Lederrüstungen
Es geht hier um reine Lederrüstungen, nicht um Leder als Trägermaterial für Metallteile.
Historischer Kontext
siehe LederRüstungenHistorisch
Fantasy-Kontext
Dass Lederrüstungen so beliebt sind, verdanken wir vermutlich zum Teil den Fantasy-Rollenspielen wie D&D oder Das Schwarze Auge, die Lederrüstungen mit vergleichsweise hohen Schutzwerten ausstaffieren und auch in einen pseudomittelalterlichen Kontext setzen, wo sie so nie vorkamen. Für typische Fantasy-Völker wie Orks kommt das hingegen recht gut.
Ein weiterer Grund ist, daß sie sich in den Augen mancher LARPer besser tragen und hübscher aussehen. Einige lieben Lederrüstungen, weil sie leichter und anschmiegsamer sind als Metall (Argument "Da bin ich beweglicher").
Bei all diesen (gefühlten) Vorteilen haben Lederrüstungen jedoch auch gravierende Nachteile: Zum einen gilt für Lederrüstungen die gleiche Grundregel, die auch für alle anderen Ausrüstungsgegenstände gilt: Qualität kostet entweder Zeit oder Geld. Leder ist zwar im Verhältnis zu Metall einfacher zu bearbeiten, aber ungleich teurer in der Anschaffung. Leder in Rüststärke (ca. 5mm) wird in der Regel zu m²-Preisen um 100 Euro gehandelt. Weiterhin entscheidet die Verarbeitung massiv über den Preis: So sind vernietete Rüstungen deutlich billiger als vernähte, sehen jedoch auch nicht so schön aus. Das Vernähen von dickem Leder ist jedoch häufig nur per Hand möglich, was den Preis einer Rüstung exorbitant in die Höhe treibt. Rüstungen in der Preisklasse von 300-500 Euro sind häufig im Handel zu finden, damit jedoch immer noch relativ einfache Stangenware. Für dieses Geld sind bereits vernietetes Kettenhemd und Gambeson, sowie einfache aber dennoch hochwertige Plattenteile erhältlich.
Dies bedeutet mit Sicherheit nicht, dass von Lederrüstungen abgeraten werden soll - jedoch sollte man sich bei der Charaktererstellung bewusst sein, dass eine individuelle Rüstung entweder teuer oder zeitaufwändig ist. Dazu kommt, dass dickere Rüstungen ein Plus an Gewicht bedeuten, das man nicht unterschätzen sollte. Selbstredend lebt auch eine Lederrüstung von der Gewandung, die sie ergänzt.
Ein Beispiel für eine individuelle Selbstbaurüstung ist hier zu sehen:
Diese Rüstung wurde nicht professionell gefertigt - der reine Materialpreis (bei regulären Bezugsadressen) liegt bei etwa 450 Euro. Dem steht allerdings ein Arbeitsaufwand von ca. 50-100 Zeitstunden gegenüber. Weiterhin handelt es sich um kein Anfängerstück und aufwändige Verzierungen stehen noch aus. Die Rüstung ist stellenweise (durch Überlappung) 1,5cm dick und wurde aus ca. 3m² Kernleder gefertigt. Die gesamte auf dem Bild abgebildete Ausrüstung wiegt etwa 20kg.
Regelvorschläge
"Realistisch": Unter 5 mm wäre Leder überhaupt nicht als Rüstung anzusehen. Darüber eher als Schockpolsterung, zu tragen über oder unter dem Kettenhemd. Im Vergleich mit dem Gambeson wäre Leder aber immer noch die schwächere Rüstung.
Als gekochte/gehärtete Variante, jedoch dann nur als Arm-Beinschutz-Kombination mit Gambeson und u.U. noch Kettenhemd darunter. Dürfte der realistischen Schutzwirkung genügend Rechnung tragen. Beschlagen wäre noch besser. -GregorH 25.2.07
"Fantasystyle": Man orientiert sich an den DSA oder D&D Ruestungstabellen und lässt keine Diskussion über realistische Schutzwirkung zu.
Softskills und Tipps zu Lederrüstungen
Lederrüstungen haben tatsächlich große Vorteile für Selbstbastler ohne Werkstatt, da Verbindungen und Zuschnitt komplizierter Formen viel einfacher zu machen sind als in Metall. Das gilt auch fürs Formen, Bemalen und Prägen und insbesondere für die Gestaltung der Rüstungskanten. Man sollte sich einen sog. Geissfuss für 5-10 Euro gönnen. Das ist ein winziger Hobel für geschnittene Lederkanten, der wie eine zweizinkige Gabel aussieht. Nicht viel teurer ist ein Reisseisen, mit dem man kantenparallel Rillen bzw. Furchen ins Leder schneiden kann. Auch an Kurven. Das sollte man auch anwenden, bevor man Löcher für eine Naht sticht oder wenn man Nieten in gleichmässiger Entfernung vom Rand setzen will. Um Körperwölbungen auf planes oder tunnelförmig gebogenes Leder zu übertragen, kann man es mit Alkohol (medizinisches Alcogel) einreiben und dann ausbeulen. Das gilt auch für enge Stiefel. Alternativ geht heißes Wasser. Zum Anmodelieren eignet sich eine Kleiderpuppe aus Kunststoff oder eine geliehene Metallrüstung bzw. Helm. Hinterher fetten oder besser Wachs mit einem Heissluftgebläse einziehen lassen. Auf tatsächlichen Schutzwert kommt es im Larp ja eigentlich nicht an. Dagegen sehr darauf, dass etwas hübsch und massiv aussieht, also detailreich gegliedert bzw. strukturiert ist. Dennoch unterschätzen meine Vorredner die Schutzwirkung von Leder, gerade als leichter Helm und Brustpanzer fuer mobile Kämpfer. Als Beispiel seien alte Bergmannshelme und preußische Pickelhauben genannt. Das französische "cuirasse" deutsch Kuerass für Brustpanzer bedeutet wörtlich "Lederling". Die schützen deswegen ausreichend, weil im Schlachtgetümmel die meisten Hiebe nicht mit voller Kraft geführt werden können und das Ziel flexibel federt oder ableitet. Das nützt allerdings weniger bei Geschossen und Stichen mit eingelegter Lanze. Die Formel für die preisgünstige Ausstattung großer Heere im vorindustriellen Zeitalter ist hier: genug Schutz, nicht bestmöglicher Schutz.
PS.: Leder ist deutlich besser zu Polsterwaffen, die es schlagen, bzw. bei Kollisionen mit Mitspielern.
JensN.11.2.2010
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Siehe auch Leder