Messer schärfen
Inhaltsverzeichnis
Hier möchte ich einen kleinen Leitfaden zum Thema scharfe Messer und Messer schärfen bieten.
Diese Anleitungen sollen sich insbesondere an Laien und Leute richten, die bisher nur die Fabrik-Schärfe von Messern kennen bzw. das schleifen von Messern erlernen wollen.
Was ist schärfe?
Zunächst muss unterschieden werden zwischen "Keilschärfe" und "Scherschärfe".
Bei Keilschärfe wird das Schnittgut mittels eines Keils (Klinge) zerteilt.
Bei Scherschärfe wird die Teilung des Schnittgutes durch eng aneinander vorbei geführte, (nahezu) rechtwinklige Klingenkörper erreicht. (Ugs.: Die "Schnittkante" wird "zerquetscht".)
Scherschärfe ist an Messern nicht zu finden. Dennoch werde ich hier unter Scheren schärfen noch darauf eingehen.
Für Messer interessiert uns die sog. Keilschärfe.
Der Begriff kommt daher, dass die ideale Klinge (theoretisch) einen perfekt dreieckigen (keilförmigen) Querschnitt hat.
Wikipedia erklärt das so:
Schärfe ist eine geometrische Größe an Schneiden. In idealisierter Form denkt man sich die Schneide als zwei Ebenen die unter einem spitzen Winkel auf einander zustreben. Der Querschnitt ist in idealisierter Form ein Dreieck. Bei realen Schneiden ist die Spitze des Dreiecks mehr oder weniger abgeflacht. Die Schärfe ist die Breite des entstandenen Stumpfes.
Natürlich wäre alles wunderbar einfach, wenn jedes Messer diese ideale Schneidkante hätte (dann wären sie nämlich alle scharf wie ein Rasiermesser), aber leider ist das nicht so.
Wikipedia meint dazu:
Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Schärfe einer Klinge nicht von Dauer, sondern ein temporärer Zustand ist. Auch wenn eine Klinge nicht beansprucht wird, kann durch verschiedene Vorgänge (z. B. Korrosion) die Schärfe verringert werden. Wie lange unter jeweiligen Bedingungen eine Schärfe bestehen bleibt wird durch den Begriff der Schnitthaltigkeit beschrieben. Bei einigen Anwendungen wird Wert auf hohe Schärfe bei geringer Schnitthaltigkeit gelegt (Klingen werden häufig erneuert, nachgeschliffen), bei anderen hingegen ist die Schnitthaltigkeit wichtiger (kein Klingenwechsel, kein Nachschärfen ohne Aufwand möglich).
Werbeaussagen von Klingenherstellern, die eine "besonders hohe Schärfe" versprechen, sind mit Vorsicht zu genießen, da auch die schärfste Klinge nach mehr oder weniger langem Gebrauch ihre Schärfe verliert und stumpf wird.
Eine (nicht mehr ganz scharfe) Messerklinge sieht unter dem Mikroskop so aus:
Man kann also festhalten:
- die ideale Klinge gibt es nicht.
- alle Klingen werden mit der Zeit stumpf.
Diese Tatsache ist der Grund, warum wir unsere Messer überhaupt schärfen müssen.
Beim schärfen versuchen wir diese "Buckelpiste" aus Graten, kleinsten Ausbrüchen, Verformungen und Abnutzung wieder in eine glatte, scharfe Schneide zu verwandeln.
Dies funktioniert nur durch abtragen des zerstörten Materials - wir müssen die zerstörten Schneidenteile also weg schleifen.
Am besten funktioniert das mit Schleifsteinen und Übung. (dazu mehr im Bereich Schärfwerkzeuge)
Grundsätzlich ist es sinnvoll ein Kühlmedium (Öl oder Wasser) auf dem Schleifstein zu verwenden, da so nicht nur der Schliff feiner wird, sondern auch eine Überhitzung der extrem dünnen Schneidkante entgegengewirkt wird.
Stahl verliert durch Hitze an Härte, was dazu führt, dass die Klinge weniger schnitthaltig ist, also schneller stumpf wird.
Schneidkanten sind im Idealfall nur wenige Mikrometer "dick" und erhitzen sich beim schleifen ohne Kühlmittel auch mit wenig Kraft und ohne technisches Gerät erstaunlich hoch - auch wenn es kaum fühlbar ist. Daher sollte man Klingen grundsätzlich nur "nass" schleifen!
Um die Schärfe eines frisch geschärften Messers zu prüfen gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Alle diese Prüfungen sollten mit Vorsicht durchgeführt werden!
Zwar passieren statistisch gesehen mehr Unfälle mit stumpfen, als mit scharfen Klingen, aber dennoch sollten scharfe Klingen immer mit Sinn und Verstand gehandhabt werden!
- Fingernagel ohne Druck über die Klinge führen
(eine scharfe Klinge "beißt" etwas in den Nagel und verursacht eine kleine Kerbe. Dabei sollten keine "Zupfer" oder andere spontane Widerstände fühlbar sein. Diese würden nämlich auf Grate oder Ausbrüche hindeuten. Eine stumpfe Klinge gleitet einfach ab.)
- Schnitt durch frei gehaltenes Stück Papier
(haltet ein Stück Papier in der einen Hand und führt das Messer mit der anderen Hand schräg von Oben, weg von eurer Hand durchs Papier. Eine scharfe Klinge zerteilt das Papier. Eine stumpfe Klinge schiebt das Papier zur Seite - "beißt nicht" oder zerreißt das Papier - erkennbar an ausgefransten Kanten.)
- Rasurtest an Unterarm oder Wade
(Hier sind vergleichsweise dicke Haare auf unempfindlichen Hautpartien zu finden. Führt das Messer mit sehr leichtem Druck und nur leicht schräg über eure Haut. Ein scharfes Messer rasiert die Haare ab und fühlt sich "glatt" an. Reißt die Klinge an den Haaren oder kratzt sie stellenweise an der Haut ist dies ein Zeichen für Grate oder Ausbrüche. Ein stumpfes Messer gleitet über die Haare, reißt, zupft und kratzt, und schneidet (bei zu viel Druck) in die Haut. VORSICHT!)
- Haartest (für eine wirklich "haarscharfe" Klinge)
(Ein einzelnes Haar wird zwischen zwei Fingern horizontal gehalten. Die Klinge wird in ca. 1cm Abstand von unten an den Fingerspitzen vorbei geführt. Eine "haarscharfe" Klinge zerteilt dabei das frei hängende Haar mit einem leisen "Ping". Auf einem zu stumpfen Messer gleitet das Haar einfach ab. Dieser Test ist idR. nur für Rasiermesser sinnvoll, da eine derart feine Schneidkante für Gebrauchs- und Küchenmesser nicht notwendig ist und dadurch lediglich die Schnitthaltigkeit leiden würde.)
Schliffarten
Bei genauerem Hinsehen stellen wir fest, dass nicht alle Messer gleich aussehen. Insbesondere die Unterschiede in der Schliffart sind für uns interessant.
Es gilt zu unterscheiden zwischen Wellenschliff und glatten Klingen.
Wellenschliff ist insbesondere bei Brotmessern und teilw. bei Outdoor- oder Rettungsmessern zu finden. Diese Klingen haben "Zähne" und müssen beim schärfen besonders behandelt werden.
Glatte Klingen finden sich an den meisten Gebrauchsmessern, wie z.B. Gemüse-, Fleisch-, Fisch-, Hack-, Schäl- und anderen Messern.
Dazu kommt, dass der "Anschliff" das Profil der Klinge (die "Klingengeometrie") verändern kann:
Ein durchgehender Flachschliff ist äußerst selten und praktisch nur bei speziellen Outdoor-Messern zu finden. Beim durchgehenden Flachschliff wird die Klinge von der Schneidkante bis zum Klingenrücken im geraden Verlauf dicker. Eine "Schneidfase" in näheren Sinn existiert nicht. Diese Geometrie erzeugt relativ dicke und schwere Klingen mit sehr feiner Schneide, die tendentiell wenig schnitthaltig ist und daher praktisch nur aus besonderen Stahlwerkstoffen hergestellt wird, die besonders robust und hart sind. Daher kommt auch die geringe Verbreitung dieser Schliffart. Beim schärfen dieser Schliffart muss stets jeweils die gesamte Klingenseite geschliffen werden, was viel Materialabtrag und langwieriges Schleifen bedeutet.
