Larpmeinung: Sicherheit von Kindern im LARP
Also ... ich bin ja auch mal Kind gewesen und ich kann nur folgendes dazu sagen:
Mit 8 Jahren habe ich mit meinem Bruder und seiner Clique in einem Wäldchen in der Nachbarschaft Baumhäuser gebaut, bin vor der "feindlichen" Nachbarsbande geflüchtet, habe mich als Indianer an Bäume binden lassen und so weiter ... Ausserdem war ich bei den Pfadfindern aktiv und habe mit Feuer gespielt, Beile durch die Gegend getragen usw.
Mit 10 gab es dann die Pfadfinder-Geländespiele, bei denen wir durch die Wälder getobt (und damit meine ich nicht die Spazierwege!) sind um irgendwelche Schätze zu erringen oder Burgen zu verteidigen. Damals war das beliebteste Spiel "Englische Bulldogge". Die Regeln sind so ähnlich wei "Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann", nur dass es darum ging den Gegner zu packen und allein oder mit vereinten Kräften auf den Boden zu zwingen, so dass die Schultern mindestens 3 Sekunden auflagen. Mann war das genial und hat das Spaß gemacht! Und uns war es herzlich egal, dass es dabei so manche Schürfwunde gab und dass alle Pfadis von 10-20 Jahren mitspielen!
Mit 12 habe ich mein erstes Tischrollenspiel bekommen und mit 13 haben ich als DSA-Spielleiterin die erste Gruppe um mich versammelt. In dem alter war ich auf den ersten großen Zeltlagern, habe diverseste Nachtwanderungen und anderes Zeugs mitgemacht ... Allein mit einer 15jhrigen Gruppenleiterin sind wir mit 7 Mädels auf Fahrt gegangen, haben unser Zelt in irgendwelchen Wäldern aufgebaut, ein Feuer im Zelt gemacht (ihr kennt ja diese Schwarzzelte) usw.
Mit 15 ist besagte Gruppe dann in die Wälder rausgezogen und hat mit Stöcken und Holzplatten "Fantasy-Spiele" gemacht. Damals hatten wir vom Begriff "Larp" noch nie gehört!
Mit 18 begegnete ich meinem ersten Freund. Unsere Clique zog damals mit langen dunklen Mänteln durch die Nacht, lieferte sich heftige Stockkämpfe und irgendwann schmiedete besagter Freund (Werkzeugmacher) seine ersten Stahlschwerter, mit denen wir wild aufeinander eingedroschen haben.
Heute bin ich 29, verheiratet und weder verstümmelt noch tot. Und ich sehe auf Mittelaltermärkten irgendwelche Nicht-Larper-Kinder mit Holzschwertern und -schilden rumrennen und einander verdreschen.
Was ich damit sagen will: Ich glaube es kommt gar nicht drauf ob ein Kind mit gefährlichen Sachen rumspielt, sondern ob es gelernt hat damit umzugehen. Bei den Pfadfindern haben wir gelernt, wie man ein Beil richtig trägt. Wir haben gelernt, wie man damit Brennholz macht ohne es sich ins Bein zu jagen. Wir wussten, wie wir uns in Notsituationen verhalten müssen. Uns war klar, dass ein Feuer nur über Nacht brennen darf, wenn ständig jemand die Feuerwache hält. Wir wussten wie ein Feuer korrekt ausgemacht wird und auf welchen Flächen man besser gar keines macht. Uns war sehr wohl klar, dass es weh tun kann, wenn wir bei "Bulldogge" mitmachen wollen und dass wir uns auch sehr wohl raushalten können - aber wer wollte das schon!
Wir wohnten damals in einem Dorf und waren Tag und Nacht auf den Wiesen, in Wäldern, im Dorf unterwegs. Die beste Freundin meiner Mutter lebte in einer Großstadt. Sie hatte eine Tochter in meinem Alter. Als ich so 9 oder 10 war sollten wir mal eben zum Laden gehen und was einkaufen. Ich war völlig überfordert mit der dortigen Verkehrssituation! Ohne meine Freundin wäre ich niemals über die Strasse gekommen!!
Passieren kann immer was - da kann man Kinder nicht vor behüten. Aber Kinder sind nicht dumm. Und sie lernen die Gefahren ihrer Umgebung einzuschätzen und erwerben die Kompetenz mit den "gefährlichen" Dingen umzugehen. Ein Stadtkind, dass nie ein Messer in der Hand gehabt hat, könnte sich mit dem Schnitzmesser wehtun, wenn es das nicht kennt. Es mag sich auf einem Mittelaltermarkt hilflos fühlen, wenn es verloren geht. Es könnte vom Baum fallen, wenn es versucht drauf zu klettern. Und das Landkind könnte allein im Großstadtverkehr von einem Auto angefahren werden.
Kurz und gut: Ich halte es mit der Ronja-Räubertochter-Pädagogik, die besagt, dass ein Kind die Gefahren kennenlernen muss um sich davor in Acht nehmen zu können.
