In-Time-Logik funktioniert nicht einseitig
Legt mich gefälligst um wenn ich wach bin, dann kann ich auf euch eingehen und wenigstens eine vernünftige Sterbeszene bieten.
Aus diversen Diskussionen in Drachenfest-Forum hat sich nun das hier herauskristallisiert. Was ist logisch, was ist konsequent, und warum gibt das Probleme mit verschiedenen Ansichten?
Man kann in Realität durchaus Dinge tun, die andere Leute betreffen, ohne dass diese es mitbekommen. Im Liverollenspiel geht das noch ein bisschen weiter, weil Leute sich ausßrhalb des Spieles befinden können, im sogenannten OutTime. Sie würden da jetzt rein theoretisch am Boden liegen, aber leider ist das zu gefährlich, ergo sitzen sie neben dem Schlachtfeld, rauchen Zigarette und gucken sich die Schlacht an, würden aber eigentlich tot herumliegen. Man kann dieses OutTime natürlich minimieren und bekommt damit ein kohärenteres Spiel, meist auf Kosten von Bequemlichkeit, Privatsphäre oder Sicherheit. So, nun kann man also im Liverollenspiel im Prinzip Leuten nicht nur Dinge antun, die der Spieler überhaupt nicht mitbekommt, sondern auch solche, die der Spieler mitbekommt, aber die Figur des Spielers (dessen Charakter) nicht; und solche, die der Charakter mitbekommen müsste, aber der Spieler nicht mitbekommt.
Das Problem beginnt dann wie üblich damit , dass Leute GewinnenWollen. Die Idee ist dann die, dass wenn man irgendetwas in Realität tun könnte, dies irgendwie im Liverollenspiel emuliert werden müsste. Weil ja sonst die eigene Vorstellung von Logik und Konsequenz nicht mehr stimmt. Die anderen würden eben mitspielen müssen. Tun sie vielleicht. Vielleicht wollen sie aber auch gewinnen, und finden es nun für sie inkonsequent. Vielleicht wollen sie aber nicht unbedingt gewinnen, und finden es sonstwie unlogisch. Und der letztere ist mein Standpunkt.
Solange man als Spieler etwas mitbekommt, kann man entsprechend handeln. Wenn nun dem Charakter etwas passiert, das der Spieler nicht mitbekommt, wird er sich nicht darum kümmern; ergo er spielt nicht mit. Als Beispiel, wenn mir jemand einen Bolzen in den Rücken schießt und ich es nicht mitbekomme, ist es mir eben auch egal. Und da muss mir dann niemand nachher kommen und jammern, ich hätt einen Bolzen im Rücken und müsste tot sein. Weil ich OT-Erklärungen eigentlich nicht ausstehen kann, und die für mich das Spiel brechen. Dann ists für mich eben nicht mehr Live-Rollenspiel; die Unmittelbarkeit geht verloren, ich kann eigentlich nicht auf einen Bolzen eingehen, den ich seit 5 Minuten im Rücken hätte; weil dann hätte ich 5 Minuten lang "falsch" gespielt. Aber es gibt kein "Undo". Also muss ich davon ausgehen, dass der Bolzen abgeprallt ist oder ein Streifschuss durch die Kleidung oder sowas, ergo irrelevant. Und jemanden, der mir das danach vorjammert, brauch ich dann bestimmt nicht (natürlich kann man mich irgendwann später darauf anzusprechen, sowas hilft dann auch öfters, um Misverständnisse zu klären).
Der Extremfall eines Spielers, der nicht mitbekommt, was passiert, ist einer, der entweder abwesend oder schlafend ist. Was recht ähnliche Zustände sind, abgesehen davon, dass Schlafende erwachen oder geweckt werden können. Die Abwesenden müssten zufällg zurückkommen oder geholt werden. Ich spiele Liverollenspiel, wenn ich bei Bewusstsein bin, nicht, wenn ich schlafe. Was immer irgendwer behauptet, mit mir getan zu haben, während ich geschlafen habe, interessiert mich nicht. Wenn ich während der Wache gepennt habe und ihr seid an mir vorbeigeschlichen, ist das in Ordnung, wenn ihr mir nebenbei das Geld aus der Matratze klaut, auch, aber wenn ihr mir am nächsten Morgen erzählt, ihr hättet mich im Vorbeigehen gemeuchelt oder KO geschlagen oder was auch immer, ignoriere ich das.
Ich spiele nur, wenn ichs mitbekomme. Wenn ich die Augen zumache, bin ich aus dem Spiel. Für alle anderen bin ich ein schlafender Kerl; und das Einzige, was die für mich Spielrelevantes tun können, ist mich zu wecken, dann bin ich wieder im Spiel. Alle Aktionen von Niederschlagen, Zeltabbrennen bis Meucheln krieg ich vorher nicht mit, sind also sinnlos. Dass da irgendjemand seine verquere Idee von logischem Verhalten durchzwängelt (ja, in der Realität würde man Zelte abbrennen und Leute im Schlaf umlegen), ist für mich im Spiel absolut nicht interessant, weil ich nicht mit ihm spielen kann, weil schlafend. Genausogut könnte ich grad geografisch woanders sein. (Und nebenbei: Wenn da jemand im Zelt in einem quietschbunten Schlafsack liegt, ist der für mich sofort offensichtlich nicht im Spiel).
