Latexkrebs
Was ist Latexkrebs?
Latexkrebs ist die in LARP-Kreisen gängige, umgangssprachliche Bezeichnung für die Zersetzung der chemischen Struktur von Latex durch Depolymerisation (Abbruch der Molekülketten). Es handelt sich dabei um einen natürlichen Alterungsvorgang des Latex, der durch diverse Faktoren beschleunigt werden kann.
Annette Rauscher beschreibt dies in ihrer Semesterarbeit Auswirkungen einzelner Bindemittel auf die Latexalterung (PDF; WS 2000/2001, S. 8) wie folgt:
Äussere Einflüsse tragen zu den Veränderungen bei, die bei der Alterung von Latex zu beobachten sind. Sauerstoff und Ozon sind zwei Faktoren, die für die Degradation von Latex ausschlaggebend sind. Die Oxidation ist eine durch freie Radikale ausgelöste Kettenreaktion. Dabei wird Sauerstoff aufgenommen was einerseits zu einem Kettenabbruch, andererseits auch zu Vernetzungen führen kann. Die Verkürzung der Polyisoprenketten führt zu einem Erweichen des Materials wohingegen die Vernetzung eine Versprödung zur Folge hat. Bei Naturkautschuk ist bei der Alterung zunächst eine Erweichung festzustellen, die sich mit fortschreitender Degradation in ein hartes und sprödes Erscheinungsbild umwandelt. Nicht nur Sauerstoff und Ozon spielen bei den Oxidationsreaktionen eine Rolle. UV-Strahlung dient an dieser Stelle als Katalysator für die Photooxidation. Die UV-induzierte Alterung ist allerdings auf die Anwesenheit von Sauerstoff angewiesen. Es gibt jedoch auch eine Oxidationsform, die unter Ausschluss von Sauerstoff stattfinden kann. Die Autooxidation ist sozusagen eine Umplatzierung des im Molekularsystem vorhandenen Sauerstoffs. Dieser wird freigesetzt und an einer anderen Stellen wieder eingebracht. Dabei kann je nach Platzierung Schwefelsäure entstehen (bei vulkanisiertem Kautschuk).
Latexkrebs betrifft in der Praxis vor allem LARP-Waffen, da fast jeder LARPer diese besitzt, kommt aber auch bei Latexmasken (z.B. für Orks) und anderen Latexteilen vor. Auch bei Silikonmasken ist eine Depolymerisation möglich.
Was verursacht Latexkrebs?
Annette Rauscher (ibid.) schreibt dazu ("Latizes" ist übrigens der fachsprachliche Plural von "Latex"):
Es gibt eine ganze Reihe von Stoffen, die den Degradationsprozess katalysieren. Gase oder Flüssigkeiten können in den Kautschuk eindringen und Quellung oder Schrumpfung auslösen. Dabei kann es zum Extrahieren von löslichen Mischungsbestandteilen wie zum Beispiel Weichmachern kommen. Auch der Kontakt mit Metallen wirkt sich negativ auf Naturkautschuk aus. Kupfer und Mangan in kleinen Mengen, zweiwertiges Eisen, Kobalt oder Nickel in höheren Konzentrationen, beschleunigen die Autooxidation. Mechanische Faktoren haben ebenfalls Einfluss auf das Alterungsverhalten der Latizes. Bei Objekten, die unter ständiger Spannung oder unter Druck gehalten werden lässt sich eine Verformung und Versprödung nicht vermeiden.
Auch das Lösungsmittel im Pattex (der im Larpwaffenbau vorzugsweise verwendet wird) ist wohl für den Latexkrebs mitverantwortlich und beschleunigt diesen. Wenn das Lösungsmittel nicht vollständig getrocknet ist und die Waffe zu früh (vor dem vollständigen Auslüften) gelatext wird, kann Latexkrebs frühzeitig auftreten.