Ehrlich gesagt: Mir sind Kinder, die unter Aufsicht ihrer Eltern auf einem Larp großwerden lieber als halbstarke 18jährige, die überhaupt nicht einschätzen können, welche Risiken sie auf einem Larp eingehen.
Und was die Frage der Rollen und der Identifikation angeht: Wenn ich zwischen Märchen, den modernen Zeichentrickserien und Larp wählen kann, dann finde ich Larp noch das Passendste. Diese ganzen pädagogischen Argumente kommen offenbar von Leuten, die nicht realisieren, dass gemeinsames Larp-Erleben mit den Eltern einen hohen Wert für die Entwicklung der Kinder haben kann. Wenn die Kinder dann noch in einer Spielgruppe aufgehoben sind, kommen noch die sozialen Komponenten dazu. Und nach meiner Erfahrung können auch 6jährige schon sehr gut unterscheiten zwischen: "Das ist der nette Carsten, der gerade mit mir kuscheln mag." und: "Das ist jetzt der Söldnerhauptmann, der so ruppig ist - aber eigentlich steckt der nette Carsten dahinter ...". Ich meine: Nicht umsonst realisieren die Kids spätestens in dem Alter, dass der Typ im roten Mantel mit dem weissen Bart, der einmal im Jahr auftaucht in wirklichkeit Papa ist .... und das muss ihnen noch nichtmal jemand sagen!
Die Auseinandersetzung mit Realität und Phantasie, spielerisches Erleben und das Ausprobieren von Rollen gehört zur Kindheit dazu und daher finde ich dass Kinder durchaus auf entsprechende Larps passen, sofern die Voraussetzungen stimmen.
Die Vorraussetzungen dafür sind: Eltern mit gesundem Menschenverstand und Durchsetzungskraft, die Möglichkeit über Erlebtes zu reden und ein angemessener Spielhintergrund. Natürlich gibt es manche Szenen, die Kids nicht mitkriegen sollten. Da sind sich wohl alle einig.
Letztlich denke ich, dass es nicht darum gehen kann, dass gewisse Kinder nicht aufs Larp passen, sondern dass gewisse Eltern nicht aufs Larp passen!
So .. nu habe ich mich abgeregt. Wer bis hierher gelesen hat, hat meinen Respekt! Danke fürs Zulesen
Alitschka aka Marion
Das kann man so nur unterschreiben, ausdrucken oder auswendig lernen und diversen Eltern und selbsternannten Pädagogen, aber auch berufsbedingt Blinden um die Ohren hauen so wahr ist das. Ich hatte noch nie Probleme mit Kindern auf Larps aber schon sehr oft mit dem beschriebenen lebensunerfahrenen aber unglaublich klugscheisserischem Typus "Stadtkind aus wohlhabender Einzelkindfamilie". Super was die alles nicht wissen vom Leben. Dickes "JA!" zu deinem Artikel. FredSchwohl 12.03.2004
Ebenfalls vollste Zustimmung. Es deckt sich exakt mit meinen Erfahrungen - sowohl selbst als Kind vom Dorf wie auch aus Beobachtungen von Larps. Und hier zwei Positive Beispiele, wo es ganz genau so hervorragend funktioniert hat, Kinder auf Larps mitzunehmen - und diese Kinder wussten schon als Kleine Kinder ganz genau, das wir auch nur "spielen" und nur "so tun als ob":
Die Nadja (ToterLink, 2010-01-04) Christopher aka Waschbär (ToterLink, 2010-01-04)
RobertWaldhans 15.03.2004
Okay, dann ich auch: 2 Kinder in einem Bild :-)
Kleines Contra: prinzipiell würde ich auch bei fast jedem Abschnitt "jawollja" sagen können! Aber ich muß dann doch auch ein "ja, aber... " einfügen:
Ich bin zwar kein Kind vom Lande, aber in einer Kleinstadt und mit sehr naturverbundenen Eltern aufgewachsen. Ich durfte mit meinen Eltern in den Wald, ja auch querfeldein, ich wurde früh in der richtigen Handhabung von Werkzeug unterwiesen.
Mit 5 Jahren habe ich mit dem selbstgebauten Flitzebogen mit Stöckchen pfeilen meinem besten Freund die Brille kaputtgeschossen. Ein GLÜCK war er Brillenträger, sonst wäre es sein Auge gewesen. Seit ich etwa 4 Jahre alt war, hat mein Vater mir die heimische Pflanzen und Pilz Population erklärt, so daß ich giftig von genießbar zu trennen lernte und Dinge, die ich nicht kannte nicht angefaßt habe. Aber!!! Die Gefahr bleibt einfach bestehen! Irrtümer sind möglich, mein Freund könnte auf einem Auge blind sein, obwohl meine Eltern eigentlich alles richtig gemacht haben. Kinder sind eben wie Erwachsene auch NICHT PERFEKT. Kein Kind ist 24h unter permanenter Aufsicht.
Das Argument, daß 18 jährige Doofies schrecklich nerven können, ist doch absolut kein Gegenargument gegen die prinzipiell höhere Gefärdung von sehr kleinen Menschen. Immer und überall! Und eben auch auf LARPs. Unfälle können nun mal passieren!