Der Flachschliff mit Schneidfase ist eine sehr häufige Schliffart bei fertig gekauften Klingen, da diese Schliffart in wenigen Arbeitsschritten maschinell gefertigt werden kann. Diese Schliffart ist für uns recht einfach zu schärfen. Das geht so weit, dass es sinnvoll sein kann andere Schneidengeometrien auf diese Schliffart zu "reduzieren", um weniger Material abtragen zu müssen und so schneller zu einem guten Schärfergebnis kommen zu können.
Beim Flachschliff mit Haupt- und Hilfsfase wird zusätzlich zur relativ flachen Hauptfase noch eine kleine Hilfsfase angebracht. Diese Schneidengeometrie erzeugt eine sehr gute Schnitthaltigkeit bei gleichzeitig noch guter "Bissigkeit". Zudem kann sie bei richtiger Anwendung den Schleifprozess noch effizienter machen. Die Klingengeometrie nähert sich sehr der "balligen" Schliffart an.
Die bekanntesten Klingen mit Hohlschliff sind vermutlich Rasiermesser. Hier wird ein relativ dicker Klingenrücken zu einer äußerst dünnen Schneide ausgeschliffen (bei Rasiermessern ca. 0,5-0,1mm). Beim schärfen erhalten diese Klingen eine sehr schmale Schneidfase mit sehr spitzem Winkel. So kann mit dieser Schliffart (bei geeignetem Stahl) die berühmte "Haarschärfe" erreicht werden. Dafür muss diese Schneide häufig gepflegt (abgezogen) werden. Diese Klingengeometrie ermöglicht also extreme Schärfe bei sehr geringer Schnitthaltigkeit. An Gebrauchsmessern ist diese Schliffart daher äußerst selten zu finden.
Beim balligen Schliff geht die Klingenseite "fließend" in Haupt- und Hilfsfase, bis zur Schnittkante über. Diese Schliffart ist im Prinzip die ideale Form für gebrauchs- und Outdoor-Klingen, da hier eine akzeptable Schärfe bei gleichzeitig sehr hoher Schnitthaltigkeit erreicht werden können. Leider lässt sich diese Schliffart praktisch nur mit Spezialmaschinen herstellen, weshalb sie beim nachschärfen oft auf Die Schliffart mit Haupt- und Hilfsfase reduziert wird, welche dem balligen Schliff nahe kommt, aber auch von Hand erzeugt werden kann.
Zusätzlich unterscheiden wir zwischen "einseitigem" und "beidseitigem" Anschliff.
Wie die Bezeichnungen schon vermuten lassen, wird bei einseitigem Anschliff nur eine Klingenseite angeschliffen (z.B. bei echten japanischen Küchenmessern "Hocho", Stechbeiteln, Hobeleisen, etc.), wohingegen beim beidseitigen Anschliff beide Klingenseiten (möglichst) symmetrisch angeschliffen werden sollten.
Beim Nachschleifen sollten wir die Ein- bzw. Beidseitigkeit der Klinge auf jeden Fall beibehalten, da wir sonst das Schnittverhalten drastisch schädigen können - bis hin zur Unbrauchbarkeit der Klinge!
Schärfwerkzeuge
Um eine Klinge wieder scharf zu bekommen brauchen wir entsprechende Werkzeuge.
Die Bandbreite dieser Schärfwerkzeuge reicht vom "Taschenschärfer" für wenige Euro, über Schleifsteine bis hin zu Maschinen für tausende Euro.
Da diese Anleitung für LARPer(innen) und nicht für Schärfprofis gedacht ist, werde ich mich hier auf preisgünstige Schärfwerkzeuge beschränken. Wie immer gibt es "nach oben" kaum eine Grenze, wenn man das Thema "Messer" zunehmend als eigenständiges Hobby und mit entsprechender Ernsthaftigkeit in Angriff nehmen will. Hier soll es darum gehen mit günstigen Mitteln gute Ergebnisse zu erzielen. Profis und Messerenthusiasten mögen mir das verzeihen.
Schleifsteine
Steine von links nach rechts: Schruppen, schleifen, abziehen
Schleifsteine sind die wohl bekannteste Form eines Schärfwerkzeugs, und das zu Recht.
Mit Schleifsteinen können alle glatten Klingen geschärft werden - egal ob einseitig, oder beidseitig geschliffen, und egal welche Schliffart die Klinge besitzt.
Es gibt Schleifsteine aus Naturstein (z.B. Arkansas-Stein, Belgischer Brocken, oä.), synthetische Schleifsteine (meist synthetischer Sandstein) und sogar diamantbestückte Schleifblöcke sind inzwischen für bezahlbare Preise zu kaufen.
Aufgrund der günstigen Preise und guter Qualität gehe ich hier hauptsächlich auf synthetische Sandsteine (ugs. oft auch "Wassersteine" genannt) ein.
Diese Steine sind idR. relativ weich gebunden - setzten bei Benutzung also relativ schnell und leicht viele Schleifpartikel frei. Dadurch nutzen sie sich allerdings auch vergleichsweise schnell ab.
Wobei "schnelle Abnutzung" sehr relativ ist. Ich nutze meine Wassersteine nun schon über zehn Jahre lang regelmäßig für meine Messer, und solche die mir zum schärfen überlassen werden, und ich bin sicher, dass ich noch mindestens weitere zehn Jahre Freude an den Steinen haben werde. Einziger Wermutstropfen: von Zeit zu Zeit müssen die Steine abgerichtet werden, was aber aufgrund der Weichheit auch kein großes Problem ist. (Meinung von RickS.)
Körnung
Man unterscheidet Wassersteine nach ihrer Körnung:
Schruppsteine für Formgebung und Ausschleifen von Ausbrüchen und Scharten haben eine Körnung von ca. 80–220 (JIS)
Schleifsteine 800–2000 (JIS)
Poliersteine 3000–12000 (JIS)
Für den Hausgebrauch sind sogenannte Kombisteine üblich, deren eine Seite eine relativ grobe (meist 240er) und die andere Seite eine relativ feine (meist 1000er) Körnung aufweist.
Die Körnungen sind nicht vergleichbar mit der für europäische Schleifsteine oder Schleifpapiere verwendeten FEPA-Skala. Stattdessen wird für Wassersteine japanischer und chinesischer Produktion die japanische JIS-Skala verwendet.
- Eine Körnung 1000 auf der JIS-Skala entspricht einer Körnunggröße von 14 µm, eine Körnung von 8000 entspricht 1,2 µm und ist direkt vergleichbar mit FEPA F2000 (F = gebundenes Schleifmittel). Zum Vergleich: Ein Schleifpapier mit FEPA P2000 hat eine Körnungsgröße von 10,3 µm.
Hier eine kleine Gegenüberstellung der Körnungs-Normen:
FEPA F |
Micron [µm] |
|
Micron [µm] |
JIS R6001 |
|
|
= |
80 |
J 240 |
F 180 |
69 |
= |
68 |
J 280 |
F 220 |
58 |
= |
57 |
J 320 |
F 230 |
53 ± 3 |
= |
52 |
J 340 |
|
|
= |
48 |
J 360 |
F 240 |
44.5 ± 2 |
= |
44 |
J 380 |
|
|
= |
40 |
J 400 |
F 280 |
36.5 ± 1.5 |
= |
|
|
|
|
= |
34 |
J 500 |
F 320 |
29.2 ± 1.5 |
= |
29 |
J 600 |
F 360 |
22.8 ± 1.5 |
= |
24 |
J 700 |
|
|
= |
20 |
J 800 |
F 400 |
17.3 ± 1 |
= |
16 |
J 1000 |
F 500 |
12.8 ± 1 |
= |
13 |
J 1200 |
F 600 |
9.3 ± 1 |
= |
10 |
J 1500 |
|
|
= |
8 |
J 2000 |
F 800 |
6.5 ± 1 |
= |
|
|
F 1000 |
4.5 ± 0.8 |
= |
5 |
J 3000 |
F 1200 |
3.0 ± 0.5 |
= |
3 |
J 4000 |
F 1500 |
2.0 ± 0.4 |
= |
2 |
J 6000 |
F 2000 |
1.2 ± 0.3 |
= |
1,2 |
J 8000 |
Quelle: https://www.bessermesser.de/info/fepa-jis.htm
Am gebräuchlichsten ist inzwischen die JIS-Körnung - falls also nicht anders angegeben verwende ich hier diese für Körnungs-Angaben.
