Wenn Deine Bilder nichts taugen, bist Du zu nah dran
If your pictures aren't good enough, you're not close enough. (Robert Capa)
Der berühmte Kriegsfotograf Robert Capa wird gerne von Fotoratgebern und Bildkritikern zitiert, wenn es darum geht, daß Anfänger gerne zu weitwinklige Bildausschnitte wählen und ihr Motiv nicht ausreichend formatfüllend abbilden. In der Tat möchte man auch bei vielen Bildern in LARP-Galerien kommentieren, daß der Fotograf doch bitte näher ans Geschehen herangehen, eine längere Brennweite verwenden oder wenigstens das Bild in der Nachbearbeitung zuschneiden möge. "Bunter Wappenrock in grüner Landschaft" ist nach wie vor ein viel zu beliebtes Motiv.
Wenn man aber dem Zitat einmal nachgeht, stellt man fest, das beinahe ebenso häufig darauf hingewiesen wird, daß Capa gar nicht die physische Distanz des Photographen vom Motiv oder den Bildwinkel gemeint habe, sondern die emotionale Distanz zum abgebildeten Geschehen. Der Photojournalist könne als Beobachter aus der Entfernung nicht brillieren sondern müsse sich auf sein Thema einlassen und daran teilhaben um wirklich überzeugende Bilder zu produzieren.
Wenn Capa mit seinem Spruch recht hat, dann ist der LARP-Photograph das genaue Gegenteil vom Photojournalisten. Sehr häufig merkt man LARP-Galerien an, daß der Photograph (oder der Galerieersteller) zu wenig Distanz vom Geschehen hat. Das ist auch ein ganz natürlicher Effekt. Man betrachtet die Bilder mit der eigenen Erinnerung an coole Situationen und tolle Stimmungen auf der Veranstaltung. Dadurch werden die Bilder verklärt. Der Betrachter hat aber oft nicht diesen Vorzug und viele Bilder die man selbst gelungen findet, weil sie eine gute Erinnerung auslösen, sind für Unbeteiligte eher langweilig.
Oft läßt sich der Urheber auch von Lob täuschen. Die Betrachter unterliegen aber dem gleichen Effekt. Bilder werden cool gefunden, weil man selbst oder die eigene Gruppe/Mannschaft darauf abgebildet sind, oder weil man sich erinnert, wie cool die Aktion war, die kurz vor oder nach der Aufnahme stattfand.
Wenn man die Bilder im kleinen Kreis herumzeigt, ist das auch völlig ausreichend, aber spätestens wenn man die Bilder im weiten Kreis veröffentlicht, ist es hilfreich, die Auswahl mit einer gewissen Distanz zu treffen und sich fragen, ob die Bilder auch jemanden fesseln können, der nicht dabei war.
Ich glaube jedenfalls, daß es in bestimmten Bereichen auch ein genau zu dem Capa-Zitat gegenläufiges Prinzip gibt: Wenn Deine Bilder nichts taugen, bist Du zu nah dran.
-- RalfHüls 2012-02-13 16:41:07
Siehe auch: Photographieren