Wenn ich mal annähme, alles, was mir als halbwegs koordinierten, sportlichem (u.a. 8 Semester Sportstudium) DROGENABSZINENTEN (ja, auch kein Alkohol) Erwachsenen schon auf LARPs wiederfahren ist, würde einem Kind widerfahren, dann wäre es einfach mal ziemlcih KAPUTT. das kann man doch nicht einfach wegdiskutieren.
Ich sage ja nicht, Kinder müssen zu Hause bleiben, aber der Tatsache, daß Kinder prinzipiell gefährdeter sind als Erwachsene darf man sich meiner Meinung nach nicht verschließen. Wenn eben dieser Tatsache Rechnung getragen wird (von Eltern und Mitspieler Seite aus) dann denke ich, kann man die Gefahren "im Rahmen" halten.
Dieser Tatsache Rechnung zu tragen bedeutet meiner Meinung nach aber eben auch, Kinder nicht immer und um jeden Preis auf jedes Spiel mitschleppen zu wollen.
Und es bedeutet auch, rücksicht gegenüber den Mitspielern zu nehmen, die eben das Gefährdungs und das Gefahrenpotential von Kindern anderer Leute eben NICHT einschätzen können!
wenn "der Gesunde Menschenverstand" denn so weit verbreitet wäre, wie wir uns alle wünschen Prokura
ANSONSTEN BITTE IM FORUM DISKUTIEREN, NICHT HIER!
ich würde vorschlagen, die pro Kommentare direkt unter Marions Beitrag auf jeden Fall hier zu löschen und in das Diskussionsforum zu verlegen; den link von Robert von mir aus drin lassen, als nette ergänzung den Beitrag von Dolgan find ich ziemlch redundant und würd ihn auch in das Diskussionsforum verlegen. http://www.larpforum.com/board3/index.php?showtopic=105 (ungültig gewordener Link wurde auf Nachfolgethread geändert, 2010-01-04) über MEINEN eintrag mögen bitte andere entscheiden, ob er als ergänzung hier verbleiben mag oder als Diskussion auch weg soll.
Wenns keine Proteste gibt mach ich das dann einfach nächste Woche so. ok?
prokura
Kinder sind also gefähreter als Erwachsene. Immer und überall. Ja. Und? Wenn sie immer und überall und AUCH auf LARPs gefährdeter sind kann es dann nicht sein, daß man das halt einfach akzeptieren muß?
Meine Tocher Ronja ist schon auf 5 LARPs gewesen, das erstemal als sie gerade vier Monate alt war. (Jetzt ist sie vier geworden und Anfang April steht das nächste LARP auf dem Programm - diesmal mit der dann sechs Monate alten Schwester) Und natürlich ist sie gestolpert und hat sich die Knie aufgeschürft. Natürlich hat sie am Lagerfeuer Rauch in die Augen bekommen, und natürlich hat sie sich im Wald an irgendwelchen Ästen gestossen. Aber das gehört doch dazu. Wenn ich nicht irgendwann anfange mich Gefahren auszusetzen werde ich nie lernen wie ich damit umzugehen habe. Und als kleines Kind hat sie immer noch Eltern in der Nähe, die ihr helfen können.
Klar kann man sagen, daß Kinder auch vollwertige Erwachsene werden können, wenn sie nie im Zelt geschlafen und Holz für ein Lagerfeuer geholt und nachgelegt haben. Man muß auch kein Stockbrot gebacken haben um einmal einen vernünftigen Beruf lernen zu können. Aber ich finde, daß es die Kindheit (und auch später das Leben) bereichert sowas zu tun. Und wir gehen doch alle Risiken ein. Wir müssen nunmal Lebensqualität gegen Sicherheit tauschen. Wenn wir nicht in den Urlaub fahren ist das Risiko einen Reiseunfall zu haben auch viel kleiner. Aber wer so argumentiert wird üblicherweise (und zurecht) für krankhaft ängstlich gehalten.
Es kann passieren, daß man sich mit dem Bogen das Auge ausschiesst. Aber es kann IMMER was passieren. Das kann kein Grund sein nicht mehr Bogen zu schiessen sondern nur nicht auf Menschen und Tiere zu zielen. (wobei letzteres eher schwer zu lernen ist : Ronja hat erst gestern wieder erwähnt, daß sie Appetit auf Vogel hat und da mit ihrem Bogen einen Spatz töten muß, daß sie den essen kann. Wir haben ihr gesagt, daß man das nicht darf. Die Antwort: "Ja, aber ich habe eigentlich Appetit auf Vogel" )
Naja, was ich sagen wollte: Es gibt Gefahren. Und Kinder sind denne eher ausgestzt als Erwachsene, weil sie nicht gelernt haben damit umzugehen. Das ist alles. Sie müssen´s halt lernen und das ist mit Risiko verbunden unabhängig davon, ob sie Feuer schüren oder über die Straße gehen lernen sollen. Man muß den Kindern auch etwas zutrauen und ihnen vertrauen.
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