Die Fehde
ACHTUNG!
Dieser Artikel nimmt nicht in Anspruch, eine Regel für "das Larp" aufzustellen.
Er soll dazu dienen, Spielern, die feudale Hintergründe bespielen (also das klassische "Fäntelalter" und Histolarp) eine eine einfache Anleitung zu geben, wie man Konflikte in der echten Feudalzeit (also im Mittelalter) begann und (vor allem!) beendete. Daraus kann sich jeder etwas für sein Spiel mit nach Hause nehmen. Wenn ich im Folgenden von "dem Larp" spreche meine ich also Fantasylarphintergründe mit starken Elementen des Feudalsystems.
Ich habe mich im Laufe meines Studiums (Geschichte) intensiv mit dem Phänomen Fehde beschäftigt, falls jemand meine Quellen haben möchte, kann ich gerne eine Literaturauswahl angeben.
1. Warum dieser Artikel?
Viele Spieler neigen meiner Erfahrung nach (Larp seit 2004) dazu, auf unvorhergesehene Situationen spontan so zu reagieren, wie sie es aus dem realen Leben und/oder Medien (Fantasybücher, -filme, -spiele) oder aus dem "allgemeinen Larpgebrauch" kennen. Das erste ist fast immer völlig uninspiriert, daher nicht für die Situation passend und sorgt für wenig oder gar kein Spiel. Wenn "allgemeiner Larpgebrauch" dazu kommt, werden oftmals Spielmechanismen hervorgeholt, die sich über Jahre unhinterfragt eingefahren haben und leider oftmals schlechtes, oder gar kein Spiel erzeugen. Zu beidem unter Punkt 4.
Die Immersion auf einem Larp profitiert generell davon, wenn Dinge passieren, die nicht dem modernen Weltbild und Verhalten entsprechen. Besonders tolle Spielmomente entstehen, wenn mehrere miteinander interagierende Spieler sich – für moderne Verhältnisse – irrational verhalten, aber ihre gegenseitigen Handlungen in sich konsistent sind und dadurch widerum Sinn ergeben.
Die Fehde ist so ein scheinbar "irrationales" Konstrukt. Wenn aber alle an der Fehde beteiligten passend reagieren, ergibt sich hier ein ganz wunderbares Vehikel um verschiedenste Spielsituationen sehr zu bereichern.
2. Was Fehde nicht ist:
Im Histolarp und darüber hinaus wird Fehde viel zu oft mit zwei Dingen verwechselt, die damit rein gar nichts zu tun haben: Duell und Rebellionen. Das ist sehr schade, da die mittelalterliche Fehde deutlich mehr Spielansätze birgt.
Zu oft wird im Larp automatisch von einem obrigkeitlichen Hierarchiestaat ausgegangen, in dem jeder Herzog über jedem Grafen und diese wiederum über jedem Ritter stehen. Dieses Denken ist dem Mittelalter aber völlig fremd. Duelle sind eine Erfindung der frühen Neuzeit, einer Zeit, in der Fehde verboten und durch staatliche Mittel auch wirksam unterbunden werden konnte. Trotzdem hatten Adelige das Bedürfnis, Beleidigungen Mann gegen Mann auszutragen, weshalb man sich heimlich im Morgengrauen traf.
Rebellionen von Rittern und Adeligen sind im Mittelalter unbekannt. Erstens darf jeder Ritter und Adelige gegen jeden anderen Ritter und Adeligen kämpfen, wenn es hierfür genügend handfeste Gründe gibt (s.u.). Ein Ritter ist in dem Fall z.B. zu einem Herzog "gleichwertig".
