Meinung: Pro weibliche Ritter
Jeder sollte die Rolle spielen dürfen die er mag. es sein denn es sprechen wichtige Gründe dagegen.
Warum sollten Frauen, die sich IT gerne edel und rechtschaffen verhalten, gerne kämpfen und gerne schicke Klamotten tragen, nicht auch einen Ritter spielen dürfen? Warum sollen Frauen, die sich wie Ritter kleiden und verhalten nicht als Ritter akzeptiert werden? Weil das Rittertum historisch gesehen eine Männerdomäne ist?
Der Grund warum das Rittertum historische eine Männerdomäne ist hat zwei Gründe, die gesellschaftlichen Unterschiede und die körperlichen Unterschiede zwischen Frau und Mann :
Ersteres ist ein einer Larpwelt, wo wir uns unsere Gesellschaftstruktur frei aussuchen können kein Argument. Fast jedes Larp-Land, auch die sog, historisch angelehnten, haben Unterschiede zum realen Mittelalter. Wenn schon in so fundamentalen Dinge, wie der Religion, wieso nicht auch im Rollenverständniss von Frau und Mann?
Zweiteres ist in einer Larpwelt in der die Hauptgegener von Rittern meist Orks, Untote oder sonstiges Kroppzeug sind auch zu vernachlässigen. Die körperlichen Unterschiede zwischen einem Ork und einem Menschen sind so stark, dass der körperliche Unterschied zwischen Frau und Mann da doch nicht mehr auffällt, oder?
Auch werden die meisten Ritter im Larp von untrainierten Schreibtischtätern, Physik- oder Informatikstudenten gespielt. Jede trainierte Frau steckt die locker in die Tasche.
Kinder kriegen, Haushalt führen? Ja, wieso nicht? Die Kinder werden von einer Amme aufgezogen und den Haushalt kann ein Castellan o.ä. führen. Ist bei vielen Ritterfamilien, wo die Frau zu Hause ist auch so. Kindersterblichkeit? Gibts im Larp nicht. Frauen als Gebärmaschine? Wer sich innerhalb von einer Stunde von einem Axthieb erholt, der erholt sich auch von einer Geburt in ein paar Tagen. Verhütung? Im Zeitalter von Heiltränken und der großen Alchemie doch wohl kein Problem, oder?
Weibliche Ritterinnen gab es auch im realen Mittelalter:
" Es gibt wirkliche weibliche Ritter unter den Franken, mit Rüstungen und Helmen, gekleidet wie Männer, die ins dichte Schlachtgetümmel ritten, wie verständige Männer handelten, obwohl sie gebrechliche Frauen waren; alles hielten sie für ein frommes Werk, glaubten, sich so die Seligkeit zu sichern, und machten es sich zur Gewohnheit. ... Am Tag der Schlacht rückte mehr als eine Frau mit ihnen aus, die sich wie Ritter benahm und Härte zeigte ... Sie trugen nur Panzerhemden und wurden erst erkannt, als sie der Waffen entkleidet und entblößt wurden. Einige von ihnen wurden entdeckt und verkauft ..." (Imad ad-Din al-Katib al-Isfahani: al-Fath al-qussi fi'l-fath al-qudsi; zitiert nach: Francesco Gabrieli, Die Kreuzzüge aus arabischer Sicht, Bechtermünz, 1999 Augsburg, S. 259)
Ein anderes historisches Beispiel für eine Ritterin war Jean d'Arc.
Wer gegen LARP-Ritterinnen ist, kann sich nicht auf das "Mittelalter" berufen und beleidigt die historischen Kämpferinnen.
Beispiele in diversen Hintergründen
Gute Beispiele im LARP
Die weiblichen Ritter und Knappen der Königin von Galladoorn: immer im Wappenrock und anderen Insignien. Ich habe sie zwar noch nicht bewußt bei Hofe gesehen, aber in der Schlacht immer gut.
Noch eine Ritterin aus Galladoorn.
