ist ein offenes, freundliches Auftreten von großer Bedeutung. Er sollte großzügig sein und auch mal die lokalen Herrschaften mit dem einen oder anderen Geschenk erfreuen.
  • Kleidung. Ein Kaufmann sollte sich eher über seinem Stand zu kleiden versuchen. Wer nimmt einem Händler ab, dass seine Ware von guter Qualität sei, wenn er selbst in Lumpen daherkommt? Nach der neuesten Mode gekleidet, in edle Wolle, Brokat oder Samt (aber KEIN Pannesamt!) und mit Pelz besetzt, innen sei das Gewand mit feinem Leinen gefüttert. Das Gewand sollte dabei seine Üppigkeit durchaus auch in der verwendeten Stoffmenge darstellen. Im Grunde ist nichts zu extravagant oder zu edel. Der Kaufmann muss nur eins meiden: sich mit Zeichen eines Ranges zu schmücken, die ihm nicht anstehen. So sollte er keine Sporen tragen (ein Zeichen ritterlichen Standes), keinen Hermelinbesatz (den Fürsten vorbehalten) und keinen Dusing (ein metallener Ziergürtel, gelegentlich mit Glöckchen. Selbst der fahrende Händler, wenn auch vielleicht nicht so prächtig wie der Handelsherr, sollte sich doch gut genug kleiden, um das Vertrauen der Kunden zu erringen.
  • Bauchladen: für den fahrenden Händler unschätzbar, um auf Turnieren und Feiern seine Waren unter die Leute zu bringen. Ist leicht aus einer stapelbaren Holzkiste und einem Ledergurt hergestellt. Einfach den Gurt an zwei diagonal gegenüberliegenden Ecken an die Kistenseiten schrauben. Dann kann der Gurt über einer Schulter und unter der anderen Achsel hindurch getragen werden und die Kiste liegt stabil vor der Hüfte.

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  • Schreibzeug: Praktisch jeder Händler ist des schreibens mächtig und sollte auch über Schreibzeug verfügen.
  • Siegel: Man sollte, darob man mit Schreibzeug und Schriften zu tun habe, sich mit einem Siegel bez. Petschaft ausstatten.
  • Wappen und Banner: Kaufleute sind selten adlig (auch wenn es vorkommt), und der Beruf eines Kaufmannes gilt dem wahren Adel als wenig edel. Kaufleute haben darob nur selten eigene Wappen o.ä., sondern verwenden dann das Wappen der Gilde.
  • Abacus: Der gute alte Recheneschieber macht auf diejenigen, die nicht rechnen, lesen & schreiben können Eindruck und sorgt dafür, daß Abends das Geld in der Kasse stimmt. --Einhard

Maske

Ein besonders hagerer Spieler mag, um seiner Rolle besser gerecht zu werden, ein Kissen unter seine Gewandung schieben, auf dass er wohlbeleibter daherkomme.

Zu beachten

  • Feinde: Der Kaufmann hat mehrere natürliche Feinde. Dazu gehören zum einen Steuereintreiber und Zöllner, Bettler, sowie alle Arten von Dieben und Räubern.
  • Plot: Es ist für einen Kaufmann durchaus angebracht, sich in einen Plot einzumischen oder dazu beizutragen, wenn er seine Mission oder seine Waren gefährdet sieht.
  • Glücksspiel: Die meisten Kaufleute sind dem Glücksspiel abhold. Sie bevorzugen den weit größeren Nervenkitzel gewagter Investitionen.
  • Religion: In vielen Religionen gibt es Schutzpatrone des Handels - die meisten Händler und Kaufleute, auch wenn sie sonst nicht sehr religiös sein mögen, gehen lieber kein Risiko ein und beachten die notwendigen Rituale und Abgaben.
  • Gilde: Die allermeisten Kaufleute gehören zu einem Verbund, einer Gilde oder Hanse.
  • Bildung: Durch seine weiten Reisen hat der Kaufmann mehr von der Welt gesehen und erlebt, als die meisten Bauern träumen können. Wenn er noch dazu einer wohlhabenden Familie entstammt, ist er zudem gebildet und belesen, auf jeden Fall aber des Schreibens und Rechnens mächtig.

Das lass sein

Ein Kaufmann lebt von seinem guten Ruf. Er sollte also stets darauf bedacht sein, diesen zu wahren. Seine Kunden zu betrügen sollte man also möglichst unterlassen, genauso, gegen die Gesetze des jeweiligen Landes zu verstoßen.

Optional

Neben seinem Hauptberuf (der auch nur Tarnung sein kann) kann der reisende Kaufmann auch noch andere Tätigkeiten ausüben: er ist der perfekte Spion für sein Heimatland, kann aber auch der offizielle Gesandte sein (oder beides).


Ein großartiger Link, einer Living History-Darstellung eines Kaufmanns im 13. Jahrhundert: http://home.arcor.de/mercator-1290


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