Gut bewährt hat sich bei mir eine Zusammenstellung aus den Körnungen 340, 1000, 3000 und 8000. Diese Vier Körnungen habe ich auf insgesamt 2 Kombisteinen (mit je zwei unterschiedlichen Seiten) gekauft. Dafür habe ich damals ca. 50€ bezahlt. Im Vergleich zu den Messern, die ich damit schon vor der Tonne gerettet habe, hat sich diese Investition schon vielfach abbezahlt (von wesentlich weniger Frust und mehr Spaß beim kochen ganz zu schweigen).
Pflege
Da Schleifsteine äußerst langlebig sein können, kommt es manchmal vor, dass man einen (oder auch mehrere) alte Schleifsteine vermacht bekommt, aber auch selbst gekaufte Schleifsteine müssen nach einiger Zeit etwas "aufgearbeitet" werden, um weiterhin gute Ergebnisse zu liefern.
Da alle Schleifsteine die Tendenz haben, "hohl" zu werden - also im Bereich der Mitte die stärkste Abnutzung vorliegt, muss man sie von Zeit zu Zeit Abrichten. Dafür reicht es meist aus, zwei (am besten ähnlich abgenutzte) gleich große Schleifsteine mit großzügig Wasser aufeinander zu legen und in kleinen, kreisenden Bewegungen sich gegenseitig abschleifen zu lassen. Seid hier großzügig mit dem Wasser, da sich besonders bei synthetischen Sandsteinen schnell eine dicke Paste aus abgeschliffenen Partikeln bildet, die das weitere Abreiben der Steine verhindert. Diese Paste entsteht dort, wo die beiden Steine Kontakt haben. Schleift sie also so lange aufeinander, bis diese Paste auf der gesamten Fläche gleichzeitig entsteht - dann sind eure Steine wieder (annähernd) gerade und bereit für viele neue Messer.
Auch kleine Schäden, wie z.B. versehentliche Einschnitte durch Klingen oder andere Ausbrüche können so heraus geschliffen werden.
Natürlich gibt es speziell für diese Arbeit auch sog. "Abrichtblöcke", die besonders grob und hart sind, um den Schleifstein schnell ab zu tragen.
Zwingend nötig ist so ein Abrichtblock nicht. Für besonders deformierte Steine benutze ich lieber grobes Schleifband - das ist günstig, schnell und wird (wenn es auf der Tischplatte liegt) nicht krumm. Wer seine Steine regelmäßig abrichtet kommt erst gar nicht in diesen "kritischen" Bereich. (Meinung von RickS.)
Abgesehen von regelmäßigem Abrichten brauchen Schleifsteine praktisch keine Pflege.
Da Sandstein mit der Wasseraufnahme immer ein wenig "arbeitet", sollten die Übergänge von Nass zu trocken nicht zu eng aufeinander folgen. Bei gelegentlicher Benutzung ist das völlig nebensächlich - wer seine Schleifsteine jedoch sehr häufig (evtl. sogar täglich) braucht kann diese auch in einem Behältnis mit Wasser lagern. So werden die Steine nie trocken (sind also immer einsatzbereit) und die Gefahr von Rissen durch die häufigen Wechsel zwischen Nass und trocken ist praktisch null. Benutzt ihr die Steine nicht häufig kann es dann allerdings vorkommen, dass das Wasser (und damit die Steine) anfängt zu stinken. Dies gilt es zu vermeiden - sorgt also bei nass gelagerten Steinen regelmäßig für frisches Wasser.
Benutzung
Um einen schleifstein zu benutzen, sollten wir zunächst ein paar Begriffe klären:
Als Schneidewinkel (oder auch "Schneidwinkel" bzw. "Schnittwinkel" oder "Keilwinkel") wird der Winkel bezeichnet, der unmittelbar an der Schneidkante anliegt - also der Schneidfase bzw. Hilfsfase.
Der Schleifwinkel ist bei beidseitig geschliffenen Klingen logischerweise die Hälfte davon. Dieser Winkel gibt an, wie "steil" wir die Klinge über den Schleifstein führen sollten.
Gängige Schleifwinkel liegen um 10° für Rasiermesser, für Küchenmesser um 20° - für Outdoor-Messer und Äxte auch bis 40°.
Je größer der Schleifwinkel ist, umso schlechter ist die erreichbare Schärfe, aber umso höher die Schnitthaltigkeit.
Das Prinzip des Schleifens ist denkbar simpel:
- Die Klinge wird flach auf den Schleifstein gelegt.
- Der Klingenrücken wird etwas angehoben (für große Küchenmesser etwa "Fingerbreit" - also ~20°).
- Die Klinge wird auf dem Schleifstein senkrecht zur Schneidkante hin- und her geschoben. Macht dabei gerne große Bewegungen, um den ganzen Stein zu nutzen.
- Die Klinge wird umgedreht und im (möglichst) gleichen Winkel geschliffen.
Bei wirklich stumpfen Klingen fangt ihr hier mit dem gröbsten Stein an, den ihr habt. Für mich hat sich hier die Körnung 340 gut bewährt. Schleift darauf so lange abwechselnd auf beiden Seiten, bis sich ein Grat bildet. Diesen könnt ihr auf dem groben Stein sehen (auf den feineren dann vermutlich nicht mehr), und vor allen Dingen fühlen. Fahrt dafür mit dem Finger von der Klingenwange (flache Messerseite) ohne Druck über die Schneidkante - weg vom Klingenrücken. Spürt ihr dabei einen winzigen "Wulst" an der Schneidkante, hat sich ein Grat gebildet. Das muss auf die gesamte Klingenlänge geschehen, damit wir später keine stumpfen Stellen in der Klinge haben. Je nach Messer und Übung kann dieses "Schruppen" einige Minuten dauern.
Lasst euch beim Messerschärfen niemals hetzen! Wer glaubt sich einen Arbeitsschritt sparen, oder etwas später korrigieren zu können, wird mit einer stumpfen Klinge bestraft. Nehmt euch Zeit zum schärfen. Die Schärfe eurer Messer ist das wert. Das schleifen eines wirklich stumpfen Messers kann auch für geübte Schleifer gut und gerne 30-50 Minuten dauern. Plant lieber ~1 Stunde pro Messer ein. Mit mehr Übung und gut vorbereiteten Messern werdet ihr dann von alleine immer schneller.
Dann wiederholt ihr diesen Vorgang mit immer feineren Steinen. Diese Schleifgänge dauern idR. nicht mehr ganz so lange, wie das erstmalige Schruppen, da lediglich der entstandene Grat weg geschliffen werden muss. Haltet dabei den Schleifwinkel stets möglichst konstant, und wascht euren Stein ggf. ab, wenn ihr Metallsplitter unter der Klinge spürt.
Ist eure Klinge nicht wirklich stumpf (und ihr habt sie bereits einmal von Hand ordendlich geschliffen), könnt ihr oft auf das Schruppen auf dem ganz groben Stein verzichten. Je nach Klingenzustand fange ich dann auch erst beim 1000er oder 3000er Stein an. Wenn es nur darum geht, die maximale Schärfe zu erhalten, oder vor komplizierten Schnittgütern das Messer etwas "auf zu frischen" reicht ggf. auch nur der 8000er Stein. Auf dem feinsten "Abziehstein" könnt ihr den Schleifwinkel leicht erhöhen. So entsteht unsere Sekundär- oder Hilfsfase, und die Klinge bleibt etwas länger scharf.
