Dieser Beitrag wurde vom User "Messer-Nuti" für den Gewandungswettbewerb 2014 des LarpeR-Nings erstellt.
So, dann ziehe ich mal auf den letzten Drücker nach. Aber das geht beim Pikten einfach schnell genug dafür. Nen Pikten machen ist das Einfachste, wo gibt. Dafür muss man nicht mal ne Hose nähen. Gab's nämlich nicht bei den Pikten - jedenfalls nicht im Frühmittelalter - vielleicht in der Spätantike. In meinen Augen übrigens ein zweifaches Plus - schön luftig baumeln lassen. Ein Nachteil bei einer Piktendarstellung ist, dass die Archäologie vergleichsweise dürftig ist. Es gibt auch in vorchristlicher Zeit keine Grabbeigaben und es sind auch nur relativ wenige Fundstellen untersucht. Hilfreich sind die piktischen Bildsteine, auf denen sehr oft Menschen abgebildet sind. Davon gibt es reichlich und man kann von den Abbildungen gut Rückschlüsse auf Bekleidung und Bewaffnung ziehen.
Die Klamotte besteht in diesem Fall aus:
- Tunika
- Gugel
- Gürtel
- Gürteltasche
Mögliche Erweiterung
- Umhang + Fibel/Gewandnadel
- Bewaffnung
- Borten und Fransen
1. Die Tunika
Die Abbildungen in der piktischen Kunst zeigen sowohl etwa knielange als auch knöchellange Tuniken. Bei heißem Wetter empfiehlt sich eine kurze Tunika aus dünnem Material. Bei Frühlings-, Frühsommer- und Herbstwetter mit warmen und kalten Abschnitten hat sich eine knielange Tunika aus dicker Wolle als sehr praktisch erwiesen. Man friert nicht, weil man obenrum schön warm eingepackt ist (evtl. noch Umhang anlegen), schwitzt sich aber auch bei Sonnenschein dank der Belüftung untenrum nicht tot. Knöchellange Tuniken aus dickem Material sind im Winter angesagt. Vorstellbar ist auch, dass lange Tuniken aus dünnerem Material - dann auch Leinen - so eine Art Festtagskleidung oder Sonntagsanzug gewesen sein könnten. Karomuster können sich gut machen, sollten aber nicht zu komplex sein und sparsam eingesetzt werden. Die hier sind z.B. schön: Das hier ist ein Originalfragment, der sogenannten Falkirk-Tartan. Das älteste karierte Stück Stoff aus Schottland, aus dem 3. Jahrhundert.
Material:
- 2m Wollstoff: 24€ (Bezugsquelle war hier Stoffgroßhandel Tietz in Hamburg)
- Garn
Werkzeuge:
- Nähmaschine
- Maßband
- Schere
- Stoffkreide
So, jetzt geht's an die Tunika. Ich hatte 2m Wollstoff. Schnitt und Maße sind ähnlich wie beim Göttrik , allerdings leicht abgeändert. Ich hab die Ärmelstücke einfach gerade gemacht. Bis auf die Seitenkeile sind damit alle Einzelteile Rechtecke. Auf dem Bild hab ich eingezeichnet, was ich wo raus geschnitten habe. Für diejenigen, die noch nie genäht haben: Karostoff ist bei rechteckigen Teilen sehr praktisch, da man sich beim Zuschneiden an den Karos/Linien orientieren kann. Man kann Stoff aber auch einfach an der Seite anschneiden und dann reißen. Der Riss wird gerade. Allerdings fransen die Ränder ein wenig aus.
Maße:
- weiß: Vorder- und Rückseite: Je 140cmx60cm
- rot: Ärmel: Je 50cmx60cm
- gelb: Keile unter den Ärmeln: Je 19cmx19cm
- grün: Seitenkeile: Basis: 42cm, Länge 60cm
Wenn man das alles ausgeschnitten hat, muss man nur noch die Kopföffnung in Vorder- und Rückseite schneiden. Maße kann man von einem Kleidungsstück übernehmen, bei dem man die Ausschnittsgröße als passend empfindet. Auf den Stoff übertragen und den größeren Teil dabei auf der Vorderseite haben. Dann noch vorne senkrecht einschneiden und fertig ist der Schlüssellochausschnitt. Zusammengenäht und versäubert sieht's dann etwa so aus.
