Hausordnung eines Herrschaftshauses
Diese Hausordnung wurde aus diversen Texten im Web zusammengestückelt und für das Oschenheim-Spiel "Des Markgrafen Hintertreppe" angepasst. Sie mag als Beispiel für die Hausordnung eines herrschaftlichen Hauses gelten. Die Vorlagen stammen vermutlich aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Hausordnung
Für das Gesinde, welches beim Markgrafen von Oschenheim und im Stadthaus seiner Gnaden dient, gelten nachstehende, von einem Jeden genau zu befolgende Vorschriften:
Allgemeines
- Das Gesinde ist seinem hohen Dienstherrn, Seiner Hoheit Markgraf Aymarus von der Oschenfurth, und dessen Familiengliedern zur Ehrerbietung, dem Schlossgüterverwalter und dem Aufsichtspersonal zur Achtung verpflichtet.
- Die Hausgemeinschaft unterliegt einer strengen hierarchischen Ordnung.
- Markgräfliche Familie und Gäste
- Kammerherr für alle Angestellten
- Majordomus im Haus
- Köchin, als direkte Ansprechpartnerin
- Im Auftrag der Herrschaft organisieren der Kammerherr, Majordomus und die Köchin den Haushalt.
- Der Kammerherr trägt die Verantwortung für das Wohlergehen aller Familienmitglieder und deren Gäste.
- Der Majordomus trägt die Verantwortung für den gesamten Dienst- und Personalbereich, koordiniert die Reinigungsarbeiten in den Herrschaftsräumen sowie alle Arbeiten rund um den Garten und den Tennisplatz.
- Die Köchin ist für die Zubereitung des Essens zuständig, verwaltet die Vorräte und überwacht die Arbeiten im Dienstbotentrakt sowie das Wäschewaschen.
- Darunter stehen das Stubenmädchen und die Zofe, der Bademeister, die Burschen, das Hausmädchen, das Küchenmädchen und das Mädchen für alles.
- Der Hauslehrer und die Gouvernante stehen außerhalb der Hierarchie, sie müssen mit Respekt behandelt werden, stehen aber keinesfalls über dem Kammerherrn und dem Majordomus.
- Alle Dienstboten müssen den Anordnungen der Herrschaft unverzüglich, nach besten Kräften und ohne jeden Widerspruch Folge leisten.
- Wenn ein Mitglied des Personals der markgräflichen Familie oder ihren Gästen im Haus oder im Garten begegnet, muss es respektvoll zur Seite treten und sie passieren lassen. Die einfachen Dienstboten, etwa der Bursche oder das Küchenmädchen, dürfen die Herrschaften nicht direkt ansprechen, sondern müssen warten, bis sie angesprochen werden
- Die markgräfliche Familie wird mit "Euer Gnaden" angesprochen (z.B. "Wie Euer Gnaden wünschen", oder "Haben Euer Gnaden noch einen Wunsch?" “Wie Eure Hoheit befehlen” “Wie Eure Hoheit erwarten”).
- Innerhalb der Dienstbotenschaft werden der Kammerherr, Majordomus und die Köchin mit dem Nachnamen angesprochen und gesiezt, die niederen Dienstboten duzen sich.
Hausbereich
- Das Gutshaus gliedert sich in einen Herrschafts- und einen Dienstbotenbereich. Zum herrschaftlichen Bereich gehören die Repräsentationsräume im Erdgeschoss (kleiner Salon, Speisezimmer, Wintergarten, großer Salon, Bibliothek, Arbeitszimmer) und die Schlaf- und Gästezimmer im ersten Stock.
- Der Dienstbotenbereich umfasst das Gesindehaus sowie das gesamte Untergeschoss und das Anrichtezimmer im Erdgeschoss des Herrschaftshauses. Im obersten Stock befinden sich außerdem die Schlafzimmer der Köchin und des Majordomus und des Kammerherrn.
- Die Dienstboten halten sich im herrschaftlichen Bereich entweder gar nicht auf oder nur, wenn es ihre Arbeit unbedingt erfordert.
Ordnung und Pflichten
- Liebesgeschichten und Tändeleien innerhalb des Dienstpersonals sind strengstens untersagt. Das gleiche gilt für Beziehungen zwischen Herrschaft und Dienerschaft. Im Ernstfall muss die gnädige Frau geeignete Maßnahmen ergreifen, die das Ansehen des Hauses wieder herstellen. Das kann die Entlassung eines Dienstboten sein.
- Das Gesinde soll sich eines gut ceridischen Lebenswandels befleißigen, und an Sonn- und Festtagen, soweit es der Dienst zulässt, den Kirchenbesuch nicht versäumen.
