Tod und Nervenkitzel
Das Argument "Ohne Todesgefahr habe ich keinen Spaß" halte ich in vielen Fällen für vorgeschoben.
Ich kenne keine SL, die einen Spieler zwingen würde, weiterzuspielen, wenn er der Meinung ist, sein Charakter habe es hinter sich. Auch auf den Drachenfesten war AFAIK niemand gezwungen, durch den Limbus zu gehen. Die eigene Todesgefahr hat man also selbst in der Hand. Auch dort, wo die Regeln oder die SL keinen Charaktertod zwingend vorschreiben, könnten die, die den Nervenkitzel der Todesgefahr für den eigenen Charakter wirklich brauchen, sich z.B. eigene Bedingungen (z.B. eine bestimmte Trefferzahl) festlegen, unter denen sie ihren Charakter einfach trotzdem sterben lassen. Die Einhaltung dieser Bedingung ist dann nur noch eine Sache des eigenen inneren Schweinehunds.
Folglich kann die Todesgefahr eigentlich nicht das Problem sein (bestenfalls dann, wenn man nicht der einzige Dumme sein will, der stirbt, aber das hat dann eigentlich nichts mehr mit der eigenen Todesgefahr/Spannung zu tun ;-)).
Es geht also darum, daß man von anderen erwartet, sie mögen bitte der eigenen Vorstellung von Konsequenz entsprechen. Das ist ja OK. Dann halte ich es aber für ehrlicher, das auch entsprechend zu formulieren. Nicht "ich will sterben können", sondern "ich will töten können". Bzw. nicht "... Cons auf denen niemand sterben kann ..." sondern "... niemand sterben muß ..." oder "... niemand töten kann ...".
Was ich in dem Zusammenhang auch nie verstehe, ist die Annahme, man könne Nervenkitzel nur empfinden, wenn es eine unmittelbare Gefahr des Charakterverlusts gibt. Ein Film ist auch spannend, obwohl ich nach dem Kinobesuch keinen nennenswerten Verlust erleide. Oder zerreißen die Leute, die mit dem Nervenkitzel argumentieren, nach dem Kinobesuch einen Charakterbogen? Spannung entsteht durch das Nachempfinden von Situationen oder durch Identifikation mit einer Figur und nicht durch persönliche Verlustangst.
--RalfHüls, 13.10.2003, 06.11.2008
Siehe auch: Tod