Fehden waren nie dafür da, einen Herrscher, oder eine herrschende Klasse abzusetzen. Rebellionen haben aber eben das zu Zweck. Ein Landesherr war immer von Gott eingesetzt und deswegen in seiner Herrschaftsgewalt an sich unantastbar. Das betrifft natürlich nicht die Verfügung über einzelne Rechte, wie einzelne Güter und Lehen (s.u.). Ein Angriff eines "niederen" Adeligen auf einen "höheren", ist völlig legitim, sofern es hierfür genügend Gründe (Rechtsbrüche des höheren Adeligen) gibt. Auch ist ein Herrscher nur aufgrund seines Gottesgnadentums selbstverständlich nicht unfehlbar und wird auch regelmäßig von seinen Untersassen (Ritter, Städte, ggf. auch Prälaten) hinterfragt. Auch muss er sich für Rechtsbrüche verantworten und hat keine Narrenfreiheit! Kommen wir aber zur Fehde an sich:
3. Das Rechtsinstrument "Fehde":
Die Fehde war ein allgemein anerkanntes Instrument, um eine tatsächliche oder vermeintliche Beeinträchtigung eigener Rechte zu sühnen. Die Fehde stand jedem Ritter und Adeligen uneingeschränkt zu. Sobald ein Adeliger einen Anderen in einem Recht beschnitt und sich nicht davon abbringen lassen wollte, suchte der Geschädigte im Regelfall sein Recht in einem Gerichtsprozess beim Lehnsherrn des Schädigers geltend zu machen. Wurde dem Geschädigten das Recht zuerkannt, durfte er den Schädiger (ggf. mit Hilfe des Gerichtsherrn) offen befehden. Dies geschah, indem er die Besitzungen des Gegners brandschatzte, bis dieser aufhörte, ihn in seinem Recht zu beschneiden. In erster Linie wurde nicht der offene Kampf gesucht. Es wurde sogar absichtlich vermieden, den Gegner zu töten! Einerseits wurde das Töten eines Menschen im Mittelalter weitaus strenger bestraft als heutzutage, andererseits hätte das nur weitere Schritte der Familie, Freunde und den Lehnsherrn des Toten heraufbeschworen. Das fing beim Verklagen des Mörders an und hörte wiederum beim Überziehen mit Fehde auf.
Wenn man jedoch in einer Fehde dazu über ging, sich gegenseitig zu belagern, wurden Ritter und Adelige, sofern möglich, geschont und nur gefangengenommen. Aufgrund verschlungener Verwandtschafts- und Treueverhältnisse konnte es durchaus vorkommen, das befreundete oder gar verwandte Ritter und Adelige sich gegenüberstanden. Dass man sich in dieser Situation nicht gegenseitig umbrachte, ist selbstverständlich - Trotzdem war eine Fehde natürlich kein Kindergeburtstag.
3.1. Wer darf Fehde führen?
Die Fehde stand als Rechtsinstrument jedem Ritter, Adeligen und jeder Stadt gegen jeden anderen Ritter, Adeligen und gegen jede Stadt zu. (Bauernfehden gabs auch, da bin ich aber aktuell noch unterinformiert).
Ein einfacher Ritter konnte völlig selbstverständlich einen Herzog oder auch seinen eigenen Lehnsherrn befehden! Damit befand er sich keinesfalls (automatisch) im Unrecht. Im Gegenteil gab es sogar regelrecht eine Pflicht zur Fehde. Sobald ein Ritter oder Adeliger sich in seinem Recht beschneiden ließ und eine Antwort vermissen ließ, konnte er sehr schnell sein Gesicht und damit seine Ehre verlieren. Ein Recht, dass man nicht in Anspruch nahm oder sich leichtfertig abjagen ließ, konnte man schnell dauerhaft verlieren. Dies und/oder ungesühnte Beleidigungen zeigten Schwäche, die dem mittelalterlichen Adelsethos zuwiderlief.