2. Die Gugel (Orkneyhood)
Anmerkung: Für die Gugel würde ich eigentlich keinen karierten Stoff nehmen. Aber den hier hatte ich nun mal zur Verfügung. Das Original ist aus braunem Fischgratköper.
Material:
- 1m Wollstoff: 12€ (Auch hier war die Bezugsquelle Stoffgroßhandel Tietz)
- Garn
- Papier für Schnittmuster
Werkzeug:
- Stoffschere
- Kreide
- Nähmaschine
- Maßband/Lineal
- evtl. Stift (zum Aufzeichnen des Schnittmusters auf Papier)
Für den Schnitt der Gugel habe ich das hier verwendet: http://www.personal.utulsa.edu/~marc-carlson/cloth/vikehood.gif Hab mir ein Schnittmuster gemacht, das der Hälfte der Grundform in dem Link entspricht, dann den Stoff doppelt gelegt, Schnittmuster aufgelegt, mit Kreide nachgezeichnet und dann ausgeschnitten. Das ganze wird an den rot markierten Stellen zusammengenäht, rundherum versäubert und sieht am Ende so aus:
= 3. Der Gürtel =
Anleitung für einen schlichten Ledergürtel.
Material:
- 1x Lederriemen Bezugsquellen: www.lederhaus.de/riemen/lederband.php oder www.reenactors (kleine Auswahl, aber gute Preise) oder einfach mal beim Schuster/der Schuhreparatur fragen. Ich setze mal den Preis vom Lederhaus an. Wären 12€ bei einer Riemenbreite von 24mm
- 1x D-förmige Eisenschnalle. Meine hab ich für 3,50 vom Markt in Freienfels. Bei Reenactors kostet eine in vergleichbarer Größe allerdings 9€, weshalb ich das hier ansetze.
- 1x dicker Faden (Leinen ist ideal)
Werkzeug etc.
- Lochzange
- Prickelstift (gibt es im Bastelbedarf) c. 3€
- Holzbrettchen zum Unterlegen
Ledernadel, stumpf. Könnte es im Kaufhaus oder im Bastelbedarf geben. Sonst auch hier: http://www.lederhaus.de/lederwerkzeug/nähahle.php ab 0,75
- eine Gabel (man kann auch ein Abstandsrädchen verwenden. Das geht schneller, man muss aber auch erst mal das Geld investieren. Ne Gabel hat jeder zuhause).
- scharfes Messer
- Münze
- Stück Wachs oder Kerze
Kosten: 24,75€ Das Material Mit Lochzange und Messer wird ein Loch gemacht (nach hinten genügend überstehen lass - das muss noch festgenäht werden). Dabei arbeiten wir möglichst unsauber und grummeln ein wenig darüber, dass im Mittelalter wahrscheinlich jeder Horst handwerklich mehr drauf hatte als wir... ....und freuen uns dann um so mehr, wenn es mit Schnalle dann doch durchaus gut aussieht. Jetzt nehmen wir die Gabel und drücken damit Markierungen für die Naht auf die Vorderseite. Wenn man das von der Rückseite her macht, sieht die Naht auf der Vorderseite meistens krumm und schepp aus. Jetzt Brettchen unterlegen und mit Prickelstift oder Ahle die Löcher vorstechen. Der Faden wird gewachst indem man ihn mehrmals durch das Wachs/die Kerze zieht. Lieber zuviel als zuwenig nehmen. Man braucht mehr als man denkt. Wenn die Löcher vorgestochen sind, geht das Nähen mit einer stumpfen Nadel einfacher als mit einer scharfen. Jetzt muss man die Nadel nur noch durch die Löcher schieben. Eine scharfe verkanntet sich auch mit Löcher bzw. man trifft das Loch in der zweiten Lage nicht und dann wird es anstrengend. Angefangen wird auf der Rückseite in einer der Ecken zur Schnalle hin. Und jetzt drüber - drunter - drüber - drunter und wieder zurück. Zum Schluss die Enden verknoten und mit der Nadel zwischen den vernähten Lederstücken durchziehen und auf der anderen Seite bündig abschneiden. Die Münze als Schablone nehmen und das Ende des Riemens zuschneiden. Gürtel anhalten und mit der Lochzange an der entsprechenden Stelle ein Loch machen. Dabei hinter den Gürtel ein Lederstück legen - z.B. eines das man gerade vom Riemenende abgeschnitten hat. Dann geht's einfacher. Anprobieren und ggf. noch ein paar Löcher machen. Und ratzfatz ist der Piktengürtel einsetzbar.