Liverollenspiel heißt nicht, dass man seine verqueren Ideen mit irgendwelchen Dummys durchführen kann, sondern dass mindestens zwei Leute miteinander interagieren, und wenn das der Meuchler und das Opfer sind - die müssen beide agieren können, sonst ist das nur irgendeine Wixerei von jemandem. Könnte man sonst gradsogut in einem leeren Zelt vollführen, weil da auch niemand ist der mit einem spielt.
Nicht nur, dass ich eigentlich mit niemandem spiele, sondern versuche, in die "Zukunft" des anderen einzugreifen, auch konfliktieren solche Dinge wie das Niederbrennen von Zelten mit der Logik und Konsequenz der anderen Seite: "Wir würden jetzt nicht mehr da übernachten (tun es aber, weil wir sonst nirgendwo schlafen könnten)". Man kann nicht für sich "konsequentes Spiel" in Anspruch nehmen und dafür die anderen unglaubliche Mengen an unlogischem Mist schlucken lassen.
Summa summarum geht es darum, dass ich mein Verständnis von "Logik" eben nicht nur an mir festmachen kann, sondern auch am Gegenüber. Falls ich mit meinem (in der Realität eigentlich logischen) Verhalten dafür die Spiellogik aus der Sicht des anderen (weil der eben nix mitbekommen hat) zerstören würde, dann kann ich dieses Verhalten eben nicht durchführen.
Man ignoriert eine Option. Das ist nicht schwer. Wenn die Regeln besagen, dass man im Kampf nicht stechen darf, dann ignoriert man eben die Option zu stechen, auch wenn es logisch wäre. Und hier ignoriert man eben die Option, Dinge mit Leuten anzustellen, die schlafen, anderweitig nicht verfügbar sind oder etwas nicht mitbekommen haben.
--SeeGras
[Unfertiger Salat. Ich weiß jetzt, wie RalfHüls zu seinen Seiten kommt.]
[Und der zweite Text.]
Einige Probleme, die an Liverollenspielen auftauchen, lassen sich dadurch erklären, dass da jemand einseitig seine Idee von Logik durchdrücken will gegenüber von Leuten, die gerade nicht mit ihnen spielen (können) oder sonstwie indisponiert sind. Die ganzen OutTime-Zonen zum Beispiel entstehen deshalb, weil gewisse Spieler nicht einsehen, warum sie nachts nicht in ein Zelt eindringen sollten, um die Schlafenden umzunieten; oder weil sie nicht einsehen, dass jemand, der zur Toilette will, vermutlich nicht gerade Zeit hat, um ausgeraubt zu werden. Ergo erklärt man sowas dann grundsätzlich zur OutTime-Zone.
Von oben betrachtet haben wir es hier mit einem Problem zweier (eigentlich vier) verschiedener Spielphilosophien zu tun.
a) Ich will spielen können, was mir als logisch und konsequent erscheint, und wenn ich Zettelchen mit "abgebrannt" an Zelte hängen muss, weil es eben logisch war, das Lager einzuäschern. Und ich erwarte, dass die anderen da mitmachen.
b) Ich will nur spielen, was beiden Parteien als logisch erscheint. Und am Morgen zu erfahren, dass das eigene Zelt abgebrannt sei, zerstört für den Betreffenden die Spiellogik. Also lass ich solche Dinge grundsätzlich, auch wenn es in "Realität" Sinn machen, würde das Lager einzuäschern.
Dazu kommen noch die zwei unterschiedlichen Ansichten darüber, wie man etwas darstellen soll; respektive eben nicht. Das D, das zwischen DKWDDK und DKWDK unterscheidet. Ich persönlich gehöre eher in die DKWDK-Klasse, d.h. bin der Meinung, dass alles, was man tun kann, nicht mit irgendwelchem Ersatz dargestellt werden soll. Ich habe zum Beispiel mittelalterliches Einbruchswerkzeug und werde den Teufel tun, mich mit irgendwelchen Zettelchen, wo "Schloss" draufsteht, herumzuschlagen. Dasselbe gilt für Fallen, Heilkräuter usf. Wenn etwas nicht geht ("niederbrennen"), würde ich es also eher unterlassen als emulieren.
Wir bringen es auf anderen Spielen auch fertig, dass Zelte grundsätzlich keine OutTime-Zone sind, weil die Leute etwas mehr Takt haben (weil z.b. eben niemand einfach so ein Zelt stürmt, es sei denn, jemand würde da mit Bolzen herausschießen etc.). Ich bin gerne 24h InTime, und ich bin sogar so extrem, dass ich Zelte, Schlafräume, Toiletten (falls ambientig passend) ebenfalls als Spielzonen ansehen würde - wenn ich davon ausgehen kann, dass die Leute genügend Takt haben, da nur mit Leuten zu spielen, die spielen wollen und können; sprich, nicht in ein Zelt mit Schlafenden einzudringen, um die umzunieten oder niederzuschlagen oder jemanden, der auf der Toilette indisponiert ist, auszurauben.
Da ich das offensichtlich um Leute herum, die ihr eigenes konsequentes Spiel über das konsequente Spiel von anderen stellen, nicht kann, befürworte ich diese OT-Regeln auf dem Drachenfest.
Siehe auch: InTime