3.2. Fehde gegen höhere oder den eigenen Herren:
Der vielgeschmähte Raubritter ist eine Erfindung des 19. Jhs. die es in der Form nie gegeben hat. Wenn in mittelalterlichen Quellen Raubritter auftauchen handelt es sich dabei zumeist um ein politisch motiviertes Manöver. Im Spätmittelalter kam es nicht selten vor, dass kleine Adelige und Ritter Gläubiger von Landesherren (Grafen, Herzögen, Bischöfen etc.) waren. Konnte ein Landesherr seine Schulden nicht zahlen (was regelmäßig vorkam), vergab er im Regelfall freiwerdende Lehen oder auch die Einnahmen aus Gütern oder Zollstätten für einen gewissen Zeitraum an Gläubiger, damit diese ihre Schulden daraus zurückholen konnten. Blieb ein Landesherr einem Gläubiger lange schuldig, gingen Gläubiger nicht selten dazu über, den Landesherrn direkt zu befehden, oder unter seinem Schutz stehende Kaufleute auszurauben, um ihre Schulden einzutreiben. Im letzteren Fall konnte der Landesherr durch die Titulatur „Raubritter“ bzw. „Friedbrecher“ dafür sorgen, dass umliegende Landesherren sich mit ihm zusammen gegen die Gläubiger wandten und diese bekämpften. Selbst wenn die Gläubiger besiegt wurden, wurde keine Willkür betrieben. Es sind große Mengen an Sühneurkunden erhalten, die den Umgang mit den Besiegten minutiös wiedergeben: es wurde freies Geleit garantiert, man behielt Lehen und Güter. Sogar die Rückzahlung der Schulden an die Gläubiger wurde genau festgehalten. Die Titulatur „Raubritter“ diente in dem Fall einfach nur dazu, eine größere Eskalation zu verhindern und die marodierenden Gläubiger im Zaum zu halten.
3.3. Wie wird Fehde beendet?
Beendet wurden Fehden entweder damit, dass eine Seite aufgab und Sühne leistete – zumeist in einer Sühneurkunde festgehalten. Hiermit hatte die andere Seite automatisch Recht bekommen, egal, wer den ersten Rechtsbruch begangen hatte. Es konnte auch vorkommen, dass Vermittler eingriffen und für einen Vergleich zwischen den Parteien sorgten.
Eine im Larp auch weniger bekannte Tatsache ist, dass alle Adeligen und Ritter im Spätmittelalter ohne Ausnahme immer mehreren Herren verpflichtet waren. Das konnten mitunter Dutzende sein, je nach dem, von wem man alles Lehen annahm. Das stellte weder für Lehnsherren noch für belehnte irgendein Problem dar. Selbst der Kaiser hielt in seiner zweiten Funktion als Landesherr seiner Hauslande zig Lehen von anderen Herrschern und umgekehrt.
Ritter versahen für all ihre verschiedenen Herren ähnliche Aufgaben:
- als Vasallen (Aufgabe: Urteiler im Lehnsgericht),
- Amtleute (Aufgabe: Verwaltung eines Amtsbezirkes, Sammlung und Abführung der Abgaben, bereitstellung des Aufgebotes etc.),
- Vermittler,
- Zeugen
- Boten / Botschafter
- Allgemein Anwesenheit bei zeremoniellen Anlässen zur Repräsentation
Außerordentlich interessant war dabei folgende Tatsache: Sobald ein Herr mit einem anderen in Fehde liegt, müssen sich die mit ihnen vielfach verbundenen Ritter entscheiden, zu wem sie nun halten. Raushalten war keine Option! In solchen Fehdezeiten kann man wie aus dem Lehrbuch beobachten, wie die Ritter beim nun jeweils gegnerischen Herrn die bisherigen Lehen aufsagen (also zurückgeben) und die Beziehungen zu diesem Einfrieren. Die Fehde wird nun geführt (s.o.) und dann beendet. Was passiert aber nun mit diesen gekappten Verbindungen? Innerhalb kürzester Zeit entstehen diese wieder neu, als ob nie etwas gewesen wäre! Aufgesagte Lehen werden zurückgegeben und sonstige Aufgaben wieder aufgenommen.
Wieso das ganze?
Die Landesherren konnten die o.g. Aufgaben nur an Ritter ausgeben. Besitz und damit hohes Einkommen befähigten einen Ritter zur Ausübung z.B. einer Amtmannschaft. Das konnten sich daneben nur reiche Patrizier leisten (von denen aber auch viele - z.B. aus Köln oder Aachen - gerade im 14. und 15. Jh. auf Ländliche Burgen zogen und ganz selbstverständlich in der regionalen Ritterschaft aufgingen).