JörgWeber kam nach Untersuchungen zu dem Schluss, dass neben UV-Licht auch Schweiß und Hautfett, falsche Farb-Pigmente und Lösungsmittel ein Grund für Latexkrebs seien. Die Lösungsmittel können sowohl aus dem Kleber der Waffe stammen (nicht genügend ausgedünstet oder falscher Kleber) als auch von anderen Waffen, mit denen die Waffe gelagert wurde, oder von Benzinen, Dämpfen, Fetten und Ölen im Auto oder Keller. Die Ergebnisse einer Testreihe fanden sich im LarpInfoForum. Andere Larpwaffenbauer dementieren Jörgs Ergebnisse und machen allein das Lösungsmittel im Pattex für Latexkrebs verantwortlich.
Mit Coetrans oder Isoflex behandelte Waffen sind weniger anfällig für Latexkrebs (da die Reaktion Sauerstoff benötigt), können diesen aber nicht verhindern (Autooxidation).
Die gelegentlich gehörte Aussage, dass Latexkrebs durch Ansiedlung bestimmter Bakterienstämme im Latex entsteht, die bei Kontakt mit Schweiß und anderen organischen Substanzen "aufwachen" und das Latex zerfressen, ist falsch.
Woran erkennt man Latexkrebs?
Fühlt sich die Waffe an einer Stelle "zuckrig-klebrig" an, so ist sie befallen. Das Latex löst sich an einer Stelle auf oder wirft Blasen. In der Regel fängt Latexkrebs an Stellen an, die häufig mit der Hand in Kontakt kommen (Parier oder Knauf), kann aber auch überall sonst an der Waffe auftreten.
Was kann man dagegen tun?
Im Voraus
Als Vorsorgemaßnahmen empfehlen sich:
- Waffen beim Kleben sehr gut auslüften zu lassen, damit sich die Lösungsmittel im Pattex verflüchtigen.
- Oberflächenbeschichtung mit Coetrans oder Isoflex.
- Regelmäßige Behandlung mit Talkum oder (lösungsmittel- und ölfreiem) Silikonspray.
- Waffen von Lösungsmitteln, Fett und Öl fernhalten.
Im Nachhinein
Gar nichts! Wenn eine Waffe erst einmal befallen ist, ist alles zu spät. Die chemische Reaktion lässt sich nicht aufhalten und erst recht nicht rückgängig machen. Eine Behandlung mit Talkum oder Silikonspray ist im Nachhinein wirkungslos. Ist eine Waffe mit Latexkrebs befallen, hilft nur noch, die Latexschicht komplett abzuziehen und die Waffe neu zu latexen.
Auf gar keinen Fall sollte über befallene Stellen drübergelatext werden, da auch diese Stellen bald befallen sein werden. Des Weiteren sollte man mit dem abziehen und neu-latexen nicht zu lange warten, da das zuckrig-klebrige Reaktionsprodukt auch in den Schaumstoff eindringen und diesen unbrauchbar machen kann.
Übertragbarkeit von Latexkrebs
Die Übertragbarkeit ist umstritten. Viele Waffenbauer behaupten, dass Latexkrebs "ansteckend" sei, dass also eine befallene Waffe, die in Kontakt mit einer "gesunden" Waffe kommt, den Latexkrebs auf diese übertragen könne.
Ob das stimmt, ist fraglich. Dennoch sollten aus Vorsichtsgründen befallene Waffen sind beim Waffencheck aussortiert und nicht mehr verwendet werden. Vorsorglich sollten zudem befallene Waffen getrennt gehalten werden, um eine Übertragung zu verhindern.
Siehe auch
Auswirkungen einzelner Bindemittel auf die Latexalterung - (PDF) Annette Rauscher, Semesterarbeit, WS 2000/2001
Vorvulkanisierter Naturlatex in der zeitgenössischen Kunst - Möglichkeiten der nachträglichen Stabilisierung - (PDF) Martina Pfenninger, Diplomarbeit, 06.09.2004
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