Larpmeinung: Klischees im LARP
Immer wenn in LarpForen Diskussionen über "besondere" Charakterkonzepte entflammen, dann sage ich immer wieder, dass ich total auf Klischees im Larp stehe. Aber warum?
Klischees zu bedienen hat meines Erachtens mehrere Vorteile.
Jeder kann auf mich so reagieren, wie ich es beabsichtige. Gut, sie können sich auch entscheiden, anders zu reagieren, aber sie wissen wenigstens, was ich wohl gerne hätte.
Gewandung
Wenn ich einen hohen Adligen spiele und eine tolle und prunkvolle Gewandung trage, dann erkennt jeder, was ich darstelle - also kann man mich eben wie einen Adligen anspielen. Ob man es jetzt benutzt, um sich vor mir in den Schlamm zu werfen oder um mich als arroganten Aristrokraten zu beschimpfen, bleibt natürlich jedem selbst überlassen.
Wenn ich hingegen einen hohen Adligen spiele und Bauernklamotte trage, wird mich niemand für einen Adligen halten und das wird bei mir zu Frust führen.
(Gut, das ist bis jetzt keine neue Erkenntnis. Allerdings stimmen bei diesem Punkt fast alle zu, bei Klischees allgemein aber eher wenige.)
Spiel
Von Elben erwartet man ein gewisses Verhalten. Man hat sich anständig zu bewegen, sich gewählt auszudrücken, eher ein wenig distanziert zum alltäglichen Leben der Menschen zu sein, Wertgegenständen wie Geldmünzen eher wenig Bedeutung zuzumessen und sollte generell ein wenig rätselhaft sein.
Wenn ich mich so verhalte, dann weiß mein Gegenüber, dass ich gerne wie ein Elb behandelt werden würde. Das kann er dann entweder damit kommentieren, dass "er schon immer einen richtigen Elben sehen wollte, wo man sich so viele Geschichten über dieses alte und weise Volk erzählt", oder damit dass "nicht schon wieder so ein arrogantes Spitzohr" seinen Weg kreuzt.
Aber was macht man mit dem gröhlenen Elb, der in der Taverne sitzt, sich einen hinter die Binde gießt und schmutzige Lieder singt? Den wird wohl niemand wie ein altes weises Wesen behandeln.
Charakterkonzept
Wenn man einen Waldelben spielt, dann dürfte klar sein, was man will: Natur, Tiere, vielelicht noch den Kontakt mit Waldwesen. Im Kampf wird man wahrscheinlich einen Bogen führen, als Rüstung wohl höchstens Lederrüstung. Wenn es also darum geht, eine Dryade im Wald zu finden und mit ihr darüber zu verhandeln, ob die Abenteurer eine heilige Frucht ihres Baumes haben dürfen, dann schickt man eben den Waldelben. Wenn man ein stimmiges Charakterkonzept hat, dann wird man auch passende Aufgaben zugeteilt bekommen.
Die Anderen können mich direkt einsortieren.
Gewandung
Ich bin ja starker Tolkienspieler. Bei Tolkien sind Wölfe böse, keine Diskussion. Ich habe OT kein Problem damit, dass es viele Spieler gibt, deren Charaktere das anders sehen. Aber auf einer meiner ersten Cons habe ich drei Tage lang mit jemandem andauern zusammen gespielt, der ein Wolfswesen darstellen wollte, was man dummerweise an nichts erkennen konnte. Das hat dann dooferweise dazu geführt, dass mein Charakter eigentlich ziemlichen Unsinn gemacht hat.
Spiel
Wenn sich jemand wie ein mächtiger Magier aufführt, dann kann ich im Zweifel zu ihm gehen, um mir bei magischen Problemen Hilfe zu holen. Was für den SC des Magiers dann natürlich wieder Spiel bedeutet. Der coole Magier, der immer schweigend in der Ecke sitzt, wird wegen magischer Probleme nicht angespielt.