Keine Ritter = keine Landesverwaltung!
Der Landesherr hat also einerseits ein immanentes Interesse daran, die ehemaligen Gegner wieder in seinen Dienst zu integrieren. Umgekehrt hat ein Ritter auch das immanente Interesse, sich in den Dienst mehrerer Herren zu stellen! Durch die Bindung an einen Herrn während der Fehde engt sich der politische Handlungsspielraum jedes Ritters extrem ein. Im schlimmsten Fall geht erganz langsam seiner Freiheiten verlustig und wird in der Landesherrschaft aufgesogen. Nach einer Fehde gilt es also, als der Ursprungszustand wiederherzustellen und Verbindungen zu vielen Herren aufrecht zu erhalten, damit man sich seine Freiheit zwischen den verschiedenen Landesherren erhalten kann.
Zuletzt sehen auch die o.g. Sühneverträge vor, dass aufgesagte Lehen an den bisherigen Besitzer vergeben werden, entfremdetes Gut rückerstattet wird und man sich gegenseitig Entschädigung zahlt. (Es gibt auch solche Verträge, die nur eine einseitige Entschädigung durch den Unterlegenen vorsehen, die sind im Spätmittelalter aber schon starker Tobak. ) Die Unterlegenen wie auch die Sieger besiegelten diese Sühneurkunde gemeinsam und versprechen sich darin Frieden und Freundschaft. Natürlich hielt das mitunter nicht lange - es geht hier aber um die Geisteshaltung der damaligen Menschen! Durch die Anerkennung des Sühnevertrages akzeptierten die Unterlegenen ihre Niederlage und die Sieger wurden als solche schriftlich festgehalten. Man hatte sein Mütchen gekühlt und konnte wieder an den Alltag gehen. Dem Gegner dauerhaft zu schaden hätte niemandem irgendetwas gebracht und ist niemandem in den Sinn gekommen.
3.4 Unrechte Fehde
Die einzige Tat, die im Zusammenhang mit Fehde als Verbrechen eingestuft wurde war die "unrechte Fehde". Diese war vorhanden, wenn derjenige, der die Fehde beginnt, keinen Fehdebrief schreibt ("aufsagt"), oder sich nicht durch das Urteil eines Gerichtes bzw. Schiedsgerichtes in seiner Position absichert. Konkret heißt das: Ritter A wird von Ritter B in seinem Recht beschnitten. Zieht A nun B vor ein Gericht und bekommt Recht, oder schreibt er ihm einen Fehdebrief ("sagt ihm auf"), darf er dessen Höfe brennen und ihn damit zwingen, einzulenken. Geht Ritter A aber ohne Urteil oder ohne eine Aufsage zu tätigen auf die Besitzungen von Ritter B los ist A der Friedbrecher und B darf sich Hilfe bei dessen Landesherrn erbitten.
4. Was im Larp schief läuft und wie man es besser machen kann:
4.1 Unangemessene Reaktionen auf Fehdeerklärung:
Ich möchte hier eine Episode schildern, die stellvertretend dafür steht, was im Larp zum Thema Krieg und Fehde generell schief läuft. Sie passt als Beispiel sehr genau auf das zu Beginn des Artikels genannte Verhalten, ohne Sinn und Verstand auf eine unvorhergesehene Situation zu reagieren und damit schlechtes Spiel zu erzeugen, oder gar Spiel komplett zu verhindern.
Ein mir bekannter Ritterspieler hatte einem Herzog (beide bespielen feudale Hintergründe) die Fehde erklärt, nachdem dieser ihn unangemessen behandelt hatte. Der Herzog setzte daraufhin ein Kopfgeld auf den Ritter aus.