4. Die Gürteltasche
Die Form der Gürteltasche ist aus der Luft gegriffen. Passende Funde, nach denen man sich richten könnte, gibt es nämlich leider nicht. Der Schnitt ist sehr einfach. In meinen Augen hat das zwei Vorteile: 1. Wenig Arbeit. Klar. 2. An der Tasche gibt es keinen Firlefanz, keine unnötigen Verzierungen, die ja doch nur reine Fändäsy wären. Bei einer historischen Darstellung verzichte ich auf so etwas bewusst, sofern ich keine Belege dafür habe.
Material:
100cmx25cm relativ dünnes Leder. Vielleicht kann man auf Ebay Reststücke bekommen oder man fragt den lokalen Schuhreparaturmenschen/Sattler/Täschner_in oder man findet auf dem Sperrmüll ne Ledercouch und häutet die. Beim Lederhaus gibt's jedenfalls nur halbe Häute und der Preis wird pro Quadratmeter berechnet. Bei meinem Lederhaus (http://www.lederhaus.de/) kostete der Quadratmeter dieses Leders 80€. Ich setze jetzt einfach mal ein Viertel davon an, also 20€.
- festes Garn - idealerweise Leinen
- Wachs/Kerze
Werkzeug:
- Gabel
- Scharfes Messer
- Prickelstift
- Brettchen
- Ledernadel
Das Werkzeug. Die Lochzange hab ich dann gar nicht gebraucht. Und die Nadel ist nicht im Bild.
Als erstes werden die Teile ausgeschnitten. Man braucht.
- Hauptteil: (der bildet Vorder- und Rückseite und den Deckel) 21cm x c. 60cm
- Seitenteile: 2x 18cm x 6cm
- Gürtelschlaufen: 2x mind. 20cm x 2,5cm
- Knebel: c. 15cm x 3,5cm
- Schlaufe/Verschlussband: Ein dünnes Lederband c. 30cm lang
Zusammennähen. Die Tasche wird auf Links genäht und am Ende gewendet. Als allererstes muss die Naht aber erst mal vorgestochen werden. Markierungen werden wie beim Gürtel mit der Gabel gemacht. Eines von den Seitenteilen markieren, das andere unterlegen, so dass sich die Fleischseiten des Leders berühren, die beiden oberen Löcher vorstechen und z.B. mit Nadeln fixieren. Dann den Rest der Löcher stechen. Jetzt Markierungen auf das Hauptteil aufbringen. Die ersten Löcher sollten auf allen Teilen nach oben genau den selben Abstand zum Rand haben. Länge der Naht anhand der Seitenteile abschätzen, aber die letzten 5cm erst beim Zusammennähen vorstechen, damit ihr am Ende nicht zu viele Löcher habt. Jetzt das erste Seitenteil annähen. Zunächst wie beim Gürtel Garn wachsen. Zur Hälfte durchs obere Loch ziehen und dann hin und her. Mit der anderen Hälfte später das gleiche machen. Aber halt, vorher noch: Sobald man mit dem ersten Faden um den Taschenboden herum ist, auf dieser Höhe, also zwischen Boden und Rückseite der Tasche, zwei kleine Schnitte für das Lederband machen, das später die Tasche verschließt. Und zwar parallel und mittig zwischen die Nähte. Man sieht die Schlitze, wenn man genau hinsieht. Lederband durch und verknoten. Fertig - bzw. noch nicht. Denn wir müssen ja noch das eine Seitenteil fertig und das andere komplett einnähen und... … unter anderem die Schlaufen machen. Markierungen wieder mit der Gabel und dann mit der Ahle/dem Ahlenersatz die Löcher rein. Schlaufen zusammenklappen und Löcher durchstechen. Brettchen in die zuvor gewendete Tasche, Schlaufe ordentlich positionieren (am besten recht weit oben) und auch hier erst mal die Löcher vorstechen. Und