Charaktertipps für angehende Meuchler
Die Nacht ist dunkel, nur du bist noch unterwegs - nur mit einem kurzen Messer bewaffnet schleichst du dich fast unhörbar an siebenundzwanzig Wachen vorbei in das Zelt des Fürsten. Dort nähst du den Drohbrief mit dem Ultimatum auf die Brust seines Nachthemdes und verlässt das Zelt so spurlos, wie du gekommen bist ...
Das Charakterkonzept des 'Meuchlers' ist auf den ersten Blick eines der attraktivsten im ganzen LARP. Geheimnis und Macht über Leben und Tod verbinden sich zu einer unwiderstehlichen Kombination. Dieser Artikel behandelt die Probleme beim Spielen eines Meuchlers und bietet Lösungsvorschläge und Alternativen an.
Der Meuchler gehört zu den stigmatisierten Rollen
- Manche Spieler differenzieren zwischen einem Meuchler als Auftragsmörder und einem gewöhnlichen Mörder ohne Auftrag und empfehlen, diesen Unterschied ggf. auf dem Charakterbogen kenntlich zu machen.
Die praktischen Probleme
Die praktischen Probleme beim Meucheln sind vielfältig, insbesondere für 'Neuspieler' (siehe auch Einsteiger/AnfangenMitLarp):
- Die Geheimhaltung. Der Meuchler muss sein Treiben auf der einen Seite geheim halten (sonst geht er an den Galgen oder wird von einem Paladin standgerichtet), auf der anderen Seite muss es möglich sein, ihn zu beauftragen. In der Realität verfügen gedungene Mörder über ein mit langem Atem aufgebautes breites Netz an Kontaktleuten mit mehr oder weniger kriminellem Hintergrund, durch das Interessenten Schritt für Schritt weitergeleitet werden, bis sie schließlich dem Killer selbst die nötigen Informationen geben können. Im LARP reicht die Zeit niemals für den Aufbau eines solchen Netzwerkes. So kommt es zu unangenehmen Szenen, bei denen ein nichtsahnender Ritter von einem Herrn in dunklem Umhang mit einem "Ich könnte den Baron für Euch umbringen! Kostet nur xxx Goldstücke!" von der Seite angegangen wird. Ist der Ritter ein guter Rollenspieler, lässt er den Möchtegern-Mörder vor Gericht stellen. Ist er es eher nicht, oder hat er Mitleid mit dem Assassinen-Anfänger, lässt er ihn abblitzen. Die Fälle, in denen so ein Kunde geworben wird, werden sehr, sehr rar sein.
- Die Frage der Entlohnung: Der erfolgreiche Profi-Killer tut sein Werk nicht um Gottes Lohn. Leider ist auf der Mehrzahl der Cons kein durchgängiges Geldsystem im Einsatz (Ruhmreiche Ausnahme bilden da die 'Dilettanten'. Dort wird auch das Frühstück mit Glastropfen-Spielgeld bezahlt. Das macht dann auch Dienstleistungen für andere attraktiv - aber dazu später mehr auf einer seperaten Seite). Es ist also auf vielen Cons nicht möglich, den Killer mit etwas zu belohnen, was ihm wirklich nützen würde. Auch die Münzen, die auf vielen Cons unterwegs sind, haben keine echte Kaufkraft. Was soll der Meuchler also für seine Tat verlangen? Wenn der Kunde nichts Attraktives bieten kann, bleibt der Mörder zu Haus.
- Die Opferfrage: Welche Leute sind denn überhaupt potentielle Opfer für bezahlte Profi-Killer? Das sind typischerweise die exponierten Prominenten des Spieles. Also eher der Baron als der Bauer, eher der Magnat als der einfache Magus. Für die Beseitigung von 'Bürgern' wird niemand viel zu zahlen bereit sein, und selbst, wenn der Killer zum Raubmörder wird, wird er in den Taschen der Bürger nicht viel Lohnendes finden. Daraus ergibt sich, dass der Killer sehr, sehr selten zum Einsatz kommt - wieviele Barone sterben durch des Mörders Hand? Für den Spieler heißt das, dass seine Dienste selten, vielleicht nie nachgefragt werden. Das ist schlecht für den Spielspaß - wenn man sich auf etwas spezialisiert hat, will man es doch auch mal tun.