Für Gemüse- und Obstmesser reicht die "Stein-Schärfe" vollkommen aus, da hier noch eine (mit bloßem Auge nicht erkennbare) "Mikro-Säge" an der Schneidkante verbleibt, die besonders gut in zähe Obst- und Gemüsehaut "beißt". Nach dem Schliff auf dem 8000er Stein solltet ihr euch schon problemlos den Unterarm rasieren können.
Messer für Fleisch und Fisch werden auf dem Lederriemen nachbehandelt, um sie wirklich WIRKLICH scharf zu bekommen.
Sollte eure Klinge auch nach dem abziehen auf dem 8000er Stein noch nicht zum rasieren des Unterarms taugen, fangt nochmal von vorne an. Nachlässigkeit am Anfang kann später im Schleifprozess praktisch nicht mehr korrigiert werden. Dann heißt es "alles auf Anfang".
Lederriemen
Auf dem Lederriemen wird der feine Restgrat von der Klinge entfernt, der nach dem abziehen auf dem Stein zurückgeblieben ist, und die Schneidkante fein auspoliert.
Gemüsemesser sollten nicht auf dem Lederriemen poliert werden, da so die mikroskopische "Sägezahnung" wegpoliert wird, die besonders gut in zähe Obst- und Gemüsehaut "beißt".
Zu unterscheiden sind hier "Streichriemen" und "Stoßriemen".
Streichriemen
Der "Klassiker" unter den Schärfwerkzeugen.
Streichriemen werden an einem Haken eingehängt und mit einer Hand auf Spannung gezogen. Darauf wiederum wird die Klinge poliert.
Diese Riemenart wird häufig mit Rasiermessern assoziiert, wofür sie auch heute noch häufig verwendet werden.
Dieser Riemen muss sehr stramm gespannt werden, um die Schneidkante nicht zu verrunden. Besonders "bissige" Messer (z.B. Rasierklingen) können bei mangelnder Spannung den Riemen auch zerschneiden.
Die Benutzung dieses Riemens erfordert Übung und gute Koordination, um gute Ergebnisse zu erzielen.
Ist gerade kein Streichriemen zur Verfügung kann z.B. auch ein Ledergürtel zweckentfremdet werden.
VORSICHT: Dies kann die Optik des Gürtels stark beschädigen!
Stoßriemen
Nicht ganz so ikonisch, wie der Streichriemen, aber wesentlich anfängerfreundlicher.
Stoßriemen sind meist aus Holz gebaut, auf das Leder aufgeklebt, selten auch aufgespannt wurde.
Der Stoßriemen muss nicht auf Spannung gehalten werden, da die stabile Unterlage den Riemen (meist) optimal "gespannt" hält. Ein Verrunden der Schneidkante ist damit wesentlich unwahrscheinlicher, als bei Streichriemen. Dennoch können auch diese Riemen bei falscher Benutzung Schaden nehmen und ggf. Schneidkanten beschädigen.
Wer keinen fertigen Stoßriemen kaufen will, kann sich selbst ein Stück dickes Leder (z.B. alter Gürtel) auf ein schmales Holzbrett kleben. Auf diese Weise lassen sich äußerst kostengünstig selbst Stoßriemen herstellen. Die Länge sollte 20cm nicht unterschreiten (ich verwende gerne ~35cm) um gut nutzbar zu sein.
Benutzung
Stoßriemen von oben nach unten: "grobe" Polierpaste (grau), feine Polierpaste (Chromoxidgrün), ohne Polierpaste (blank)
Für Küchenmesser reicht ein einziger Riemen aus. Dieser wird dafür meist mit Polierpaste (Korngröße um 4 Micron -> F1000 - F1200(FEPA) ) behandelt, um zügig das gewünschte Ergebnis zu erzielen.
Die Klinge wird hierbei mit äußerst wenig Druck (bei Küchenmessern reicht üblicherweise das Eigengewicht der Klinge) über den Lederriemen gezogen.
Der Bewegungsablauf ist dabei der gleiche, wie auf dem Schleifstein.
Achtet dabei unbedingt darauf, die Klinge nicht zu steil aufs Leder zu setzen, da ihr sonst ins Leder schneidet und euren Schliff zerstört.
Dabei wird die Schneidkante poliert und verbliebene Restgrate entfernt.
Am einfachsten empfinde ich folgende Vorgehensweise:
> Das Messer flach auf Leder legen
> Den Klingenrücken anheben (den Schleifwinkel einstellen)
> Etwas flacher werden
> in einer Wischbewegung (hin und her) die Klinge übers Leder ziehen, und dabei ganz langsam steiler werden.
> Wenn die Klinge anfängt Partikel von der Oberfläche zu schaben den Winkel wieder ein klein wenig flacher wählen und etwa 30sek weiter schleifen
> Messer wenden - dann gleiches Vorgehen
> das Ganze 3-4 mal wiederholen
Hiernach sollte eure Klinge eine sehr feine Schärfe erhalten haben, die den Rasurtest mit Bravur meistert.
Für Rasierklingen (und Leute, denen diese Gebrauchsschärfe noch immer nicht ausreicht) gibt es dann noch das sog. "Chromoxidgrün" - eine Polierpaste mit extrem feinen Chromoxid-Partikeln.
Auch blanke Lederriemen, Pappelholz-, Leinen- und sogar Seidenriemen finden manchmal Verwendung, um Rasierklingen besonders fein ausschleifen zu können.
Für Gebrauchs- und Küchenmesser ist dieser extreme Aufwand nicht nötig. Mein Rasiermesser besteht den Haartest bereits nach dem Abzug auf blankem Leder. Weitere Schritte erachte ich daher als "Glaubensfrage" und weitgehend unnötig. (Meinung von RickS.)
Kauftipp für Schärfriemen-Set: Amazon-Link (Beispiel)
Maschinen
Es gibt unterschiedlichste Schleifmaschinen von ganz billig bis unbezahlbar teuer, und sicher haben alle ihre Daseinsberechtigung.
Für den Heimgebrauch ist jedoch keine Maschine nötig (Meinung von RickS.)
Da es auf Con meist am Stromanschluss mangelt und für die meisten Privatleute eine Schärfmaschine ein gewisser "Overkill" sein dürfte, werde ich mich hier auf einige grundlegende Tipps beschränken.
- Schleift niemals trocken! (Eine Schärfmaschine, die an fertigen Klingen angewandt werden soll, sollte langsam laufen und über ein Wasserbad verfügen, das die Kontaktfläche benetzt.)
- Billige Schärfmaschinen erzielen meist kein zufriedenstellendes Ergebnis.
- "Freihand" ist an einer Schärfmaschine keine gute Idee. (Verletzungsrisiko und die Zerstörung der Schneidengeometrie sind wahrscheinlich!)
sonstige Schärfgeräte
Wetzstahl
Den Wetzstahl sieht man häufig in Kochsendungen, und in der Tat kann so ein Werkzeug in der Küche wertvolle Dienste leisten. Dafür ist es jedoch unbedingt nötig, dass man den Umgang mit diesem Schärfgerät beherrscht - anderenfalls produziert man damit stumpfe, verschliffene Klingen, die danach auf Schleifsteinen aufwändig restauriert werden müssen.
Der Wetzstahl ist im Prinzip eine extrem feine Feile, die einen ähnlichen Effekt erzielt wie ein feiner Abziehstein.
Dass damit eine Klinge nur "aufgefrischt" werden kann erschließt sich also von selbst. Wirklich stumpfe Klingen lassen sich mit dem Wetzstahl nicht nachschärfen.
Das Messer wird hierfür mit der Schnittkante nach unten (egal wierum man den Schärfstahl hält!) im Schleifwinkel entlang der gesamten Klingenlänge über die gesamte Wetzstahllänge gezogen.