Weiblicher Ritter aus Reichenfels (InaKöpke)
Mit weiblichen Rittern leben
Selbst wenn man, was ich nicht verstehe, etwas gegen Ritterinnen haben sollte, sollte man doch mit ihnen leben können. Selbst wenn der eigene Hintergrund keine Ritterinnen kennt, so sollte man doch in der Fremde Ritterinnen als gegeben ansehen und mit ihnen normal spielen können. Alles andere wäre grob unhöflich und sollte durchaus zu einem Eklat führen. Immerhin hat kaum jemand Probleme damit, völlig fremde Glaubensrichtungen in anderen Ländern zumindest, unkommentiert stehen zu lassen oder auch Zauberei, Fantasyrassen und ähnliches zumindest zu dulden. Warum sollte das bei Bräuchen wie Frauen im Ritterstand bitte anders sein. Man kann ja durchaus mit dem Unterschied spielen und den kulturellen Unterschied betonen. Das oftmals negativ reagiert wird und jedes Spiel verweigert wird ist mir persönlich völlig unverständlich. AndrejPfeifferPerkuhn 26.3.2007
Wobei es meiner Erfahurng eher den Anschein macht, dass der Titel Ritter rein männlich assoziiert wird und daher das Missfallen rührt. Meiner Meinung nach ist "Ritter" ein rein männliches Ideal; ich akzeptiere und mag weibliche Charaktere die dieses für sich transponieren, rege aber an, die weibliche Seite zu betonen und einen abweichenden Tiel zu führen, z.B. Rittfrau (meiner Meinung nach eher mau), Freifrau, oder einen ähnlich gelagtern Adelstitel. DaelenOray 15.6.2008
Weitere Argumente
(Der folgende Text war ursprünglich eine Antwort auf der Diskussionsseite zur Contra-Seite und orientiert sich dementsprechend an dessen Argumentation. Er wurde in leicht modifizierter Form nun hier integriert.)
1. Halten wir doch einmal diese Attribute fest, die angeblich einen Ritter zum Ritter machen (wobei man eigentlich noch zwischen Ideal und Realität unterscheiden müsste). Wir haben da:
- Bildung (war meistens der Fall)
- Treue zum Lehnsherrn
- höfisches Verhalten
- Wahrung des öffentlichen Ansehens („êre“, nicht zu verwechseln mit „ehrenhaftem Kampf“, der sowohl in der höfischen Literatur als auch in der mittelalterlichen Realität höchst kontrovers gesehen wurde)
- Mannhaftigkeit/Männlichkeit, unter anderem häufig definiert über:
-> Fähigkeit, Gewalt auszuüben
-> Bereitschaft, Gewalt auszuüben
- gleichzeitig aber auch eine gewisse Gottesfurcht oder Religiosität (in der Realität bestimmt nicht immer der Fall)
- Bescheidenheit (in der Praxis sicherlich die absolute Ausnahme)
Welche dieser Eigenschaften kann nun per se nicht auch einer Frau zugeschrieben werden? Das widerlegt in meinen Augen die These „Die Attribute, die einen Ritter zum Ritter machen sind die gleichen, die einen Mann zum Mann machen“. Ich stelle die Gegenthese auf: Das Einzige, was einen Mann zum Mann macht, ist ein männliches Geschlechtsorgan. Und selbst die Abwesenheit eines solchen schließt nicht immer aus, dass man einen Mann vor sich hat (Kastration)...
2. Warum soll ein Mann eine Frau retten können/dürfen, umgekehrt aber nicht? Offenbar ist es ein weit verbreitetes Bild, dass Männer stark und Frauen schwach zu sein haben. Aber ganz abgesehen davon, dass dies auch in der Realität längst nicht immer der Fall war, welchen Grund haben wir, dieses Bild im LARP zu reproduzieren? Wo liegt das Problem dabei, wenn Männer schwach und Frauen stark sind? Warum darf die Ritterin nicht mal den Prinzen retten? Was hindert uns daran, eine durchaus historisch-mittelalterliche Gesellschaft zu bespielen, in der Frauen- und Männerbilder ein wenig anders codiert sind? Warum sollen adlige oder ministeriale Frauen nicht zumindest die Möglichkeit haben, sich dafür zu entscheiden, in standesgemäßer Kampfausrüstung dem Feind entgegenzutreten? Und warum sollten Männer umgekehrt nicht die Möglichkeit haben, sich ausschließlich dem höfischen Leben zu widmen? Ich mag historische Gewandungen und Ständespiel. Aber das sind Dinge, die man sich bewusst ausgesucht hat – Das Frau-Sein suchen sich die meisten aber eben nicht aus.
3. Wer sagt, dass auf die Rettung zwangsläufig ein Kuss oder eine sexuelle Vereinigung folgen muss? Die Dame wollte doch in erster Linie gerettet und nicht geküsst und geheiratet werden, oder? Dass wir oft noch in diesem Schema denken, zeigt sich im Motiv des „Minnedienstes“ aus der höfischen Literatur: Der literarische Ritter leistet der literarischen Dame ungefragt einen Dienst, für den er dann einen „angemessenen“ Lohn einfordert. Seit jeher wird die Frau in der Pflicht gesehen, ihren Körper feilzubieten, wenn man ihr einen Gefallen tut (Man achte mal auf Blumenwerbung am Valentinstag). Wer sagt, dass die Dame (unabhängig vom Geschlecht des Ritters) nicht einfach sagt: „Danke, dass du mich gerettet hast. Nun begleite mich an meinen Hof, wo ich dich finanziell entlohnen und dir ein Lehen geben werde!“
4. Warum können Dame und Ritterin nicht auch einfach homosexuell/bisexuell/pansexuell veranlagt sein? Solche Neigungen gab es auch damals bestimmt schon in Wirklichkeit, waren aber halt noch "unpopulärer" als heute und wurden dementsprechend vermutlich selten bis nie ausgelebt.