Neben den drei erwähnten Problemen ergeben sich noch zahlreiche kleinere - aber diese klene Auswahl sollte ausreichen, um deutlich zu machen, dass der Meuchler eine Charakterklasse mit potentiell sehr geringem Spielspaß sein kann - es sei denn, a) du hast ein Netzwerk von Zuträgern, spielst b) auf einem Con mit funktinierendem Geldsystem mit realer Kaufkraft, das c) vom Plot her vermuten lässt, dass goße Nachfrage nach Attentätern besteht.
Der Spieler ist auch Regisseur
Ein Problem auf einer anderen Ebene tritt auf, wenn du nicht nur deinen eigenen Spielspaß optimieren willst, sondern dich selbst auch als 'Regisseur' für deine Mitspieler begreifst. Sich selbst als Regisseuer zu begreifen ist eine Schlussfolgerung aus der Beobachtung, dass dein Handeln auf die Spielsituation der Mitspieler einwirkt und dass du ihnen mehr oder weniger unterhaltsame Con-Tage bereiten kannst. Mal davon ausgegangen, dass du deinen Mitspielern nicht absichtlich den Spaß verderben willst, ergibt sich hier eine Optimierungsaufgabe mit mehreren Einflussgrößen, z.B: 'Spiele so, wie es dein Charakter tun würde', 'Spiele so, dass du als Spieler viel Spaß hast' und 'spiele so, dass die Mitspieler Spaß haben' (andere Beweggründe sind natürlich ebenfalls möglich).
Diese Ziele sind oft nur scheinbar widersprüchlich - das Beispiel 'Meuchler' ist hier ein gutes Beispiel. Jemandes Charakter umzubringen ist für den Spieler in den seltensten Fällen angenehm, möglicherweise nimmt es ihm einen guten Teil seines Spaßes, den geliebten Charakter ausscheiden zu sehen. Ein Meuchler, der sich als Regisseur für sein Opfer versteht, wird möglicherweise eine alternative Lösung wählen. Vielleich genügt es zur Erreichung der Ziele des Auftraggebers ja schon, wenn
- das Opfer eingeschüchtert wird (findet am Morgen eine Lilie und einen Dolch auf seinem Bett)
- das Opfer für eine Weile verschwindet (der Kanzler kann die entscheidende Sitzung nicht einberufen, der Auftraggeber wird deshalb zum Regenten). Der Entführte kann 'nach dem Con' wieder freigelassen werden.
- dem Opfer kompromittierende Gegenstände untergeschoben werden (der Becher des Pharaos ...)
- das Opfer gegen einen ähnlich aussehenden Menschen ausgetauscht werden (Doppelgänger)
- das Opfer mit Drogen oder Zauber in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt werden kann.
Interessanterweise sind fast alle Lösungen, die den Tod des Opfers vermeiden, sowohl schwieriger (das ist die Herausforderung für den Attentäter) als auch m.E. interessanter als das bloße Abschlachten. Mit solchen oder ähnlichen Methoden ist es denkbar, das Charakterkonzept des Meuchlers in die Tat umzusetzen und die entsprechenden Klischees zu bedienen, ohne jemals tatsächlich einen anderen Charakter umzubringen.
Nachtrag
Gute Tarnung ... unentbehrlich!