Der Wetzstahl kann dabei senkrecht (Griff oben) auf einem Schneidebrett aufgesetzt und so festgeklemmt werden, oder frei senkrecht (Griff unten) gehalten werden (sehr schwierig!).
Wer nicht weiß, was er tut, sollte das Nachschärfen am Wetzstahl zunächst mit alten/billigen Klingen üben, ehe er/sie sich an teure Messer wagt. Anderenfalls könnte der Besitzer (zu Recht) ernsthaft sauer werden. (Meinung von RickS.)
Inzwischen werden Wetzstähle mit unterschiedlichen Körnungen und sowohl aus Stahl, als auch aus Keramik angeboten.
Schnellschärfer
Oft zu sehen sind sog. "Schnellschärfer" oder "Wunderschärfer" auf Wochen- oder Jahrmärkten z.T. für ein paar wenige Euro.
Am häufigsten findet man Schnellschärfer, bei denen die Schneidkante durch zwei V-Förmig angeordnete Hartmetallplättchen gezogen wird.
Diese Schärfmethode eignet sich, um grobe Werkzeuge, wie Äxte, Macheten, Buschmesser, etc. schnell mit einer benutzbaren Schärfe aus zu statten.
Küchenmesser und andere feine Klingen nehmen durch den ungleichmäßigen Materialabtrag sehr schnell massiven Schaden!
Besser für Küchenmesser geeignet sind Schnellschärfer mit Keramikstäben. Bei diesen Schnellschärfern ist der Materialabtrag geringer und daher entstehen nicht so schnell Schäden an der Klinge. Die erreichbare Schärfe hängt maßgeblich von der Qualität des Keramikschärfers ab und kann recht brauchbar sein. Wichtig hierbei ist, dass die Klinge mit extrem wenig Druck durch die Stäbe geführt wird, und die Stäbe bzw. der entsprechende Schärfer bei sichtbarem Verschleiß der Keramik ausgetauscht werden.
Der Spyderco Tri-Angle Sharpmaker:
Dieser Schnellschärfer hat hier einen besonderen Platz verdient, denn er ist aktuell (Stand 2018) der einzige Schnellschärfer, der international in Messer- und Schmiedeforen empfohlen und von vielen Profiköchen genutzt wird.
Die Klinge wird in diesem Gerät senkrecht an schräg gestellten Keramikschleifstäben entlang geführt. Diese Stäbe gibt es in unterschiedlichen Körnungen und Formen, was es erlaubt nahezu jedes Messer sehr schnell und semi-professionell nach zu schärfen.
Zwar eignet sich der Sharpmaker nicht für eine Korrektur der Schneidengeometrie - ist das Messer jedoch einmal gut geschliffen, kann es auf dem Sharpmaker sehr oft abgezogen (und damit lange benutzt) werden, ehe es wieder "auf den Stein" muss.
Zwar hat dieser Schnellschärfer einen Preis, der etwa zehnfach höher liegt, als andere Schnellschärfer, aber wer häufig kocht wird dieses Gerät sehr zu schätzen wissen. Leider ist das Design nicht wirklich LARP-tauglich. Auf Con passt also ein Wetzstahl besser, aber in der heimischen Küche möchte ich das Teil nicht mehr missen.(Meinung von RickS.)
Keramik-Trick
Der "Keramik-Trick" findet Anwendung, wenn man ein stumpfes Messer und kein Schärfwerkzeug zur Hand hat. Er ist daher besonders für das schnelle Nachschärfen auf Con sehr gut geeignet.
Benötigt wird hierfür lediglich folgendes:
- ein stumpfes Messer mit glatter Klinge
- ein Keramikgefäß mit unglasierten Teilen (oft am Standfuß zu finden)
- ein Stofftuch zur Reinigung der Klinge
Dabei zieht ihr die Klinge mit leichtem Druck (im passenden Schneidwinkel - also ~20°) in Längsrichtung über den unglasierten Keramikteil. Verwendet dabei Wasser als Kühl- und Gleitmittel!
Da Keramik extrem hart ist, erzielt ihr damit eine gute Schleifwirkung und könnt so eure Klinge wieder auf eine passable Schärfe bekommen.
Da Keramikgefäße idR. nicht für diesen Zweck gemacht sind, wird die Keramik stark belastet und nutzt sich vergleichsweise schnell ab. Macht ihr das also häufig, kann es dazu kommen, dass z.B. eure Keramikschüssel irgendwann wackelt. ;-)
Nach dem schleifen wischt ihr die Klinge mit dem Tuch ab, und reinigt sie so von Metall- und Keramikabrieb. Das Zeug wollt ihr nicht in eurem Essen.
glatte Klingen schärfen
Steine von links nach rechts: Schruppen, schleifen, abziehen
Schruppen
Dieser Arbeitsgang ist idR. nur für bei besonders stumpfen oder beschädigten Klingen und beim Erstschliff (also fabrikneuen Messern) notwendig.
Hierbei werden Schäden (z.B. Ausbrüche ("Chips"), eingerollte Schneidkanten ("Rolls"), usw.) aus der Klinge geschliffen, sowie die Schneidengeometrie (Primärfase) hergestellt, die wir brauchen.
Benutzt wird hierfür der gröbste, verfügbare Schleifstein (Körnung 80-340), da wir hierbei relativ viel Material abtragen müssen.
Der Schleifstein sollte gut abgerichtet sein, um eine gleichmäßige Schneidengeometrie zu erreichen.
Als Schleifwinkel für die Primärphase an Küchenmessern nutze ich üblicherweise ca. 15° und bleibe damit etwas flacher als unsere spätere Sekundärfase (~20°).
Geschruppt werden sollte jeweils ungefähr gleich lange von beiden Klingenseiten (bei beidseitig angeschliffenen Klingen), um zu verhindern, dass die Schneidkante "wandert" - also außerhalb der Mitte läuft.
Ich schleife hierfür immer ~20 Schübe mit viel Druck (aber ohne Gewalt!!!) auf der einen Seite, drehe dann die Klinge um und schleife wieder ~20 Schübe. Das wiederhole ich so lange, bis entlang der gesamten Schneidkante ein Grat entstanden ist.
Dieser Grat ist üblicherweise gut sichtbar und auf jeden Fall fühlbar, wenn man mit dem Finger vom Messerrücken in Richtung Schneidkante über selbige hinweg fährt.
Erst wenn dieser Grat entstanden ist, wurde der "Stumpfe Teil" der Klinge abgeschliffen. Zudem erzeugen wir in diesem Arbeitsgang unsere Schneidengeometrie - legen also die wichtigen Winkel fest.
Klinge nach dem Schruppen auf dem gröbsten Stein
Schleifen
Als Schleifen bezeichnet man den Arbeitsgang zwischen Schruppen und Abziehen - also den Teil des Schärfvorgangs, der aus dem groben, gratigen Schliffbild, das beim Schruppen entstanden ist, eine saubere Klinge macht.
Das Vorgehen ist im Grunde das selbe, das wir schon vom Schruppen her kennen. Die Klinge wird im spitzen Winkel über den Schleifstein geführt (auch hier bei Küchenmessern ~15°) und jeweils von beiden Seiten gleichmäßig geschliffen.
Ich benutze für diesen Schleifgang meist Steine der Körnungen 1000 und 3000 (JIS).
Je feiner der Stein wird, um so weniger Material wird bei jedem Schub abgetragen. Zudem sollte hier nur noch mit moderatem Druck gearbeitet werden (Je feiner der Stein, um so weniger Druck).
Das Ziel dieses Arbeitsgangs ist es, den Grat, der beim Schruppen entstanden ist zu reduzieren. Dabei kann es vorkommen, dass sich einzelne Stahlspäne lösen und in der Schleifpaste des Steins gebunden werden. Fühlbar ist dies idR. als kleine Hindernisse oder "Rollen" bei jedem Schleifschub.