Schlaufen annähen. Dabei braucht man so eine Art "Das-ist-das-Haus-vom-Nikolaus-Technik". Die variiert aber je nach Anzahl der Löcher. Von vorne sieht das ganze jetzt so aus. Im Prinzip könnte man jetzt noch den Knebel anbringen und fertig. Ich habe mich allerdings dafür entschieden, meinem Deckel eine etwas andere Form zu verpassen... Und zwar diese. Darauf liegt schon das Stück für den Knebel. Das Stück wie auf dem Bild zurechtschneiden... Das breitere Ende aufrollen, einen Schlitz rein schneiden, das dünne Ende durchziehen und in der Mitte mit dem Messer spalten. Die Bänder sind in dem Fall extrem kurz geworden. Ich hatte Schwierigkeiten sie zu verknoten. Also länger machen. Zwei Löcher in den Deckel, Bänder des Knebels durchziehen und verknoten. Fertig ist die Täsch. Den Bändel hab ich extra etwas länger gelassen. Ad hoc kann man ihn durch Verdrehen kürzen. Und wenn die Tasche sehr voll ist und der Deckel nach oben rutscht, einfach wieder entdrehen. Und alles zusammen + frühmittelalterliche Halbschuhe: Kosten:
- Tunika: 24€
- Gugel 12€
- Gürtel: 24,75€ (Inkl. auch für die Tasche verwendeten Werkzeugs)
- Tasche: 20€
Zusammen: 80,75€
Arbeitszeit: Ich hab ein paar mal abends und an zwei Nachmittagen gewerkelt. Ich denke alles zusammen sollte locker an einem Wochenende zu schaffen sein. Wer nicht so trantütig langsam arbeitet wie ich, schafft das wahrscheinlich auch an einem Tag.
Erweiterungen, Bewaffnung und Tipps
Die naheliegendsten Erweiterungen bestehen aus Speer und Rundschild als Standardbewaffnung und aus einem warmen Rechteckmantel: Leider kann man bisher keine piktischen Fibeln käuflich erwerben (jedenfalls keine, die ich empfehlen kann). Daher ist hier der Umhang mit zwei angenähten Bändeln verschlossen. Eine Alternative für Fibeln wären beinerne Gewandnadeln. Die kommen aber im 7. Jahrhundert aus der Mode, wären für die Wikingerzeit also z.B. nicht mehr geeignet. Herstellung: Aus einem Knochenstück ein Stück aussägen (z.B. mit einer Metallsäge), das in Länge und Breite der späteren maximalen Länge und Breite der Nadel entspricht. Dann mit einer Schleifmaschine die Grundform herausschleifen und mit dem Dremel und verschiedenen Aufsätzen die Details machen (Vorsicht, das stinkt).
Gugel pimpen: Die Gugel kann man pimpen, indem man am unteren Ende ein rechteckiges Stück Stoff ansetzt und dann solange Fäden zieht bis man Fransen in der gewünschten Länge hat. Die kann man ggf. noch verflechten. Oder man macht es in der Originaltechnik (Brettchenweben). Anleitung hier: http://www.archäologyonline.org/Documents/TheOrkneyHood.pdf Fransen machen sich auch gut an Tunikasäumen. Dafür gibt es sogar ikonographische Belege, ebenso für Borten. Außer den zwei Bändern an der Orkneygugel gibt es leider keine archäologischen Belege für Brettchengewebtes. Auf den Bildsteinen erkennt man aber zum Teil sogar Muster. Zum Beispiel die hier:
Wer passende Schuhe haben will sollte sich nach den Funden von Iona richten. Zu finden hier: http://archäologydataservice.ac.uk/archiveDS/archiveDownload?t=arc...
Ich hoffe, das Ganze ist weder zu ausführlich noch unklar. Viel Spass bei der Piktendarstellung!