Meinung: Gegen Vampire als Spielercharaktere
Vampire sind cool, oder?
Es gibt Gründe gegen Vampir-SCs im Fantasy-Larp (wir sprechen hier wohlgemerkt nicht über Vampire-Larp!):
- Wenige bekannte Regelwerke für Fantasy-LARP bieten SCs die Fähigkeiten an, die man gemeinhin mit Vampiren assoziiert (Unverwundbarkeit, außer durch spez. Methoden; Gestaltwandlung; Beherrschung; Übermenschliche Stärke; Fliegen). Selbst wenn man die bekannten Nachteile (Allergie gegen Weihwasser, Sonnenlicht, Knoblauch, etc.) berücksichtigt, ist das heftig.
- Die meisten dieser Fähigkeiten sind nur schlecht oder gar nicht darstellbar, z.B. Gestaltwandeln, Fliegen, Auflösen in Nebel, etc.
- Ein Charakterkonzept, das aus nichts anderem besteht als ein Raubtier zu sein, das andere töten muss, um sich zu ernähren, erscheint einseitig destruktiv. Das Opfer hat nichts davon, weil der Charakter danach tot ist. Ob Vampirisierung seinerseits gewünscht ist, bleibt zweifelhaft.
- Tagsüber liegt ein Vampir in seinem Sarg oder hält sich an einem anderen Ort versteckt. Falls das Versteck von jemandem gefunden wird, gibt es zwei Möglichkeiten für den Vampirspieler: 1. Er spielt tagsüber einen anderen Charakter. In diesem Fall käme es zu Wartezeiten und Unpässlichkeiten, bis er mit dem richtigen Charakter am Versteck eintrifft, um angemessen zu reagieren. 2. Er hält sich den ganzen Tag im Versteck auf und wartet darauf, dass etwas passiert. Beides sind keine echten Optionen.
Einige Spieler haben mit Vampirspielern persönlich schlechte Erfahrungen gemacht ("PowerGamer", "Pappnase") und projizieren diese dadurch aufgebaute ablehnende Haltung zuerst mal grundsätzlich auf alle Charaktere dieser Art.
- Sonderfertigkeiten, wie sie Vampir-Spielern oft anhaften, gelten bei vielen anderen Spielern als sicheres Zeichen für Powergaming, insbesonders, wenn sich diese im LARP spielerisch schlecht oder gar nicht darstellen lassen (s.o.).
Kommentar von Yann?
Ich habe mal versucht, den folgenden Kommentar durch Absätze zu gliedern. --TilmannHolst, 31.3.2004
Mein Problem sind nicht die klassischen Vampire, sondern eben die von White Wolf (tm) erfundene Spielwelt, die meiner Meinung nach nicht ins Fantasy-Larp übertragen werden kann. Ein "klassischer" Vampir ist ein Monster, eine Tötungsmaschine, die sich von Blut ernährt und eigentlich von seinen Fähigkeiten her sehr eingeschränkt ist (Mutterboden, Spiegel, Weihwasser, Sonne z.b.).
Sobald jedoch die (schlecht recherchierte) amerikanische Version als Hintergrund benutzt wird, kommt es zu Problemen ... Zum Einen ist in der WW-Welt der Mensch vom Stärkeverhältnis her nur Futter. Dies ist meiner Meinung nach das größte Problem. Der klassische Vampir wird in diesem System zum Herr der Schöpfung und der Mensch wird zum Statisten degradiert.
Im Larp allerdings ist der Mensch/menschenähnliche Wesen die "Hauptfiguren", anhand derer das Stärkeverhältnis zwischen den Rassen (Vor und Nachteile) gemessen werden sollte. Kommt jetzt ein Spieler auf die glorreiche Idee, einen von WW inspirierten Vampir spielen zu wollen (was meiner Erfahrung nach die meisten Vampir-SCs leider tun), kommt es sehr schnell zu einem Ungleichgewicht zwischen dem Vampircharakter und den anderen Charakteren.
Während des Spiels kommt es dann zu den bekannten Problemen - Menschen wollen Vampir töten, der versucht sich mit seinen "Fähigkeiten" zu retten und es kommt zu endlosen Diskussionnen, schlecht ausgespielten Szenen (sogar "wiederholte Überraschungsangriffe" habe ich schon erlebt) und endlosen OT-Scherereien die beiden Seiten den Spielspaß verderben und meist in gegenseitigen "Pappnasen"-Vorwürfen enden. Dabei liegt der Fehler im System.
Man kann keine Spielidee in ein von "Menschen" dominiertem und relativ ausgeglichenen System einfügen, das von seinem Grundkonzept her ausgeht, dass selbst ein Babyvampir von einem Menschen ohne spezielle Werkzeuge/Fertigkeiten und Vorbereitungen nicht besiegt werden kann. Dies übersehen die meisten, die solche Vampir-Charaktere spielen.
Für mich gehören die Vampire ins NSC-Lager, wo sie sehr stylische und intrigante Charaktere abgeben. Für mich wäre ein SC-Vampir nur spielbar, wenn er ganz normal wie jeder andere Charakter anfängt, allerdings sehr viele Nachteile hat. Die meisten Vampirspieler, die ich erlebt habe spielen den Charakter wegen den Vorteilen ... allerdings sollte der Augenmerk jener Leute mehr auf die Nachteile gerichtet sein. Die sind das Wichtigste und Meistvorkommende im Spiel und die Vorteile sollten mit regulären EPs nach und nach gekauft werden (er hat ja den Vorteil, dass er sich die Fähigkeiten überhaupt als einziger kaufen kann! Das reicht doch als Vorteil). Außerdem werden die Nachteile oft schlecht bis mittelmäßig ausgespielt (gerade was Outtime-Ausrüstung angeht), während die Vorteile immer in Anspruch genommen werden, sogar die unausspielbaren ...
Ein Sarg oder ein Polsterherz bzw. eine Kiste mit Mutterboden sollten wichtiger sein sein als zb. offensive PolsterKlauen, aber das Material für die Vorteile ist meistens da. Und selbst wenn die Nachteile einigermaßen ausgespielt werden, was will man als Vampir auf einem normalen Con - gejagt werden?? Futter suchen?? Oder sind die Vampire doch die geheimen Herrscher der Welt und alle anderen nur ihre Marionetten im großen Schachspiel?? Meiner Meinung nach passt das einfach nicht zusammen, und das gleiche Problem in etwas anderer Form gilt für die Tierwesen im Larp, zumindest alle die, die sich von WW zu stark beeinflussen lassen.
Es ist schon komisch, dass ich mit allen Tierwesen, die nichts mit White Wolf (tm) und den Garou/Bastet etc. zu tun haben, weder als Spieler noch als SL Probleme bekommen habe (Echsenmenschen z.B., ganz normale Charaktere), oder liegt es vielleicht an den White Wolf-Spielern? iIh hoffe nicht, sondern ich denke, dass diese zwei Ideen sehr schlecht ins Fantasy-Larp passen. Man kann solche Charaktere mit Spaß für alle auf den entsprechenden Spartencons spielen, im klassischen Larp allerdings nein, danke! --Yann, 31.3.2004
Siehe auch: Für Vampire als Spielercharaktere
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