Fällt uns das auf, sollte der Stein abgewaschen werden. Dadurch verlieren wir zwar die gute Schleifpaste, aber die harten und groben Stahlsplitter würden unser Schliffbild massiv verschlechtern.
Geschliffen wird in diesem Arbeitsgang jeweils so lange auf jedem Stein (gleichmäßig von beiden Seiten), bis nur noch ein winzig kleiner, unsichtbarer und kaum fühlbarer Grat übrig geblieben ist, und die Klinge an der Schneidphase ein gleichmäßiges satiniertes Finish aufweist.
Abziehen
Beim Abziehen geht es darum, den letzten verbliebenen Grat auf einem sehr feinen Stein (bei mir Körnung 8000) von der Klinge zu entfernen.
Hierfür wird mit sehr wenig Druck (nur ganz wenig mehr als das Eigengewicht der Klinge) gleichmäßig von beiden Seiten geschliffen.
Dieser Schleifgang kann der langwierigste Teil des Schärfprozesses sein, da wir hier auch die Schnitthaltgkeit (also wie lange unser Messer scharf bleibt) erreichen.
Auch feine Restgrate würden beim Schneiden abbrechen und eine breite, stumpfe und "sägeraue" Schneidkante zurück lassen. Solche "Bruchkanten" haben die Tendenz schnell weiter "ab zu bröseln" und das Messer wird schnell stumpf.
Erst wenn kein Grat mehr zu sehen oder zu fühlen ist, stelle ich die Klinge ein klein wenig steiler (~20°) und bringe vorsichtig eine kaum sichtbare Sekundärfase an. VORSICHT! Schneidet dabei nicht in den Stein! Das würde eure frisch gewonnene Schärfe direkt wieder zerstören!
Diese Sekundärfase eliminiert garantiert den letzten verbliebenen Grat und sorgt durch den etwas stumpferen Winkel dafür, dass unser Messer lange seine Schärfe behält.
Am Ende dieses Schleifprozesses haben wir die optimale "Gemüseschärfe" erzielt - eine saubere, scharfe Klinge, die locker Haare rasieren kann und mikroskopisch kleine "Sägezähne" (Überbleibsel der Gratentfernung) besitzt, die "bissig" in zähe Gemüsehaut schneidet. Die Schneidkante besitzt jetzt ein spiegelblankes Finish.
Polieren
Stoßriemen von oben nach unten: "grobe" Polierpaste (grau), feine Polierpaste (Chromoxidgrün), ohne Polierpaste (blank)
Das Polieren ist der letzte Arbeitsgang für gerade Klingen.
Für Gemüsemesser ist diese Behandlung nicht nötig und kann das Schärfeempfinden sogar beeinträchtigen, da der "Biss" der Schärfe verloren geht.
Poliert wird die Klinge auf einem Lederriemen mit Polierpaste (bei mir graue Polierpaste mit Korngröße um 4 Micron -> F1000 - F1200(FEPA)).
Dabei lege ich die Klinge flach auf das Leder, stelle dann den Winkel der Primärfase (~15°) ein, und beginne das Messer nur mit seinem Eigengewicht (bei schweren Klingen auch etwas weniger) vorsichtig auf dem Lederriemen hin und her zu schieben. Dabei steigere ich den Winkel zwischen Klinge und Riemen ganz langsam - so lange, bis die Klinge erste Brösel von der Schleifpaste kratzt. Dann werde ich wieder eine Winzigkeit flacher und schleife etwa 20-30 Gänge weiter. Dann das Gleiche Spiel auf der anderen Klingenseite. Das wiederhole ich noch zwei mal.
Nach dieser Behandlung solltet ihr euch in eurer Schneidkante spiegeln und eure Klinge mühelos Haare rasieren können.
Die Klinge hat nun auch die letzten Grat-Überbleibsel verloren und eine Schneidkante erhalten, die auch unter dem Mikroskop sehr gerade verläuft.
Zwar beißt diese feine Schärfe nicht mehr so gut in zähe Gemüsehaut, ist jedoch perfekt zum schneiden von Fleisch und Fisch geeignet (aber nicht für Knochen!).
Manchmal (wenn es der Klingenstahl zulässt) kann man auf diese Weise sogar die berühmte "Haarschärfe" aus guten Messern kitzeln. Bei den meisten Supermarkt- bzw. Edelstahl-Messern geht das aber leider nicht.
Wellenschliff schärfen
Wellenschliff (oder "serrierte Klingen" vom engl. "serrations") wird insbesondere benötigt, um harte Krusten (z.B. Brot, Bratenkruste, oä.) zu "zersägen". Auch an Rettungs- und Survivalmessern findet man häufig serrierte Klingen (dann meist nur an Teilen der Klinge), da die Zähne das Schnittgut "greifen" und es so vergleichsweise leicht fällt, z.B. Gurte oder Seile zu zerschneiden.
Der große Haken daran ist, dass das Nachschärfen von Wellenschliff nicht so einfach möglich ist, wie bei glatten Klingen.
Hier müssen wir unterscheiden zwischen (rostenden) Stahl- und (rostfreien) Edelstahl-Messern.
Der Grund hierfür ist der, dass "echter" (rostender) Stahl in Klingen gehärtet ist, und daher mit normalen Feilen nicht mehr bearbeitbar ist. Hierfür brauchen wir also entweder feine Diamantfeilen oder Schleifsteine mit entsprechender Rundung. Manchmal werden hierfür auch runde Keramikstäbe verwendet.
Rostfreier Edelstahl dagegen ist meist wesentlich weicher und kann mit ganz normalen (feinen) Feilen (ich benutze gerne Schlüssel- bzw. Nadelfeilen) bearbeitet werden.
In beiden Fällen muss die Feile (bzw. die Feilen) zu den Wellen in unserem Messer passen.
Diese sind leider nicht genormt und daher habe ich inzwischen verschiedenste Feilendurchmesser und Materialien für die verschiedenen Messer angehäuft.
Der eigentliche Schärfprozess ist nicht mehr kompliziert, wenn man erst das richtige Werkzeug gefunden hat:
Zunächst muss der Schleifwinkel ermittelt werden.
Hierfür nutze ich einfach die passende Feile und lege sie an die Schnittkante (man merkt das "Kippeln" zwischen den Kanten der Schneidfase). Diesen Winkel merke ich mir, und fange an zu feilen. Dabei ist wie immer zu beachten ob der Anschliff einseitig (bei Wellenschliff sehr häufig) oder beidseitig erfolgt ist. Entsprechend sollten auch wir schleifen.
Es ist sehr hilfreich, die Klingen zum feilen in einen Schraubstock zu spannen. So kann die Klinge nicht kippeln oder verrutschen und ihr könnt beide Hände zum feilen nutzen. Um die Klingenseite nicht zu zerkratzen solltet ihr hierfür "Schonbacken" verwenden, oder Holzbrettchen beidseitig zwischen die Klinge und die Schraubstockbacken klemmen!
Meist reichen bei Edelstahl-Messern drei bis vier Feilstöße pro Welle aus, um diese wieder scharf zu bekommen. Dabei sollte nur mit wenig Druck gearbeitet werden, um die Gratbildung möglichst gering zu halten.
Bei echten Stahlklingen sind meist mehr Feilstöße nötig, da der Klingenstahl härter ist, und sich nicht so leicht abtragen lässt. Dazu sind die Werkzeuge für Stahl (feine Diamantfeilen oder Kontursteine) meist noch deutlich feiner als sogar die Nadelfeilen, die ich für Edelstahlmesser verwende.
Auch hier sollte mit sehr wenig Druck gearbeitet werden, um keine Ausbrüche oder Grate in der Klinge zu verursachen.
So wird jede einzelne Welle bearbeitet, bis wieder alle Wellen scharf, und die Zähne spitz sind. Das kann einige Zeit in Anspruch nehmen.
Aufgrund der relativ groben Werkzeuge dürfte nun nahezu jede Welle einen leichten Grat aufweisen.
Dieser stört jedoch und muss weg.