Tja ja, wer nicht gerade ein brillantes Netzwerk von Informanten und zusätzlichen Agenten hat (oder eben einfach letzterer von Berufung ist ...), wird wohl kaum vom "Meuchlerdasein" alleine leben können ... nun ja, vielleicht schon, aber dann gewiss nicht von langer Dauer ;o) Darum, liebe meuchelnden Mitlebewesen, rate ich euch, nehmt euch nen gewöhnlichen Beruf! Das nutzt dem Ambiente, ihr lernt ne Menge Leute kennen und keiner wird vermuten, dass gerade der Augenoptiker der Mörder war. ;o) Beim Optiker (beispielsweise) wird kaum eine Verbindung zu etwaigen Morden existieren. Nehmt ihr lieber einen Arzt, wisst ihr eurer Arbeit wegen um Vitalpunkte, Nervenbahnen, Säfteflüsse und Gifte, die ihr sonst ja zu neutralisieren und Vorangehendes zu vitalisieren versucht. Es geht aber auch anders herum! So könnte zum Beispiel einer eurer Opf... Patienten starken Blutungen erliegen oder je nach Rollenspiel und Auftraggeber nach einer eurer speziellen "Vitalmassagen" für die nächsten Stunden gelähmt sein. Wie ihr nun mordet, als Schankwirt, Heiler, normaler Söldner oder sonstwas, sei euch selbst überlassen! Die Möglichkeiten sind, wie sonst auch - in einem gewissen Rahmen - unbegrenzt! Das -oni-
Seit 2004 gibt es die DienstleisterGilde, die versucht, mit Hilfe der jeweiligen Orgas das Meuchlerkonzept weitestgehend zu bedienen, ohne dabei mit SC Interessen zu überschneiden. Von der Idee her nicht übel und unter meiner Mitwirkung entstanden. Auf jeden Fall mal einen Blick wert, falls man interesse daran hat seinen Meuchler in eine bespielte Gildenumgebung zu integrieren. Das Erspart das oben angesprochene Dilemma der Tarnung, Auftragssuche und Entlohnung weitestgehend und man kann sich auch für Cons ohne Gilde einen möglichen 'Plot' geben lassen. Auch besteht hiermit die Möglichkeit, den Charakter nicht gleich als Meister-Meuchler anzufangen, sondern zugleich seinen 'Aufstieg' innerhalb dieser Gilde auszuspielen, da hier ebenfalls Ausbildung und Aufstieg im Rang aktiv bespielt werden!
Nicht zu verwechseln mit Meinung/Sozialverhalten/NetzbasierteMeuchlergilden
--[Moe]
Zusammenfassung
Wer immer einen Meuchler spielen will, sollte die drei praktischen Probleme a) Kontaktaufnahme vs. Geheimhaltung, b) Entlohnung und c) potentielle Zielpersonen und Nachfrage für das nächste Con beantworten können. Darüber hinaus sollte er sich Gedanken machen, wie er 'kreativ' - das heißt jenseits des 'Kehle Durchschneidens' - Personen ausschalten will.
Als Schlusswort: Niemand will den erfolglosen Meisterassassinen sehen, der aus Langeweile und weil niemand ihm einen Auftrag geben will, schließlich nächtens schlafenden Söldnern die Kehle durchschneidet, um an ihre zwei Kupfer fünfzig zu kommen. Davon gab es schon zu viele.
Bevor auf diese Schiene gerätst, lass es lieber sein.
Das lass lieber sein
Nicht "sinnlos" drauflos meucheln. Besser, wenn es denn mal sein muss, im Off den entsprechenden SC fragen, ob er damit ein Problem hat (gar nicht wenige sagen "nein"), denn in so einem Charakter steckt häufig recht viel Zeit und auch Geld. Man sollte dem Opfer vor allem eine Chance geben, sich zu sichern und darauf vorzubereiten. Ein Drohbrief oder eine Nachricht wie "Du wirst den Morgen nicht erleben" oder irgend etwas Flaches dieser Art tut da gute Dienste. So wird es eine Herausforderung für den Meuchler (kein sinnloses Gemeuchel) und der Auserwählte kann sich drauf einstellen, dh. bewaffnen, verstecken, fliehen, oder einfach nur hektisch umherschauen. Es kann geschickter sein, jemand anderen fragen zu lassen und nach manchen Regelwerken macht das ohnehin die SL. Oftmals existieren auf Großcons sogenannte 'Gilden', welche den Meuchler mit Aufträgen versorgen. Einfach Augen offen halten.
Siehe auch: Tod