Das ist das gute Recht des Spielers, da ich ihm nicht vorschreiben kann, wie er zu spielen hat. Es gibt hier aber zwei massive Probleme:
- Der Ritterspieler völlig seiner Handlungsmöglichkeiten beraubt. Der Spieler kann sich nicht auf demselben Con aufhalten (außer PvP), wie der Herzog oder seine Truppe. Außer zu Kreuze zu kriechen oder sich fangen zu lassen bleibt ihm nichts. Das ist aktive Spielverhinderung.
- Wenn man es nach feudaler Logik bewertet, kommt man sehr schnell darauf, dass das Verhalten des Herzogs zu einem kompletten Ehr- und Gesichtsverlust seiner Person geführt hätte.
Ein Kopfgeld auszusetzen zeigt, dass er sich nicht traut, einem anderen Adeligen gegenüberzutreten. Zudem behandelt er einen Ehrenmann wie einen Strauchdieb. Solche Spielsituationen sind meiner persönlichen Meinung nach eher unschön - wäre es doch gerade in diesem Fall viel Spielfördernder, wenn man seinen Gegner ehrenhaft behandelt und durch großzügiges Verhalten zeigt, dass man als Herzog keine Furcht vor einem einfachen Ritter hat; wahrhaft herzoglich würde sich der der Mann schließlich geben, wenn er ihm für das Ablassen von der Fehde noch ein großzügiges Lehen anböte, da er gesehen habe, welch tapferer Mann der Ritter sei. Ritterliches Verhalten ist nach heutigem Maßstab unlogisch - aber sehr Spaß- und Spielbringend!
4.2 Vernichtungskrieg
Krieg wird im Larp meistens sehr einfach begründet, frei nach dem Motto "XY ist böse und muss bekämpft werden". Kann man machen, ist aber ggf. ein sehr unbrauchbares Konzept.
Es sorgt dafür, dass diese Feindschaft auf einer sehr fundamentalistischen Ebene geführt wird: Der Gegner wird zum Feind, man kann nicht miteinander reden, sondern ist ausschließlich auf Vernichtung aus. Hat man aber menschliche Gegner, die im Spiel noch dem gleichen Kulturkreis entstammen (z.B. Pilgerlager und Lager des Königs auf dem Epic Empires) kommt dieses Konzept schnell an seine Grenzen. Der Gegner ist nämlich nicht einfach nur böse, er hat Gesichter, Namen, Persönlichkeiten.
Die Alternative zum fundamentalen Krieg ist hier ebenfalls das Konzept der Fehde: Man steht sich in einem Konflikt gegenüber, da es anders (Schiedsgericht, Vermittler) keine Einigung in einer Streitfrage gibt. Man hasst sich aber nicht (unbedingt); die Teilnahme am Konflikt ist eine rechtliche Notwendigkeit (s.o.). Der Gegner bleibt ein Gegner und wird nicht zu einem Erzfeind, er wird nicht dämonisiert - das bedeutet aber auch, dass man den Streit pausieren kann, wenn nötig.
Konkretes Beispiel: Auf dem Epic Empires geht es darum, dass die Lager, darunter auch das Pilgerlager und das Lager des Königs, sich um den Besitz des Landes streiten. Dabei haben beide Lager den Anspruch, dass jeder, der im Land wohnt, die Oberhoheit der jeweils eigenen höheren Macht anerkennt. Ganz konkret: die Pilger wollen, dass die königstreuen die Heilige Clara anerkennen, die königstreuen, dass die Pilger ihren legendären König akzeptieren. Damit das EE keine langweilige Larp-UNO wird und man schöne Gegner im Kampf hat, wird das natürlich nie passieren, wofür jedes Lager seine eigenen Hintergründe geschrieben hat. Man "klärt" diesen Zwist um das Land also in der Dauerfehde "Epic Empires" (die natürlich nie beendet sein wird, so lange das EE läuft). Kommen aber nun Ritter des Pilgerlagers und Ritter des LDKs auf einem Con auf derselben Seite zusammen, ergibt sich scheinbar ein Problem: Wie mit dem Gegner von vor kurzem umgehen? Sich einfach drei Tage lang dauernd gegenseitig umbolzen ist keine Option. Einfach ignorieren ist – wir lasen es oben – kein Spiel. Was also tun?
