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TurnierGeschichte

Geschichte des Turniers

Das Turnier taucht als "hastilude" zuerst im 11. Jahrhundert auf und bestand am Anfang meist aus einem Scharmützel, welches sich nur wenig vom "realen" Krieg unterschied. Ritter kämpften in diesen Scharmützeln als militärische Übung, sowie für das Lösegeld und Wertgegenstände, die im Turnier "gefangenen" Rittern abgerungen wurden. Das "Stechen" kam erst im 13. Jhdt. auf, und erst mit der zunehmenden Bedeutung von Ansehen und Ehre gegenüber möglicher Beute wurde der Zweikampf bestimmend. Der "pas d'armes", der aus einer formellen Herausforderung und einer komplexen, meist allegorischen, Geschichte bestand, stützt sich auf ritterliche Werte, die die persönliche Leistung über alles stellen. Populär im 14. und 15. Jahrhundert ist es die theatralischste Form des Turniers.

Obwohl ursprünglich militärischen Ursprungs, waren mit der Zeit Turniere zu viel mehr als militärischen Übungen geworden. Es waren daraus komplexe symbolüberfrachtete Zeremonien mit polemischen und propagandistischen Zielen geworden, die vom Adel und Hochadel zu politischen und sozialen Zwecken eingesetzt wurden. So stellt sich beispielsweise die Frage, wie viele Unfalltote bei Turnieren tatsächlich Unfällen zum Opfer fielen. Turniere wurden deshalb häufig zu bedeutenden öffentlichen oder politischen Gelegenheiten veranstaltet, wie Krönungen, Hochzeiten und diplomatischen Treffen. Die Kosten für ein Turnier waren, sowohl für den Veranstalter als auch die Teilnehmer, ungeheuer. Bei etlichen Adligen zehrten die Kosten für Turniere und Feste einen Großteil des Vermögens auf. Die soziale Signifikanz des Turniers kann dabei nicht hoch genug eingeschätzt werden. Für den Ritter selbst war es das zentrale Ritual der Ritterschaft, ein enorm wichtiges Element ritterlicher Kultur und ein essentieller Bestandteil christlichen Rittertums. Selbst, um überhaupt zum Ritter zu werden, musste ein Knappe die drei "mestiers d'armes" absolvieren: das Stechen, das Turnier und den Krieg.

Auch die Zuschauer maßen dem Turnier eine herausragende Bedeutung bei, als z.B. im 15. Jahrhundert Turniere eingestellt wurden, ließ dies die Adligen in den Augen der Bevölkerung als schwach, feige und weibisch erscheinen, mutig nur gegen Arme, Arbeiter und Händler. Das Turnier verlieh einem Stand Bedeutung, welcher diese im Angesicht von Stangenwaffenhäufen und Schusswaffen zunehmend verlor. Nachdem der Krieg selbst nicht mehr die Existenz einer im Grunde sinnentleerten Kriegerkaste rechtfertigte, übernahm das Turnier dessen Rolle. Während die tatsächliche Fähigkeit zum bewaffneten Zweikampf immer unwichtiger wurde, nahm die Bedeutung der Darstellung dieser Fähigkeit gleichzeitig immer mehr zu. Beim Turnier ging es nicht mehr um Krieg, sondern um Selbstdarstellung.

Turniere entfernten sich schließlich immer weiter vom realen Kriegsgeschehen, als die Nützlichkeit des Kriegeradels erlosch. Die "hastilude" wurde noch immer eingesetzt, um persönliches Geschick zu zeigen - doch wurde dieses nicht mehr gezeigt, um Kriege oder Schlachten damit zu gewinnen, sondern, um Aufmerksamkeit und Ruhm zu ernten. Ein wichtiger Teil dieser Entwicklung war die Verbreitung der ritterlichen Romantik. So kostümierte man sich auf den Turnieren des 13. und 14. Jhdts. gerne als Held aus der Artussage. Die Erscheinung des Edlen und Ehrenhaften übertrug sich auf den Darsteller. Das Mittelalter war eine Zeit, in der man davon ausging, dass das Äußere das Innere zeige. Keine schöne Frau konnte schlecht sein, kein stattlicher König von Übel. Dies war besonders für Ritter der Fall. Ritterschaft selbst hing vom Besitz bestimmter Dinge ab: Pferd, Rüstung, Schwert, usw. Man muss wie ein Ritter erscheinen, um ein Ritter zu sein, es war notwenig, als das wahrgenommen zu werden, was man war, um es zu sein.

Die Kirche sah das Turnier nicht immer gerne (besonders, wenn die Teilnehmer sich als Kirchenmitglieder, Mönche, Priester, selbst Päpste kostümierten), und 1130 wurden kirchliche Begräbnisse für Todesopfer bei Turnieren von der Kirche untersagt. Erst im 14. Jhdt. wurde der Bann gegen Turniere aufgehoben, und noch 1434 musste die Erlaubnis für ein kirchliches Begräbnis eingeholt werden (welche durchaus abgelehnt werden konnte). Turniere wurden von der Kirche oft als ein Zeichen von Sittenverfall und Laster gesehen und von den monastischen Chronisten angeprangert. Doch war auch eines Ritters erste Pflicht die Verteidigung des Glaubens, mit großen Ähnlichkeiten zwischen den Pflichten des Ritters und eines Priesters. Diese Frömmigkeit machte natürlich auch vor Turnieren nicht halt. Christlicher Symbolismus bei den Siegertrophäen, gemeinsame Gottesdienste vor Turnierbeginn, christliche Gestik, Ansprachen, Schwüre und Eide gehören zum "pas d'armes".


Quelle: Suzanne Marshal, A Matter of Choice


Siehe auch HistorischesTurnier, MittelalterTurney, TurneyGlossar, WaffenGang, TurnierGeschichte und Rittertum

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