5. Eine Frau kann eine Kriegerin aus einem Naturvolk ("Amazone") spielen, auch wenn kriegerische Männer in der Nähe sind. Ebenso wie ein Mann einen Ritter spielen kann, während auch eine Frau in Rüstung anwesend ist. Worin genau besteht der Angriff? Dass es keine explizite Forderung nach der Gleichberechtigung männlicher Amazonen gibt, liegt vermutlich vor allem daran, dass Männer sich nicht rechtfertigen müssen, wenn sie einen Krieger spielen. Abgesehen davon kann ein Mann einfach sagen: "Gut, dann spiele ich eben irgendeinen Krieger aus einem anderen Naturvolk und keinen Amazonen-Mann." Die Ritterin kann nicht auf eine andere Kultur ausweichen. Und selbst, wenn sie sich eine eigene ausdenkt - Sobald sie eine Rüstung trägt, ist sie bei ihren männlichen Kollegen unten durch, weil sie zu wissen glauben, dass eine Frau in Rüstung mit ritterlicher Ausbildung undenkbar ist. Beim Naturvolk-Krieger denkt man sich hingegen: "Hm, kann man so machen." Falls man es für eine Amazone per definitionem als gegeben ansieht, dass sie zusätzlich zu ihrer kriegerischen Tätigkeit auch aktiv und gewaltsam eine matriarchale Gesellschaftsordnung propagiert... Was würde eine solche Amazone tun, wenn sie sich in einer patriarchalisch strukturierten Umgebung wiederfindet? Im Alleingang alle Männer versklaven? Oder wird sie nicht viel eher akzeptieren, dass die Dinge hier offenbar anders laufen, und sich anpassen oder sich zumindest bei der Ausübung ihrer Weltsicht auf ihr eigenes Volk beschränken? Würdest man es nicht umgekehrt auch als absurd empfinden, wenn auf einer Großcon eine weibliche Kriegerin auf einen zukommt und sagt: "Jetzt mal kurz OT, ich halte es für äußerst fragwürdig, dass du als Mann einen Kämpfer spielst. In der Kultur, die ich bespiele, kommt sowas nicht vor, bitte richte dich danach."
6. Es hängt auch sehr davon ab, in welcher Dosis die Kritik an weiblichem Rittertum vorgebracht wird und ob dies IT oder OT geschieht. Eine OT-Ablehnung halte ich in keinem Fall für gerechtfertigt, da man damit Frauen implizit das Recht abspricht, eine bestimmte Rolle einzunehmen, zu deren Darstellung sie durchaus in der Lage wären. Eine IT-Grundsatzdiskussion mag in manchen Fällen hingegen noch einigermaßen spielfördernd sein, wahrscheinlich aber auf Dauer auch eher nervig für die Betreffende. Man kann natürlich IT den engstirnigen Landadligen spielen, wenn man das unbedingt möchte. Wenn eine Frau eine Ritterin spielt, will sie aber eben primär Ritterspiel und nicht „Frau-muss-sich-rechtfertigen-Spiel“ betreiben. Dann soll man sie meinetwegen auf etwaige Defizite in ihrer Ritterlichkeit anspielen, wenn man unbedingt Konfliktspiel will.
7. Es stimmt, dass es keine weiblichen Ritter gab, zumindest wenn man eine Knappenausbildung mit Schwertleite per definitionem als wichtig erachtet (was ich ebenfalls tue). Das halte ich aber nicht für einen Grund, es im LARP nicht umzusetzen, außer man will in allen Aspekten historisch sein – Dann wird das Zusammenspiel mit allen anderen aber generell extrem anstrengend. Es gab vermutlich keine oder nur wenige gesellschaftlich legitimierte weibliche Ritter. Aber eben auch kein Chaoslager und keine Orks. Und auch keine spontanen Massenrekrutierungen von landesfremden Abenteurern etc.
8. Wenn eine Frau sich aber aus freien Stücken dazu entschließt, eine schüchterne, wehrlose Dienstmagd oder eine derbe, mit einem Dreschflegel bewaffnete Bauersfrau zu spielen, weil sie da eben Bock drauf hat... Dann ist das natürlich immer noch vollkommen legitim.
- TimoL, 21.08.2016
Maria, InaKöpke, Section31 (ed.), Einhard, TobiasCronert 2010-4-8
Siehe auch: gegen weibliche Ritter, Weibliche Ritter? Jein..., Charaktertipps Weiblicher Ritter, Frauen als Krieger
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