Ich entferne diesen Grat meist mit einem dünnen, sauberen Stöckchen, das ich mit wenig Druck der Länge nach über die Klinge führe, als würde ich es zerschneiden wollen.
Natürlich kann so eine "Sägezahnung" niemals die optimale Keilschärfe erreichen, wie das für glatte Klingen möglich ist - das ist aber angesichts der völlig anderen Schneidwirkung auch gar nicht nötig.
Serrierte Klingen schneiden nämlich nur sekundär mit den Keilwinkeln, sondern "zerreißen" hauptsächlich mit den spitzen Sägezähnen das Schnittgut. Nur selten (insbesondere beim zerschneiden von Seilen oder Gurten) spielen die Schneidkanten innerhalb der Wellen eine große Rolle. Daher muss man ein serriertes Brotmesser nur äußerst selten nachschärfen (üblicherweise erst, wenn die "Zähne" nicht mehr spitz, sondern rund, stumpf und abgenutzt sind), während Survival- bzw. Rettungsmesser (mit denen öfter Schnur/Seil/Gurt geschnitten wird) eher häufig an dieser Stelle nachgeschärft werden müssen.
Rasiermesser schärfen
Rasiermesser sind sozusagen die Königsklasse in Sachen Schärfe.
Gleichzeitig sind diese Klingen extrem dünn, was sie empfindlich und wenig schnitthaltig macht.
Entsprechend umsichtig sollten wir beim schärfen von Rasiermessern zu Werke gehen.
Wie alle glatten Klingen müssen auch die meisten fabrikneuen (und natürlich stumpfe oder beschädigte) Klingen zunächst "in Form gebracht" ("geschruppt") werden.
Ganz zu Beginn sollten wir den Klingenrücken mit Klebeband (Isolierband funktioniert sehr gut) abkleben, um diesen nicht zu verkratzen.
Auch für diese Klingen werden zunächst relativ grobe Steine (bei mir ~300 JIS) verwendet.
Dabei wird die Klinge flach auf den Stein gelegt und mit wenig Druck hin und her geschliffen.
Bei Rasiermessern ist es besonders wichtig, dass die verwendeten Steine ganz plan und gerade sind, da wir später jede Unebenheit in der Klinge (schmerzhaft) zu Spüren bekommen würden.
Beim Schleifen sollten wir gleichmäßig von beiden Seiten schleifen. Dabei müssen wir immer wieder kontrollieren, ob unser Klebeband noch intakt ist. Gegebenenfalls muss dieses ausgetauscht werden.
Auch hier schleifen wir so lange, bis sich ein Grat gebildet hat.
Anschließend verwenden wir immer feinere Schleifsteine (bei mir bis Körnung 5000 JIS).
Auf dem feinsten Stein fangen wir jedoch an, die Schleiftechnik zu verändern.
auf diesem Stein sollte bereits kein Grat mehr sicht- oder spürbar sein.
Von da an schleifen wir nur noch "ziehend über den Rücken".
Das bedeutet, dass wir die Klinge von da an stets mit dem Klingenrücken voran über den Stein ziehen.
Beim wenden der Klinge "rollen" wir sie über den dicken Klingenrücken.
Theoretisch kann man auch anders herum wenden, aber beim rollen über den Klingenrücken werden Fehler vermieden, wie z.B. der versehentliche Kontakt zwischen Schneidkante und Stein bzw. Riemen.
Ab jetzt ist die Schneidkante extrem empfindlich und sollte keinerlei unkontrollierten Kontakt zu anderen Materialien mehr bekommen! Jede unkontrollierte "Kollision" wird die extrem dünne Schneidkante verformen, verbiegen, abstumpfen, oder schlimmstenfalls ausbrechen! Sollte euch ein Missgeschick passieren: Alles auf Anfang - anderenfalls werdet ihr euch schmerzhaft schneiden!
Mit dieser Technik schleifen wir jeweils mindestens( ! ) fünf Minuten ohne Druck auf jedem weiteren Schleifmittel.
Das wären in meinem Fall:
- Stoßriemen mit grauer Polierpaste (~4 Micron)
- Stoßriemen mit Chromoxidgrün-Polierpaste
- Stoßriemen mit blanker Rohhaut (mittelgrobe Lederstruktur, ohne Lederpflege - trocken, rau)
- Stoßriemen mit blankem Leder (feine Lederstruktur, ganz leicht geölt bzw. gewachst)
Mein Lieblings-Rasiermesser erreicht so die berühmte "Haarschärfe" - zerteilt also ein frei gehaltenes Haar.
Meine zweite Rasierklinge schafft es leider nicht bis zur Haarschärfe.
In diesen extremen Schärfebereichen werden schon kleinste Technik-schwächen und natürlich die Stahlqualität zu ausschlaggebenden Faktoren.
Edelstahlklingen sind pflegeleicht und robust, besitzen jedoch eine eher grobe Gefügestruktur und können dadurch prinzipbedingt nicht so scharf ausgeschliffen werden, wie ein guter rostender Stahl. Die Qualität bei Edelstahl-Rasiermessern reicht von sehr billigen "Chinakrachern", die keine Rasierschärfe erreichen und damit allenfalls als Deko taugen, bis zu sehr guten Klingen, die Scharf genug werden für eine angenehme Rasur.
Meine Lieblingsklinge ist ein selbstgeschmiedetes Rasiermesser aus einer alten Blattfeder. Diese Klinge erreicht problemlos die berühmte "Haarschärfe" und wurde (natürlich) an meine Bedüfnisse angepasst. Die Qualitäten von rostenden Rasiermessern bewegen sich zwischen mäßig guten (schlecht balacierten) Klingen, die eine passable Rasierschärfe erreichen, bis zu extrem guten (leichten, ausbalacierten) Klingen, die mühelos Haarschärfe erreichen.
Hier noch ein Wort zu "Shavetten" - also Rasiermessern mit auswechselbarer Einmalklinge:
Diese Einmalklingen sind idR. "aggressiv" - also relativ grob geschliffen, und daher wesentlich unangenehmer in der Rasur, als ein gutes Rasiermesser.
Der Vorteil liegt in der einfachen Auswechselbarkeit der Klinge, da man so innerhalb weniger Sekunden eine passable Schärfe erhalten kann, während man dafür an einem "echten" Rasiermesser einige Minuten einplanen muss.
Dieser Wechselmechanismus ist jedoch auch ein gewisses Problem - insbesondere, wenn man einen Barbier spielen will, der (hoffentlich) viele verschiedene Kunden pro Tag rasiert: Es setzen sich Schmutz, Seifenreste und ggf. Blut in dieser "Schiene" fest, und können kaum noch vollständig daraus entfernt werden. Was eklig klingt, kann tatsächlich ein Gesundheitsrisiko darstellen - immerhin wisst ihr ja nicht, welche Krankheiten sich im Blut eurer Kunden tummeln.
Eine Rasierklinge hingegen besitzt idR. eine fein polierte Oberfläche, die problemlos desinfiziert werden kann.
Wer einen Barbier spielen will, sollte unbedingt den Umgang mit dem Rasiermesser üben, ehe er/sie sich an echte Kundschaft wagt. Ihr hantiert mit einer extrem scharfen Klinge an sehr empfindlichen Hautpartien herum. Bei richtiger Benutzung kann das für den Kunden sehr angenehm und entspannend sein - bei Fehlern aber auch sehr schnell schmerzhaft werden.
Für kleine Wunden hilft z.B. ein Alaunstift (ordendlich sauber machen und ggf. abschneiden, wenn er mal mit fremdem Blut in Berührung gekommen ist!) - aber grundsätzlich geht hier nichts über Übung.
Sucht euch dafür freiwillige Opf... ähm Versuchskan... ich meine Freunde, die euch vertrauen.
Hantiert mit Rasierklingen grundsätzlich sehr vorsichtig und eignet euch am besten einen Reflex an, der die Klinge bei Störfaktoren sofort vom Gesicht des Kunden entfernt. Schnell mal kommt ein Hustenreiz, ein Nasenkitzeln, oder ein plötzliches Geräusch vor, das dazu führt, dass der Kunde zuckt. Das endet immer in einem Schnitt, wenn die Klinge zu lange an der Haut bleibt!