Hier besinnt man sich am besten auf das Prinzip der Fehde: Man hasst sich nicht, sondern nutzt die Fehde als Rechtsmittel. Da es auf dem Con ein anderes Ziel gibt als den Besitz von Streitland, kann man miteinander unter Parlamentärsflagge sprechen, sich - temporär - frieden Schwören und bis zum Ende der gemeinsamen Unternehmung mehr oder weniger freundlich miteinander umgehen.
Dabei ist ganz klar spielerisches können gefragt: fundamentalen Hass kann jeder spielen, das ist einfach. Wenn man sich gerade aus OT-Gründen nicht gegenseitig umhauen darf, redet man gar nicht miteinander, das liefert aber leider auch kein Spiel.
Fehde, bzw. pausierte Fehde ist viel diffizieler, aber daher auch viel Spaßbringender: Vielleicht stellt man ja fest, dass der gegnerische Ritter, den man nun ja kennen lernt, total nett ist und (neben König und Clara) vielleicht sogar der gleichen Gottheit huldigt? Wenn man sich wieder gegenüber steht, kann man ja versuchen, gerade diesen Ritter gefangen zu nehmen, damit er nicht von übereifrigen Knechten versehentlich getötet wird. Oder man zickt sich hier und da ein wenig gegenseitig an und spielt sich harmlose Streiche, die den Frieden nicht stören, aber klar sagen, dass man beim nächsten Feldzug wieder Gegner sein wird. Kernpunkt ist hierbei, dass sich beide Seiten als Leute von Ehre sehen und behandeln, DAS erzeugt Spiel
5. Zusammenfassung
Fehde zu führen war nicht auf Hass oder Fundamentalismus gegründet, sondern eine rechtliche Notwendigkeit. Wer sich in Recht und Ehre beschneiden lässt, ohne dagegen etwas zu tun, verliert sein Gesicht. Wenn Recht und Ehre wiederhergestellt sind ist aber auch wieder alles in Butter.
Fehde war ein System von gegenseitigem Druck. Man setzt seinem Gegner indirekt so lange zu, bis dieser das tut, was man will. Wenn der Gegner sich zu lange widersetzt, setzt man dessen Freunde, Verwandte und Lehnsleute unter Druck, bis die wiederum auf den Gegner einwirken, die Fehde zu beenden.
Eine weitere Möglichkeit neben dem abfackeln des Gegnerischen Besitzes war die Gefangennahme des Gegners, oder seiner Mitstreiter. Es gibt ein paar sehr berühmte Beispiele, wovon ich zwei herauspicken möchte: Graf Wilhelm IV. v. Jülich lag im 13. Jh. dauernd mit den Erzbischöfen von Köln in Fehde. Dabei gelang es ihm, Erzbischof Konrad von Hochstaden und seinen Nachfolger Engelbert II. jeweils gefangen zu nehmen und teils für mehrere Jahre auf seiner Burg Nideggen festzuhalten.
Diese mussten sich dort auf eigene Kosten verpflegen und ihr Land war währenddessen führerlos. Der Graf hielt die Erzbischöfe jeweils so lange fest, bis sie seinen Forderungen nachgegeben hatten. Die Sühneurkunden sind erhalten, darin sind exorbitante Entschädigungszahlungen an den Grafen für die Fehdeschäden und u.a. auch für den "Aufenthalt" in Nideggen bestimmt.
Bei Fehden zwischen Städten (alltäglich im Mittelalter) und Adeligen und Städten war es ebenfalls üblich, gegnerische Bürger und Kaufleute bzw. Untergebene gefangen zu nehmen und so den Gegner unter Druck zu setzen, die Fehde in seinem Sinne beizulegen.
Das absichtliche Töten bzw. Vernichten des Gegners konnte also gar kein Bestandteil der Fehde sein, da man den Gegner brauchte, damit dieser die jeweiligen Forderungen umsetzen konnte.
Gregor_H., 25. September 2017 Ursprünglich im Larper.Ning.com als Blog gepostet.