Charakterkonzept
Ein klares, dem Klischee entsprechendes Konzept vereinfacht den Mitspielern die Reaktion. Wenn ein Ork vor mir steht, dann will Tharwaellon den angreifen. Im "Wir haben uns alle lieb"-Mythodea ist das ein wenig schwerer, aber was soll es. Wenn dann aber der SC erbost vor mir steht und mich fragt, wie ich mich erdreisten könnte ihn anzugreifen, er wäre schließlich ein lieber Ork, dann ist das eventuelle Ableben seines Charakters doch vor allem seinem Konzept geschuldet. Wenn man sein Konzept nicht den Klischees anpasst, dann darf man sich nicht wundern, wenn man trotzdem so behandelt wird wie es dem Klischee eigentlich geschuldet wäre.
Man hat absehbares Spiel
Wenn man einen typischen Licht-Priester spielt, dann ist klar, worauf man sich vorbereiten muss. Die Leute werden von einem erwarten, dass man wohl heilen kann, man muss längere Monolge über seine Gottheit halten können, man muss entsprechende Gebete parat haben und im Zweifel dem "Bösen" (TM) auf die Mappe geben. Man wird allerdings wohl eher nicht damit konfrontiert werden, ob man nicht ein Waffengift herstellen könnte oder was man von der allgemeinen Magietheorie der Hermetiker halten würde. Das bedeutet, dass man wohl leichter genau den Teil des Plots und des Spiels abbekommt, der zu dem Charakter passt. Und wenn dann doch jemand kommt und nach dem Waffengift fragt und man ihm daraufhin die 37 Gesetze des eigenen Glaubens runterrasselt, von denen mindestens 19 den Gebrauch von Gift verbieten, dann wird der Andere zumindest nicht OT vor Überraschung aus den Latschen fallen, dass man so reagiert.
Was passiert denn, wenn man von Klischees abweicht?
Man wird von der LARP-Polizei verhaftet. Nein, leider ist es noch nicht soweit.
Aber es gibt mehrere Probleme:
Man wird eventuell behandelt wie es den Klischees entspricht, obwohl man etwas ganz anderes will. Siehe den Ork in oben genannten Beispiel
Wenn man dann vorsichtshalber angespielt wird "Was man denn eigentlich ist", dann kann man den nachfolgenden Mono- bis Dialog meist in die Tonne treten.
Möglicherweise wird man als Pappnase abgestempelt, weil man wieder so einen Exoten mit bestimmt vielen Sonderfertigkeiten spielen will.
Viele werden einen wohl einfach meiden, weil die eigenen Spielvorstellungen nicht mit denen der anderen übereinstimmen.
Ja aber es bietet doch auch schöne Spielansätze Klischees nicht zu bedienen.
Ja, teilweise ist das korrekt. Ein verarmter Ritter kann wunderbar von den anderen reichen und vermögenden Adligen oder auch dem einfachen Volk aufgezogen werden. Allerdings bedarf es erst einmal vieler reicher Adligen, um den verarmten Ritter "anders" zu machen. Wenn es nur arme Ritter gibt, dann ist ein armer Ritter nicht mehr etwas, was einen interessanten Spielansatz bietet. Sehr ähnllich verhält es sich z.B. mit Halbelben.
Also, erfüllt doch einfach mal mehr Klischees! Ihr helft damit eurem eigenen Spiel, denn die Anderen könne eure Rolle viel leichter mitspielen und ihr helft den Anderen, denn sie müssen nicht stundenlang überlegen, wie sie sich euch gegenüber zu verhalten haben. Und nicht zuletzt tut ihr der Spielwelt, in der ihr euch bewegt einen großen Gefallen, denn all die Normalos, die Gesichtslosen Typen im PnP die nichtmal einen Namen haben, die gibt es nicht im Larp. Wenn ihr eine "logische" in sich vernünftige Spielwelt haben wollt, dann muss es vor den Klischeebrechern erst einen Haufen Leute geben, die das Klischee einhalten. Sonst wäre es schließlich kein Klischee.
ThomasS aka Tharwaellon 28.08.2008
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