Lasst euch auch nicht hetzen, wenn ihr jemanden rasiert. Eine Messerrasur braucht Zeit. Dazu gehört auch das einweichen des Bartes mit warmen, feuchten Handtüchern, das aufschlagen der Seife zu Schaum, das abziehen der Klinge, das einpinseln und natürlich mehrere Rasurdurchgänge. Ein Barbierbesuch ist etwas ganz anderes, als eine 5-Minuten-Morgenrasur (und das ist gut so)!
Rasiert ihr euch selbst, kann das Ganze natürlich auch einigermaßen schnell funktionieren (meine Morgenrasur dauert ca. 10 Minuten), aber von einem Barbier erwarte ich persönlich mehr (Spielzeit).(Meinung von RickS.)
Scheren schärfen
Scheren benutzen nicht wie Messer die Keil- sondern die namensgebende Scher-Schärfe.
Dabei wird das Schnittgut zerteilt, indem die Schnittkanten parallel zueinander verschoben werden (das Schnittgut wird sozusagen örtlich möglichst eng begrenzt "zerquetscht").
Dieses Prinzip bedeutet natürlich auch eine gänzlich andere Herangehensweise an das Schärfen dieser Werkzeuge, im Vergleich zu Messern.
Wodurch werden Scheren stumpf?
Vergrößerung des Schneidspalts (paralleler Abstand zwischen den Scherklingen)
- Verrundung der Schneidenkanten
- Ermüdung bzw. Verformung des Schneidenmaterials
Die ersten beiden Probleme können meist (mehr oder weniger aufwändig) ausgeräumt werden. Der dritte Punkt ist leider endgültig und bedeutet den Tod der entsprechenden Schere.
Einem vergrößerten Schneidspalt kann bei hochwertigen Scheren mit einem Schraubenreher bzw. einem Schraubenschlüssel zu Leibe gerückt werden.
Daran kann man auch hoch- von minderwertigen Scheren unterscheiden: Hochwertige Scheren lassen sich nämlich zerlegen.
Minderwertige Scheren sind meist genietet. Bei Metallnieten (es gibt auch Plastiknieten!) kann man den Schneidspalt auch mit einem Hammer ein wenig verkleinern. Dies funktioniert idR. jedoch nicht besonders gut.
Verrundete Schneidkanten müssen (ähnlich wie bei Messern) durch Schleifen geschärft werden.
Wichtig hierbei ist jedoch, darauf zu achten, dass die Klingenseite jeweils komplett bearbeitet, und die Klingenwange exakt gerade bleiben muss.
Am besten funktioniert das natürlich mit Maschinen, deren genaue Führungen die Klingenwangen beim Schleifvorgang exakt gerade halten.
Verrundete Schneidkanten sollten unbedingt von einem Fachbetrieb korrigiert bzw. repariert werden! Daher lohnt sich die Reparatur derartig stark abgenutzter Scheren nur bei wirklich hochwertigem Material. (Meinung von RickS.)
Deshalb beschränken sich Laien üblicherweise darauf, die Schraube im Zentrum etwas fester zu zu ziehen, und so den Schneidspalt zu verkleinern.
Nicht zu fest zudrehen! Die Schere soll ja noch einfach zu öffnen und zu schließen sein. Ein kleines Tröpfchen Öl (am besten Nähmaschinen- oder Feinöl) bei der Schraube zwischen die Klingen hilft hier wahre Wunder.
Reinigung, Pflege und Lagerung von Messern
Scharfe Messer mögen keine Spülmaschinen!
Eine einzige Reinigung in einer Spülmaschine belastet ein Messer im Durchschnitt etwa so stark wie 100 Jahre täglichen Waschens von Hand.
Das liegt maßgeblich an den verwendeten Reinigern, die das Material sehr stark belasten, als auch an der mechanischen Beanspruchung durch scharfe Wasserstrahlen und das daraus resultierende Kippeln und reiben der Klinge an anderen Gegenständen.
Eine Klinge aus rostendem Stahl wird nach dem Spülgang in der Maschine nur noch ein rostiger Stahlklumpen sein, und auch rostträge Edelstahl-Messer sind nach dem Maschinenwaschgang stumpf. Auch das Griffmaterial kann durch die Spülmaschine schweren Schaden nehmen. Holz ist hier besonders anfällig und kann regelrecht auseinander fallen.
Wascht eure Messer daher lieber von Hand. Bei guter Pflege ist ein Küchenmesser eine einmalige Anschaffung und hält (mindestens) ein Leben lang.
Rostende Messer brauchen Fett!
Wer sich ein (meist teures) Messer aus rostendem Stahl gegönnt hat, sollte dafür sorgen, dass dieses Kleinod nicht von Rost zerfressen und abgestumpft wird.
Dafür sollte ein solches Messer niemals im Regen liegen gelassen werden (Ordnung muss sein - auch auf Con)!
Wenn ein solches Messer mal längere Zeit nicht benutzt wird, sollte es leicht eingefettet werden, um die Klinge vor Luftsauerstoff (dadurch rostet Stahl) zu schützen. Am besten eigenen sich dafür Fette, die nicht "ranzen" - also nicht anfangen zu stinken. B.B. Leinöl funktioniert hier sehr gut.
Tragt dafür eine dünne Schicht Öl auf Klinge und Griff auf, lasst sie einige Minuten "einziehen" und wischt dann mit einem sauberen, trockenen Tuch die Reste ab.
So bleibt eine sehr dünne Fettschicht auf der Klinge, die Rost weitestgehend verhindert und Holzgriffe werden durch das Öl gepflegt und behalten dadurch lange ihre schöne Optik.
Auf Con ist eine sehr ambientige Methode das Schneiden durch eine Speckschwarte. Auch dadurch bleibt ein dünner Fettfilm auf der Klinge (danach nicht mehr abwaschen!), die den gleichen Zweck erfüllt. Manche Mittelalter-Foren gehen davon aus, dass diese Methode wahrscheinlich die verbreitetste Methode der Messer-Konservierung im Mittelalter war.
Scharfe Messer mögen ihre Kollegen nicht!
Scharfe Messer reagieren sehr empfindlich darauf, mit anderen Messern gemeinsam in einer Kiste/Schublade gelagert oder transportiert zu werden.
Der Kontakt zwischen den (meist sehr harten) Klingen und dünnen Schneiden sorgt zuverlässig für stumpfe Messer und bisweilen Schäden, wie z.B. Ausbrüche in der Schneidkante oder Kerben in Griffen.
Zudem ist es nicht ganz ungefährlich in ein Messer-Chaos zu greifen, um eines heraus zu nehmen.
Sorgt also dafür, dass jedes Messer einzeln und ordendlich verpackt ist. In der Küche tut hier ein Messerblock (am besten aus weichem Holz) hervorragende Dienste. Auch Unterteilungen in Schubläden, in denen Messer so untergebracht sind, dass sie nicht umher rutschen können sind prima geeignet. Am besten liegt dann die Schneidkante ebenfalls auf einer weichen Holzunterlage, um Schäden und Abstumpfung zu vermeiden.
Für den Transport zur und die Lagerung auf dem Congelände bieten sich z.B. stabile Lederscheiden an. Diese schützen die empfindlichen Klingen gut vor Beschädigung und Abstumpfung und natürlich unsere Gliedmaßen vor der (hoffentlich) scharfen Klinge.
Siehe auch
Knifesteelnerds (engl.) - sehr theoretische Abhandlung über Schärfe und Metallurgie. Für Messer-nerds aber eine wahre Goldgrube an Info.
Autor: RickS. - 17.01.19
Bildquellen:
- Google (für dauerhafte Verfügbarkeit lokal gespeichert)
- Wikipedia Medienbibliothek (Hotlinks)
eigene Fotos von RickS. (erkennbar am roten Fuchs)