Editieren Diskussion Vergangenheit Dateianhänge

Meinung/Spielphilosophie/FantasyRealismus

Fantasy und Realismus

Es führt oftmals in LarpForen zu Irritationen, wenn Leute im Zusammenhang mit Fantasy-Szenarien darüber sprechen, ob etwas "realistisch" oder "logisch" sei. Was soll das? Wir spielen doch Fantasy und nicht Mittelalter. Ist da nicht alles irgendwie unlogisch? Kann man den Maßstab der Plausibilität überhaupt an eine Fantasywelt anlegen?

Es gibt einen Unterschied zwischen "realistisch" im Sinne von "mit unserer Welt übereinstimmend" und "realistisch" im Sinne von "plausibel" oder "in sich schlüssig".

Wenn man sich auf ein Fantasy-Szenario einläßt, nimmt man bestimmte Abweichungen von der Realtät billigend in Kauf. Das macht Fantasy aus. Das resultierende Szenario sollte aber auch unter der Voraussetzung dieser Abweichungen in sich einigermaßen schlüssig sein. Das funktioniert - wie ich an anderer Stelle ausführe - nie ganz perfekt, weil z.B. Magie nicht mit realer Physik in Einklang zu bringen ist, aber der Gesamteindruck des Resultats sollte zumindest so gut funktionieren, daß es möglich ist, den eigenen Unglauben aussetzen zu lassen ("Suspension of disbelief").

Zum Beispiel habe ich kein Problem damit, das im Szenario des Films "Liga der außergewöhnlichen Gentlemen" ein Unsichtbarer vorkommt. Das gehört eben zum Fantasy-Element des Films. Wenn aber eine gigantische Nautilus, von der ich aufgrund meiner physikalischen Kenntnisse annehmen muß, daß sie noch einen großen Teil unter Wasser haben muß, um bei ihrer Form schwimmfähig zu sein, nahteng in einen venetianischen Kanal paßt, dann schreit ein Teil meines Hirns "Och nööööö!" und die Szene erscheint mir unplausibel. Und dann klappt es nicht mehr, daß die rechte Hirnhälfte der Linken sagt "Halt die Schnauze und genieß den Film!" wenn die sich beschwert, daß das nicht sein kann. (Oder war es umgekehrt?)

Mit "schließlich ist es Fantasy" läßt sich nur die erste Sorte Unlogik erklären. Ich unterstelle Leuten, die im Fantasy-Kontext bemängeln, daß etwas "unlogisch" sei, daß sie die zweite Sorte meinen.

Nota bene: Natürlich kann die Grenze dessen, was man bereit ist, zu akzeptieren, individuell sehr verschieden sein. Außerdem gibt es die zweite Sorte Unlogik auch in nicht-Fantasy-Szenarien.

--RalfHüls, 20.05.2004