- Ein Jeder hat die Manifeste des heiligen Hilarius zu achten
- Jeder Dienstbote soll sich, soweit es die Beschäftigung gestattet, in Kleidung und am Körper reinlich halten und dafür sorgen, dass auch die ihm zum Gebrauche übergebenen Sachen stets in einem den Umständen nach möglichst sauberen Zustande sind.
- Jeder hat des Morgens, bevor er zum Frühstück geht, sich zu waschen und dieses vor jeder Mahlzeit zu wiederholen, wenn er eine verunreinigende Arbeit verrichtet hat.
- Jeder hat seine Kleider so oft als erforderlich waschen zu lassen, und wenigstens an jedem Sonntage ein sauberes Hemd anzuziehen.
- Das Oschenheimer männliche Gesinde darf, insoweit nicht etwas anderes bestimmt wird, an Sonn- und Festtagen, sowie des Abends nach der Essenszeit an Werktagen in die Stadt ausgehen, bis auf eins in jedem Bereiche, welches nach bestimmter Reihenfolge die Amtswache zu halten hat.
- Zur Esszeit und des Abends um 10 Uhr muss jedoch Jeder wieder zu hause sein.
- Die weiblichen Dienstboten dürfen überhaupt nicht ohne Erlaubniß ausgehen.
- Kein Dienstbote darf einen Fremden auf dem Hofe beherbergen.
- Das Gesinde darf sich weder betrinken, noch durch Zänkerei oder Schlägerei mit dem weiteren Gesinde Unfrieden und Unordnung veranlassen. Insbesondere wird ihm zur Pflicht gemacht sich innerhalb des Schlosses ruhig und anständig zu betragen und jeden Lärm zu vermeiden.
- Mit Feuer und Licht hat Jeder vorsichtig umzugehen. Insbesondere wird in dieser Beziehung bestimmt:
- In den Ställen, auf den Böden und innerhalb des Hauses darf Niemand rauchen. Auf dem Hofe ist nur vor der Gesindestube das Rauchen erlaubt;
- Ebenso darf Niemand in Ställen, Scheuern, Böden oder auf dem freien Hofe ein offenes Licht haben, oder eine zerbrochene oder geöffnete Laterne gebrauchen.
- Wird eine Laterne zerbrochen, so ist dieses sogleich beim Markgräflichen Schlossgüterverwalter anzuzeigen.
- Die Laternen sind immer sauber geputzt zu halten. Das Putzen derselben hat von dem zu jedem Bereiche gehörigen Gesinde der Reihenfolge nach zu geschehen.
- Die Küche und das herrschaftliche Badezimmer sind mit großen Wasserkesseln, welche aufgeheizt werden können, ausgestattet. In jedem Schlafzimmer gibt es eine Schüssel und einen Krug, der täglich mit frischem Wasser gefüllt wird. Für Ihre Gnaden Marya und ihre Gäste steht eine Badewanne bereit. Wünschen die Herrschaften zu baden, wird der Badeofen vom Hausmädchen angefeuert und das Wasser in die Wanne eingelassen.
- Die Kosten für zerbrochenes Geschirr zieht der Diener dem Personal vom Lohn ab.
Tagesplan
- Sobald der Majordomus das Gesinde des Morgens um 6 Uhr geweckt hat, muß Jeder sogleich aufstehen und sich an seine Arbeit begeben. Insbesondere hat Jeder sogleich das ihm anvertraute Vieh zu füttern und zu putzen.
- Auf das weitere vom Majordomus zu gebende Zeichen hat sich Jeder pünktlich um 9.45 Uhr zur Morgenandacht in der Leutestube zu versammeln. Die Andacht hält der Hauslehrer.
- Das Machen der sämmtlichen Gesindebetten, sowie das Auskehren und Reinigen der Gesindeschlafstuben und der Gesindestube hat jeden Morgen nach dem Frühstücke, nachdem es Tag geworden und das Gesinde an seine Arbeit gegangen ist, durch die Hausmägde zu geschehen.
- Für das Gesinde gibt es täglich drei Mahlzeiten für alle.
- Die Dienstboten haben sonntags einen halben Tag frei. Die Entscheidung, ob sie tatsächlich frei nehmen können, hängt von den Plänen der Herrschaft und den Arbeiten im Haus insgesamt ab. Einen Urlaubsanspruch gibt es nicht.
- Die Dienstboten haben die Pflicht einmal wöchentlich in der Waschküche zu baden. Sie teilen sich das Badewasser.
- Der ganze Hof ist jede Woche wenigstens einmal von sämmtlichen Knechten in Gemeinschaft zu säubern.
- Jeder Dienstbote welcher gegen obige Vorschriften handelt, verfällt in eine von dem Gräflichen Schlossgüterverwalter auszusprechende und nach den Umständen eines jeden Falles zu bemessende Strafe zu vollstrecken.
Oschenheim Stadt, 15. August 113
--RalfHuels - 13.11.2005
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