Larpmeinung: Moderne Schutzausrüstung
Schläge auf empfindliche Körperteile sind in aller Regel verboten. Genitaltreffer bei Männern und Brusttreffer bei Frauen können sehr schmerzhaft sein. Leider kommen Treffer dorthin immer wieder vor. Interessanterweise tragen die wenigsten Larper entsprechende Schutzausrüstung. Warum nur? Die Kosten sind im Vergleich zu sonstiger Ausrüstung recht moderat.
Erklärungsversuche:
Vielleicht sind direkte Brusttreffer bei Frauen einfach zu selten, um die Anschaffung von Schutzausrüstung erforderlich zu machen. Meist sind es Streifschläge oder wenn, dann Treffer mit der gesamten Klingenbreite, bei denen sich der Druck verteilt. Und selbst dann ist das nicht zu vergleichen mit einem ordentlichen Faustschlag oder Tritt. Außerdem ist die Trefferfläche Brust längst nicht so empfindlich wie das, was Männer mit einem Suspensorium schützen müssen. Dazu kommt noch, dass frau auch meist nen BH trägt, der ist meist dick(er). Oder frau trägt direkt eine Rüstung, wenn sie denn gerne kämpft oder damit rechnet, so hart getroffen zu werden. Sinnvoll ist ein solcher Schutz wohl daher nur für diejenigen, die leicht oder ungerüstet kämpfen wollen. Larper, die sowieso Rüstung (z.B. Plattenpanzer) tragen, brauchen keine zusätzliche, moderne Schutzausrüstung.
Ein Suspensorium hat wiederum auch mehrere Probleme. Zum einen sind die meisten Varianten (z.B. Tiefschutz aus obigem Link, i.e. die mit dem "cup") nicht für das längere Tragen (über 4 Stunden) und akrobatische Aktionen (Klettern über Hindernisse wie z.B. Bäume) entwickelt worden. Neben dem mangelnen Tragekomfort kann dies auch gesundheitliche Probleme bereiten, da bei einer ungünstigen Körperlage die Femuralaterie (die dicke Ader direkt am Oberschenkel) abgeklemmt werden kann. Einem Mannschaftskollegen ist es einmal passiert, dass nach einem Fall auf den Boden einer seiner Hoden aus dem Kunststoffbecher seines Suspensoriums herausgekommen ist, während der andere noch im Cup steckte. Während er am Boden lag, hat er mehrere Schläge auf den Kunstoffbecher bekommen. Die Auswirkungen kann mann sich denken. Meine Erfahrungen beschränken sich auf das Tragen eines Suspensorium beim American Football und über Ergänzungen z.B. aus dem Fechtsport wäre ich dankbar.
Desweiteren könnten - bei expliziter/impliziter Voraussetzung von Schutzausrüstung - leicht Hemmungen fallen. Es konnte beim Üben mit Schutzausrüstung (für Schwertkampf) schon beobachtet werden, das sehr schnell sehr hart und schnell geschlagen wurde, da ja die Schutzausrüstung vermeintlich Sicherheit gewährt. Larpkampf sollte aber auch für Ungerüstete ohne Probleme möglich sein, denn es gibt viele Charakterkonzepte, die Helm und Rüstung verbieten.
Genitaltreffer schmerzen zwar sehr und mann kann durchaus Stunden außer Gefecht sein, aber sie hinterlassen seltenst bleibende Schäden. Für Brusttreffer gehe ich aus medizinischer Sicht von ähnlichem aus. Gesichtstreffer können im Gegensatz dazu zu Knochenbrüchen, Trommenfell- und Augenschäden führen.
Die schwerste Genitalverletzung, die ich mir (im Larp) vorstellen kann, wäre eine Hodentorsion und die kann durch Laufen und Klettern genauso schnell geschehen wie durch Larpkampf. In SchlimmsteLarpUnfälle, der Sammlung der schlimmsten Larpunfälle belegen Genitalverletzungen einen verschwindend geringen Rang.
Wenn schon über moderne Schutzausrüstung gesprochen wird, dann halte ich Knie- und Ellenbogenschoner, sowie Sprung- und Handgelenkbandagen bzw. die entsprechende Tape-Variante für wesentlich sinnvoller als Tiefschutz oder Brustschalen. Bei letzteren sollten enganliegende Shorts und solidere Sport-BHs ausreichen.
TilmannHolst, Maria, AndrejPfeifferPerkuhn, Section31 (ed.), TobiasCronert
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