Tischsitten
Folgendes wurde von Robert Grosseteste, dem Bischhof von Lincoln (1240-1242) für die Gräfin Margaret verfasst ...
Im zweiten Teil, der hier allein von Interesse ist, ging es um die Beaufsichtigung des Hofpersonals, um den Empfang von Gästen und um die Bedienung an der Herrschaftlichen Tafel.
Über die Sitzordnung heißt es da: Die (siebzehnte) Regel lehrt euch, wie ihr die Leute bei der Mahlzeit in eurem Hause setzen sollt. Lasst alle adeligen Mitglieder der Hofgesellschaft und die Gäste auf beiden Seiten der Tische zusammensitzen, soweit es möglich ist und nicht hier vier und dort drei. Und ihr selbst sollt immer in der Mitte des Herrschaftstisches sitzen, damit eure Gegenwart als Herr beziehungsweise als Herrin allen sichtbar ist und damit ihr nach der einen Seite und nach der anderen Seite die ganze Bedienung überblicken und auch die Fehler sehen könnt. Sorgt dafür das ihr jederzeit zwei Aufseher an der Tafel habt, die die Mahlzeit überwachen während ihr zum Essen Platz genommen habt.
Genauere Vorschriften wurden für die Bedienung bei Tisch gegeben: Gebt Befehl das euer Marschall persönlich die Hofgesellschaft beaufsichtigt, insbesondere im Saal, und das er die Leute draußen und drinnen höflich anhält, ohne Streit oder Lärm oder häßliche Worte. Bei jedem Gang soll er die Diener aufrufen, in die Küche zu gehen, und er selbst soll bis hin zu dem Truchsess vor eurem Platz gehen, bis euch euer Essen vorgesetzt ist; und dann soll er sich mitten im Saal an die Stirnwand stellen und soll darauf sehen, das die Diener ordentlich und ohne Lärm mit dem Essen ueberall durch den Saal bis zu denen gehen die dazu ernannt sind, das Essen auszuteilen, so das niemand beim Austeilen und Bedienen gegen die Ordnung bevorzugt wird. Und ihr selbst sollt die Bedienung im Auge behalten, bis die Speisen im Saal verteilt sind. Dann widmet euch eurem Essen und veranlasst, das eure Schüssel wiedergefüllt und ganz vollgemacht werde, besonders bei den Zwischengängen damit ihr auf höfische Weise aus eurer Schüssel nach rechts und links und an eurem ganzen Herrentisch austeilen könnt und wo ihr sonst wollt. Alle sollen das selbe bekommen was ihr vor euch habt.
Und jetzt für alle, die an so einer Tafel geladen sind, schrieb Petrus Alfonsi zu Beginn des 12.Jh in seiner Disciplina clericalis:
Iss nicht das Brot bevor der erste Gang auf den Tisch kommt, sonst wirst du für unbeherrscht gehalten. Stecke nicht ein so großes Stück in deinen Mund, das die Krumen rechts und links herausfallen, sonst wirst du als Fresser angesehen. Schlucke das was du im Mund hast, nicht herunter, bevor es gut gekaut ist, damit dich nicht verschluckst. Trinke erst wenn dein Mund leer ist, sonst hält man dich für einen Säufer. Sprich nicht solange du etwas im Mund hast...
Ebenfalls schrieb Reinerus Alemannicus im "Phagifacetus":
Man solle nicht zu nah an die Dame heranrücken und in ihrer Gegenwart das grobe und unziemliche zu unterlassen.
Im Buch von Walter Hansen "Die Ritter" Seite 36 (ISBN 3778720147)
Gibt es dazu diese Aufzählung:
- Kein Ritter soll zusammen mit einem anderen von ein und demselben Löffel essen.
- Beim Essen rülpst man nicht, desgleichen schnäuzt man sich nicht in Tischtuch.
- Wer nicht imstande ist, mit dem Löffel eine Speise aufzunehmen, der schiebe sie nie mit den Fingern darauf.
- Bevor du trinkst, wische dir den Mund ab, damit das Fett nicht in den Weinbecher tropfe.
- Es ziemt sich nicht, während des Essens auf dem Tisch zu lümmeln.
- Beim Essen kratzt man sich nicht mit der bloßen Hand, wenn etwas an der Kehle zwickt.
- Zwickt es so stark, dass man kratzen muss, kratzt man sich besser mit dem Gewand.
- Es ist keine gute Sitte, ein angebissenes Brot wieder in die Schüssel einzutunken.
- Auch einen abgenagten Knochen legt man nicht in die Suppenschüssel zurück.
- Wer gerade Essen im Munde hat, der trinke nicht wie ein Vieh.
(Original in Wien, Österr. Nationalbibl., Codex 2885)
(nach PatrickC, geändert von Chnutz vom Hopfen)
Die höfische Gesellschaft des hohen Mittelalters aß mit den Fingern. Die Gabel war zwar bekannt, wurde aber nur zum Vorlegen benutzt. Messer und Löffel dienten zum Tranchieren und Austeilen. Die bildlichen Darstellungen aus dieser Zeit zeigen, das meist nur sehr wenig Besteck zum gemeinsamen Gebrauch auf dem Tisch lag. Als Teller diente eine Scheibe Brot. Man mußte in die gemeinsamen Schüsseln greifen, und häufig hat man auch das Trinkgefäß mit seinem Nachbarn geteilt. Daher war es auch üblich sich vor dem Trinken den Mund abzuwischen. Hier gehen die Meinungen auseinander ...
Die Ulmer Hofzucht sagt: Mit der Hand, Andere sagen: Am Tischtuch Viele haben sich einfach aus der Affäre gezogen indem sie den eigenen Ärmel nahmen (am unverfaenglichsten)
Quelle: Bumke, Joachim Hoefische Kultur, Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter
Zusammengetragen von Anja Berger
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Siehe auch Tischzuchten
Siehe auch Darstellung